McJesus
der »Pomp and Circumstances«-Trauerfeier.
Nachdem Walter sein Mitgefühl für Dans Verlust geheuchelt hatte, legte er Dan die Hand auf den Rücken. »Pater«, sagte er, »wenn Sie mitkommen wollen, zeige ich Ihnen einen Sarg, der ausdrückt, was Sie empfinden.« Walter lenkte Dan zu einem protzigen, mit Verzierungen überladenen Drei-Tonnen-Sarg. »Das ist absolute Spitzenqualität«, sagte er. »Achtundvierzig Unzen solide Bronzebeschichtung mit dekorativer Intarsienarbeit, taubenblaue ultrasamtweiche Innenausstattung und 24-karätig vergoldete Griffe.« Walter deutete auf einen dicken Gummistreifen, der um den Sarg herumlief. »Das hier nenne ich die Sargmanschette. Es ist eine absolut neuartige Hydroversiegelung, die den Leichnam vor dem Verfall bewahrt.«
»Wie viel?«, fragte Dan.
Walter strich über die taubenblaue ultrasamtweiche Innenausstattung und hob den Kopf leicht schräg nach oben. Er schien erst einmal rechnen zu müssen. »Mit der Trauerfeier ›Pomp and Circumstances‹ sowie Leichenwagen, Blumen, Aufbahrung, Organistin, Sterbeurkunde, Transport des Grabmonuments zum Friedhof und importierte italienische Trauerkarten mit Goldrand würde ich sagen: rund achtunddreißigtausend. Ein fantastischer Preis, wirklich. Ich bin sicher, dass Ihr Bruder nichts Geringeres verdient.«
Erschreckt von dem fantastischen Preis, sah sich Dan in dem Ausstellungsraum nach etwas in Kiefer um.
»Wissen Sie«, sagte Walter, »es gibt keine bessere Art, sich zu verabschieden, als mit dem Prometheus-Bronzesarg.«
Dan starrte einen Moment auf den Bronzesarg. Er hätte mit Freuden vierzigtausend gezahlt, um seinen Bruder in einem fantastischen Sarg zur Ruhe zu betten, aber er hatte das Geld einfach nicht. Außerdem, dachte er, war Michael tot. Er würde nicht wissen, ob er auf taubenblauem Samt oder Rupfen ruhte. Schließlich schüttelte Dan den Kopf. »Nein«, sagte er. »Mein Bruder hatte einen schlichteren Geschmack.«
»Ich verstehe«, sagte Walter. »Etwas weniger …«
»… Elvis«, sagte Dan.
Walter lächelte traurig, während er überlegte, was er als Nächstes sagen sollte. »Knickriger Bastard«, lag ihm auf der Zunge, aber er sagte nur: »Dann will ich Ihnen mal etwas zeigen, das wir den Oro Del Divino nennen. Polierte und schattierte Zweiunddreißig-Unzen-Bronzehalbbeschichtung. Innen champagnerfarbener Samt.«
Aber Dan war nicht mehr interessiert. Das Budget reichte nicht für champagnerfarbenen Samt. Er sah sich in dem Raum um. »Haben Sie was im Ausverkauf?«
Nach einem Achtzehn-Stunden-Tag zog sich Schwester Peg in ihr kleines Zimmer zurück, körperlich und seelisch erschöpft.
In den letzten zwei Stunden hatte sie mit Ruben die Küche und die Fußböden der Badezimmer geputzt und zwischendurch immer wieder und leider vergeblich in Pater Michaels Wohnung angerufen. Ihre Rückenmuskeln waren verspannt. Sie war verzweifelt über die Hoffnungslosigkeit, die sie in den Augen der älteren Heimbewohner gesehen hatte, und über das Misstrauen in Alissas Augen. Am Spätnachmittag hatte Larry Sturholm angerufen, um sie sanft zu erinnern, dass die Zwangsvollstreckung so sicher war wie der Jüngste Tag, nur in wesentlich geringerer Ferne.
Schwester Peg kniete am Fußende ihres Bettes nieder. Sie blickte zu dem Kreuz an der Wand, an dem Jesus hing. Dann schloss sie die Augen und senkte den Kopf. »Lieber himmlischer Vater«, betete sie. »Bitte, schau auf uns herab und zeige uns, wie wir Deinen Willen geschehen lassen sollen. Diese Menschen sind zu mir gekommen, weil sie Hilfe brauchten, und in Deinem Namen habe ich ihnen versprochen zu helfen. Aber ich scheine es nicht zu schaffen. Ich brauche Deine Hilfe …«
Manche nennen ein tugendhaftes Leben ein ununterbrochenes Gebet. Sie beziehen sich dabei auf das lateinische Sprichwort laborare est orare – arbeiten ist beten. So gesehen betete niemand mehr oder unter härteren Bedingungen als Schwester Peg. Die meisten Menschen glauben, Beten sei eine einfache Sache, wobei man Gott um Hilfe in einer weltlichen oder moralischen Angelegenheit bittet. Aber natürlich irren sich die meisten Menschen. Beim Beten ist gar nichts einfach. Es gibt strenge Regeln und Vorschriften, die zu beachten sind, wenn man mit seinen Gebeten durchkommen will. Eine minimale Abweichung von der offiziellen Lehre des Betens füllt in The Catholic Encyclopedia sage und schreibe acht Seiten.
Neben der komplexen katholischen Theologie sieht das Bundessteuergesetzbuch wie eine
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