McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
befand sich auf der der Plaza abgewandten Seite der Kirche.
Der Texaner wandte sich ab und begann, an seinen Fesseln zu zerren. Das schmerzhafte Pochen in seinem Kopf versuchte er zu ignorieren. Er drehte die Hände und versuchte auf diese Art, die Fesselung zu lockern, scheuerte sich sehr schnell die Haut auf und erreichte nur, dass sich die raue Schnur noch tiefer in seine Handgelenke einschnitt. Das Blut konnte nicht mehr richtig in seine Hände zirkulieren, seine Finger wurden taub. Schweiß rann ihm über das Gesicht.
McQuade gab es auf und setzte sich auf den Boden. Ein dumpfes Gefühl von Hoffnungslosigkeit schlich sich in sein Gemüt, und der kahle, düstere Raum, in dem er eingeschlossen war, verstärkte den Eindruck von Einsamkeit und Verlorenheit. Die Dinge hatten sich anders entwickelt, als es sich McQuade vorgestellt hatte. Für ihn ging es um Kopf und Kragen. Eine knöcherne Klaue schien ihn zu berühren.
*
Die Zeit schien stillzustehen. Kleine Stechmücken, vom süßlichen Schweißgeruch angelockt, schwärmten um McQuade Kopf und piesackten ihn. Die Luft in seinem Verließ war trotz der beiden kleinen Fenster stickig. Der Kopfgeldjäger verspürte Hunger und Durst. Er hatte am Morgen, als er Pozo Verde verließ, auf ein Frühstück verzichtet.
Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war, als der Riegel schepperte und im nächsten Moment die Tür aufgezogen wurde. Maria Sanchez betrat den Raum. Sie trug ein Tablett, auf dem eine Tonschüssel und ein Tonkrug standen. Der jungen, hübschen Mexikanerin folgte Juan Martinez. Er lehnte sich mit der Schulter gegen den Türstock und verschränkte die Arme vor der Brust. »Maria hat El Invencible gebeten, dir etwas zu essen und zu trinken bringen zu dürfen, Gringo. El Invencible hat es gestattet. Schließlich ist er ja kein Unmensch.«
Der Bandit grinste breit. Er verfügte über ein schadhaftes Gebiss. Seine letzten Worte klangen wie Hohn in McQuades Ohren.
Maria stellte das Tablett auf den Boden. Neben der Tonschale, in der sich eine undefinierbare Masse von gelblicher Farbe befand, lag ein trockener Kanten Brot. Maria kniete sich nieder. Sie schaute McQuade an, und der Kopfgeldjäger hatte das Empfinden, dass ihr Blick eine stumme Botschaft enthielt. Er war jedoch nicht in der Lage, sie zu deuten.
»Ich werde dich füttern, Americano«, murmelte die junge Frau, brach ein mundgerechtes Stück von dem Brot ab, tauchte es in den Brei und schob es McQuade in den Mund, der zu kauen begann. »Wie geht es meinem kleinen Bruder?«, fragte sie.
McQuade schluckte und antwortete: »Er arbeitet als Pferdeknecht in der Bodega. Sein Schlafplatz ist im Stall.«
Ein verbitterter Ausdruck setzte sich in Marias Mundwinkeln fest. »Calderon hält ihn wie einen Sklaven. Ich hoffe, dass sich Felipe freimacht, wenn er erwachsen ist.«
»Er ist kein Kind mehr«, knurrte McQuade.
Maria fütterte ihn wieder mit einem Brocken von dem Brot, das sie in den Brei getunkt hatte. Dann gab sie ihm zu trinken. Es dauerte etwa eine Viertelstunde, dann war die Schale leer, das Brot war bis auf ein paar Krumen verzehrt, der Kopfgeldjäger verspürte keinen Durst mehr.
Maria richtete sich auf. Sie hielt das Tablett mit beiden Händen. Und wieder warf sie dem Texaner einen intensiven Blick zu, aus dem dieser jedoch nicht schlau wurde.
»Wie spät ist es?«, fragte er.
»In vier Stunden wird es dunkel sein«, antwortete der mexikanische Bandit. »Dann beginnt unser Fest. Wenn der Morgen graut, holen wir dich, Gringo. Das Brot und der Maisbrei waren deine Henkersmahlzeit. Wenn die Sonne aufgeht, bist zu tot.«
»Warst du dabei, als die Auswanderer ermordet und ihre beiden Kinder entführt wurden?«
»Sicher, Gringo.« Wieder zeigte Juan Martinez sein schadhaftes Gebiss. Es war das Grinsen eines Teufels.
Der Kopfgeldjäger verspürte Abscheu. Und darunter war noch etwas – es war eine schwelende Glut aus Hass, unausrottbarem, glühendem Hass. Er rann wie schleichendes Gift durch seine Blutbahnen und sprach aus jedem Zug seines Gesichts.
Der Bandit fuhr fort; hohnvoll, mit bösem Zynismus im Tonfall: »Wir hatten eine Menge Spaß mit der Señora. Es ist wohl so, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben erfuhr, was einen richtigen Mann ausmacht.« Martinez lachte glucksend.
McQuade und die junge Mexikanerin wechselten einen schnellen Blick. Der Kopfgeldjäger sah das grenzenlose Entsetzen auf dem Grund ihrer Augen. Hart biss er die Zähne zusammen. Du Vieh!,
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