McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
versetzte der Kopfgeldjäger.
Link Leacock schnellte auf die Beine und rannte auf einen Felsspalt zu. Er schlug dabei Haken wie ein Hase und bot ein kaum zu erfassendes Ziel. McQuades Blick folgte ihm über Kimme und Korn der Henry Rifle hinweg. Der Texaner schoss nicht. Er wollte keine Munition verschwenden. Außerdem widerstrebte es ihm, dem Banditen eine Kugel zwischen die Schulterblätter zu jagen. Er senkte das Gewehr. Der Bandit verschwand in dem Felsspalt.
McQuade überlegte scharf, kam zu einem Schluss, holte eine Schachtel Munition aus der Manteltasche und machte sich daran, die Henry Rifle nachzuladen. Patrone um Patrone drückte er in den Ladeschlitz. Dann suchte er sich einen Weg in die Schlucht, in die die Pferde geflohen waren.
*
Die drei Tiere standen auf einer Ebene, die von einem Arroyo gewissermaßen wie von einer steinigen Furche gespalten wurde, und zupften an dem harten Büschelgras, das hier zwischen den kniehohen Kreosotstauden wuchs. Eine halbe Stunde lang war McQuade der Fährte der Pferde gefolgt. Selbst auf hartem Fels gab es immer wieder Hinweise und Anzeichen, die ihm den Weg der Vierbeiner verrieten.
Der Kopfgeldjäger verspürte Durst. Seine Füße brannten in den unbequemen Reitstiefeln. Seine Augen hatten sich entzündet, die Lider waren gerötet. Staub verklebte die Poren des Kopfgeldjägers. Sein Mantel war auf dem Rücken und unter den Achseln durchnässt vom Schweiß.
Die Tiere waren noch nervös. Sie scheuten und wichen vor dem Mann zurück. Schließlich aber beruhigte er sie, indem er ruhig auf sie einsprach, er verknotete die Zügel zweier Pferde miteinander, fertigte aus einem Lasso eine Longe, schwang sich auf das dritte Tier und nahm erst einmal einen Schluck aus der Wasserflasche. Das Wasser war warm und schmeckte brackig, aber es löschte seinen Durst und spülte ihm den Sand von den Zähnen.
McQuade hängte die Flasche an den Sattel zurück, nahm die beiden anderen Tiere an die Longe und ritt an. Der Kopfgeldjäger blieb vorsichtig und wachsam. Auch Link Leacock würde sich auf die Suche nach den Pferden gemacht haben. Einen Augenblick dachte McQuade daran, dass James Leacock schwer verwundet war und dass er sterben würde, wenn er keine Hilfe bekam.
Dieser alte Narr! McQuade knirschte mit den Zähnen. James Leacock hatte sein Schicksal herausgefordert. O verdammt! Würden nicht die meisten Väter so handeln wie James Leacock? Ein Zwiespalt brach in McQuade auf. Er ist dein Feind!, hämmerte eine Stimme in ihm. In der Wildnis ist sich jeder selbst der Nächste. Er würde dich ohne Federlesens hier draußen krepieren lassen.
Das Gefühl sagte dem Kopfgeldjäger, dass er den Verwundeten nicht einfach sich selbst und dem unerbittlichen Gesetz der Wildnis überlassen durfte – jenem Gesetz, das die Schwachen und Kranken der natürlichen Auslese preisgab. Er wog ab. Und ihm wurde klar, dass Link Leacock gar nicht zulassen würde, dass er, McQuade, dem alten Leacock half. Der Bandit würde die Chance eiskalt nutzen, um ihn zu töten. Er kannte keinen Ehrenkodex, das Wort Fairness war ihm fremd. Um seine Haut zu retten würde er die Seele seiner Großmutter dem Satan verkaufen.
Der Verstand siegte. »Yeah«, murmelte McQuade. »Jeder ist sich selbst der Nächste. James Leacock hat sein Leben in die Waagschale geworfen, als er sich mir in den Weg stellte, um mich von der Fährte seines Sohnes zu fegen. Er hat es herausgefordert …«
McQuade wollte zur Leacock-Farm reiten, um dort auf Link Leacock zu warten. Den Banditen der gerechten Strafe zuzuführen war die Mission, die ihn in die Hurricane Cliffs verschlagen hatte. Sie wollte er zu Ende führen. Es war nicht seine Art, den einmal eingeschlagenen Weg zu verlassen. Er ging ihn – wenn es sein musste bis zum letzten Atemzug.
Es war jetzt heiß wie in der Hölle. Kein Windhauch regte sich. Sogar die Vögel schwiegen. Die Gluthitze lähmte Mensch und Tier. Hoch über dem Kopfgeldjäger kreisten Geier. Der Texaner ließ in seiner Wachsamkeit nicht nach. Es ging über sonnendurchglühte Ebenen, durch schattige Schluchten, in denen die Luft greifbar und stofflich zu sein schien, durch staubige Senken und Mulden, an Sandsteinbastionen entlang, deren Farben von grauweiß bis zu violett variierten und die - von der Erosion der Jahrtausende zerfressen - bizarre, um nicht zu sagen skurrile Formen aufwiesen. Eidechsen, die in der Sonne lagen, huschten blitzschnell unter Steine, wenn sich ihnen der Reiter mit den
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