McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
sich. McQuade war skeptisch, dass der Verwundete es bis zur Farm schaffen konnte. Vor ihnen lagen noch eine ganze Reihe von Meilen, und vor Sonnenuntergang würden sie die Farm kaum erreichen.
Der junge Leacock brachte zwei Stangen. Er verschwand noch einmal, um nach einiger Zeit mit einem Arm voll zolldicker Äste zurückzukehren. Mit Hilfe zweier Decken und eines Lassos fertigte McQuade eine Schleppbahre an, die er am Sattel eines der Pferde befestigte. Sie legten den Verwundeten darauf und Gregory Leacock breitete die dritte Decke über ihn. »Wird er es schaffen?«, fragte er fast zaghaft.
McQuade zuckte mit den Schultern. »Es liegt in Gottes Hand. Bete, mein Junge, bete, dass er hart genug ist.«
Gregory Leacock holte sein Gewehr. McQuade ließ es geschehen. Sie saßen auf und trieben die Pferde an. Der junge Leacock führte das Pferd mit der Schleppbahre an der Longe. »Warum tust du das?«, fragte er, nachdem sie kurze Zeit geritten waren.
»Ich kann es dir nicht genau sagen«, antwortete McQuade. »Vielleicht will ich nicht, dass wegen deines skrupellosen Bruders noch mehr Männer sterben müssen.«
»Link ist ein elender Bastard!«, knirschte der Junge. »Er hätte Dad ohne mit der Wimper zu zucken krepieren lassen, nur um seine verdammte Haut in Sicherheit zu bringen. McQuade …«
»Was ist?«
»Es – es tut mir leid. Wir waren drauf und dran, dir das Tor zur Hölle aufzustoßen. Dabei war Link es gar nicht wert …«
McQuade winkte ab. »Schon gut, mein Freund. Ihr habt einen hohen Preis dafür bezahlt. Einen viel zu hohen, wenn du mich fragst. Sagte Link, wohin er sich wenden würde?«
»Nein.« Eine unsichtbare Hand schien Gregory Leacock plötzlich zu würgen. Sein Atem ging hart und stoßweise. »Er soll zur Hölle fahren!«, schnappte der Bursche. »Link ist die Luft nicht wert, die er atmet. Ich – ich habe es jetzt erst erkannt. Er – er ist charakterlos und geht über Leichen.«
*
Als die Sonne über den Bergen im Westen stand, erreichten McQuade, Gregory Leacock und der Verwundete die Farm. Pferde und Reiter warfen lange Schatten auf den Farmhof. Susan Leacock kam ins Freie. Als sie ihren leblos anmutenden Mann auf der provisorischen Bahre liegen sah, entrang sich ihr ein erschreckter Laut. Ohne McQuade zu beachten verkrallte sich ihr Blick am Gesicht Gregorys, sie stieß hervor: »Was ist geschehen?«
McQuade kam dem Jungen zuvor: »Keine Zeit für Erklärungen, Ma'am. Ihr Mann braucht schnellstens Hilfe. In seinem Körper stecken zwei Kugeln. Ich hoffe, Sie verstehen sich darauf, sie herauszuholen. Andernfalls hat Ihr Mann keine Chance.«
Während er sprach, saß McQuade ab.
Auch Gregory Leacock stieg vom Pferd. Sie trugen den Farmer ins Haus und legten ihn in der Küche auf die grob aus Stangen zusammengezimmerte Bank. Susan Leacock war ihnen gefolgt. Der herbe Ausdruck um ihren Mund hatte sich verstärkt.
Der Verwundete röchelte.
»Sie brauchen heißes Wasser, Ma'am«, gab McQuade zu verstehen. »Haben Sie Whisky im Haus?«
Die Frau schaute den Kopfgeldjäger an wie ein Erwachende. »Ist – Link – tot?«
»Nein. Sie sollten jetzt nicht an ihn denken, Ma'am. Versuchen Sie, Ihren Mann zu retten.«
Sie ging zum Herd, schüttete aus einem Eimer Wasser in einen Topf und machte Feuer. Dann schnitt sie das Hemd ihres Mannes auf und legte die Wunden frei. Aus dem Tischschub nahm sie ein Messer mit einer dünnen, langen Klinge. »Ich denke, es sind Ihre Kugeln, McQuade, die ich jetzt aus dem Körper meines Mannes holen werde.«
»Wir waren Narren, Mutter«, mischte sich Gregory Leacock ein. »Link war das alles nicht wert. Dass Dad sterben würde, war ihm egal.«
Die Frau schwieg, ging in einen angrenzenden Raum und kam mit einem weißen Leinentuch zurück, das sie in Stücke riss. Aus dem Schrankaufsatz mit den grün verglasten Fenstern holte sie einige Binden und eine Flasche Whisky.
McQuade ging hinaus. Die Sonne war halb hinter dem Horizont verschwunden. Der Himmel im Westen begann sich rot zu verfärben. Die Ränder der Wolken, die sich vor den Sonnenuntergang geschoben hatten, schienen zu glühen. Die Pferde waren zur Tränke gelaufen und hatten ihren Durst gelöscht.
Es gab hier für McQuade nichts mehr zu tun. Er ging zu dem Pferd, das er geritten hatte, und schwang sich in den Sattel. »Hüh!« Mit einem leichten Schenkeldruck trieb er das Tier an. Als er zwischen den Stall und einen Schuppen ritt, holte ihn Gregorys Stimme ein: »Wohin, McQuade? Warum
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