McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
krümmte sich um den Abzug. Das hohnvolle Grinsen des Banditen verlieh seinem Gesicht einen maskenhaften Ausdruck.
Toby weinte. Es schnitt McQuade ins Herz. Er musste sich etwas einfallen lassen. Wie es schien, war Shannon nur noch von dem Gedanken beseelt, Vergeltung zu üben und zu töten. Er machte vor nichts und niemand halt. Der Bandit befand sich wie in einem Rausch.
Shannon drängte den Jungen zur Treppe, langsam stiegen sie der Verbrecher und seine Geisel hinunter. Am Boden angelangt dirigierte er den Knaben in McQuades Richtung, fünf Schritte von dem Kopfgeldjäger entfernt hielt er an. »Willst du noch ein kurzes Gebet sprechen, McQuade?« Zur Häme, die sein Gesicht ausdrückte, passte der besessene Ausdruck seiner Augen ganz und gar nicht. In ihnen flackerte ein irres Licht.
Fünf Schritte! Eine absolut tödliche Distanz. McQuades fiebernder Verstand suchte nach einem Ausweg. Der Kopfgeldjäger schielte nach dem Revolver, der im Staub lag. Er hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und kaute darauf herum.
Der Junge schaute McQuade mit den weit aufgerissenen, verängstigten Augen eines verwundeten Rehs an, das nicht mehr ein noch aus wusste. Daran, dass sein eigenes Leben nur noch an einem seidenen Faden hing, dachte McQuade in dieser Minute nicht. Der verzweifelte Blick des Jungen war wie ein Hammer, der den Nagel des Hasses immer tiefer in sein Gemüt trieb.
Shannon richtete den Revolver auf den Texaner. »Es ist so, McQuade.« Die Stimme des Banditen war nur noch ein heiseres Geflüster. »Die Bar-S wäre genau das Richtige für mich gewesen. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis …«
McQuade entging nicht, dass die Tür des Haupthauses langsam geöffnete wurde. June Seymour erschien. Ihr Gesicht war bleich bis in die Lippen, die Frau schien um Jahre gealtert zu sein. Auf ihrer rechten Brustseite war der Stoff ihres Kleides mit Blut voll gesaugt. June Seymour hielt das Gewehr an der Seite im Anschlag.
Shannon atmete hart und stoßweise. Die tödliche Leidenschaft drohte ihn zu übermannen. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. »Yeah«, hechelte er, »nur eine Frage der Zeit, bis die Bar-S mir gehört hätte. Seymour hätte mir nicht verbieten dürfen, auf sein Land zu ziehen. Man schlägt Jack Shannon keinen Wunsch ab. Als er es tat, hat er sein eigenes Todesurteil gesprochen. Und jetzt bist du …«
June Seymour drückte ab. Shannon bekam die Kugel ins linke Schulterblatt und wurde halb herumgerissen. Sein Mund klaffte auf, aber der Schrei, der in ihm hochstieg, erstickte in der Kehle.
McQuade handelte ansatzlos. Er hechtete in den Staub, wie der Kopf einer Klapperschlange zuckte seine Hand auf die Waffe zu, die neben Dooley am Boden lag. McQuade erwischte sie, er rollte auf den Rücken, die Faust mit dem Sechsschüsser schwang hoch, der Schuss brüllte in dem Moment, in dem Shannon, der sich der Frau zugewandt hatte, mit dem Gewehr das Ziel erfasste. Er bekam die Kugel in den Kopf und starb noch im Stehen. Haltlos brach er zusammen.
June Seymour wankte bis zum Verandageländer, das Gewehr entfiel ihren kraftlos werdenden Händen. Zwei – drei Sekunden klammerte sie sich verzweifelt an die Querstange, schließlich trugen sie ihre Beine nicht mehr und sie sank zu Boden.
McQuade lief zu ihr hin und stellte fest, dass sie noch atmete. Ein Stein fiel dem Kopfgeldjäger vom Herzen.
*
Mit einem leichten Fuhrwerk brachte McQuade die verwundete Frau und den Jungen nach Indian Wells. Sein Pferd war hinten am Wagen festgebunden. June Seymour wurde von einigen Männern in das Haus des Arztes getragen. Der Town Mayor versprach dem Kopfgeldjäger, sich um den Knaben zu kümmern, bis seine Mutter wieder auf dem Damm war.
McQuade sagte: »Auf der Bar-S liegen zwei Tote. Lassen Sie sie abholen. Auch sollten Sie jemand auf die Weide schicken, auf der die Shannon-Leute in der Nacht für Terror sorgten. Einer der Cowboys ist mit Sicherheit tot, ob der andere noch lebt ist fraglich. Vielleicht ist er verwundet und braucht dringend Hilfe.«
»Ich kümmere mich um alles«, versprach der Town Mayor.
McQuade band sein Pferd los und kletterte in den Sattel. »June Seymour ist eine starke Frau«, gab er zu verstehen. »Sie wird es schaffen.« Dann hob er die rechte Hand zum Gruß, trieb das Pferd an und lenkte es nach Norden.
McQuade war wieder auf dem Trail. Wie ein Bluthund folgte er der Spur des Mörders Cole Perrigo.
Ein neues Kapitel im Buch seines Lebens wurde geschrieben. Die
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