McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
meine Regeln verstoßen.«
McQuade spürte, wie in ihm der Zorn in die Höhe kroch. Sekundenlang presste er die Lippen zusammen, so dass sie nur noch eine dünne, blutleere Linie in seinem Gesicht bildeten. Dann stieg es rau aus seiner Kehle: »Soll das eine Drohung sein, Sheriff?«
»Eine Warnung, Mister. In diesem Landstrich verkörpere ich das Gesetz.« Er tippte sich mit dem Daumen seiner linken Hand gegen die Brust. »Und daran sollten Sie immer denken – egal was Sie tun.«
»Damit wären die Fronten ja geklärt«, knurrte McQuade.
»Sie sollten sich meine Warnung zu Herzen nehmen«, versetzte der Gesetzeshüter, schwang herum und verließ den Saloon. Seine Schritte verklangen.
Gedankenvoll nagte McQuade an seiner Unterlippe.
*
Es war finster. Die Nacht war sternenklar. Der Mond hing als dünne Sichel im Südosten über den Hügeln. Das Säuseln des Windes und das Zirpen der Grillen umgaben McQuade. Er hatte das Pferd zwischen einigen Büschen angehalten. Das Tier trat unruhig auf der Stelle und schnaubte. McQuade bändigte es mit harter Hand. Vor seinem Blick lagen die flachen Gebäude der Weston-Farm. Aus einem der Fenster fiel Licht.
Über eine Viertelstunde beobachtete McQuade die Farm. Kein Mensch ließ sich sehen. Schließlich trieb der Texaner sein Pferd an und ritt auf die Gebäude zu. Als er bis auf fünfzig Yard heran war, begann ein Hund zu bellen. Eine Kette rasselte. Die Tür des Farmhauses ging auf, Lichtschein flutete ins Freie, dann zeigte sich die Kontur eines Mannes, die scharf vom Licht umrissen wurde, und eine grollende Stimme erklang: »Ruhig, Silver!«
Augenblicklich hörte der Hund auf zu bellen. Die Stimme des Mannes erklang erneut: »Wer ist da?«
»Einer, der müde ist und Hunger hat«, rief McQuade, ohne sein Pferd anzuhalten. »Ich habe das Licht gesehen und mir gedacht, dass …«
»Meine Jungs stehen mit geladenen Gewehren an den Fenstern«, warnte der Farmer. »Wenn Sie also irgendwelche schlechten Absichten haben …«
»Keine Sorge. Ich bin ein harmloser Pilger.«
McQuade ritt in den Farmhof. Für den Farmer war er nur schemenhaft auszumachen. Aber mit jedem Schritt des Pferdes, den McQuade näher kam, nahm der Schemen Formen an. Und dann parierte der Texaner das Tier, hob das rechte Bein über das Sattelhorn und ließ sich zu Boden gleiten. »Wo bin ich hier gelandet?«
»Mein Name ist Brad Weston. Das ist die Weston-Farm.«
Deutlich spürte McQuade den Strom des tief sitzenden Misstrauens, der ihm entgegenschlug.
Der Hund knurrte leise und gefährlich.
Eine andere Stimme erklang: »Ich beobachte dich über Kimme und Korn meines Gewehres, Stranger. Ein kleiner Fingerdruck genügt.«
McQuade hob die Hände in Schulterhöhe. »Ich bitte lediglich um etwas Gastfreundschaft.«
»Und die wollen wir Ihnen nicht verweigern«, murmelte Brad Weston. »Also binden Sie Ihr Pferd an und kommen Sie ins Haus, Fremder. Nennen Sie mir Ihren Namen?«
»James O'Connor.«
»Okay, O'Connor, folgen Sie mir ins Haus. Einer meiner Söhne wird sich um Ihren Gaul kümmern.«
McQuade zog die Henrygun aus dem Scabbard.
»Das Gewehr brauchen Sie nicht, O'Connor!«, stieß der Farmer hervor.
»Ich lasse es nicht gerne unbeaufsichtigt«, versetzte McQuade.
»Es gibt hier draußen niemand, der es Ihnen stiehlt.«
»Na schön.« McQuade versenkte die Waffe wieder im Sattelschuh, führte das Pferd zum Holm – einer verkrümmten Stange, die auf zwei Pfosten genagelt war -, und band es fest.
Brad Weston ging vor ihm ins Haus. In der Küche trafen sie auf die beiden Farmersöhne und die Gattin des Farmers. Es war eine Frau um die fünfzig mit grauen Haaren und verhärmtem Gesicht, von dem man ablesen konnte, dass ihr das Leben noch nichts geschenkt hatte. Über dem Tisch hing eine Petroleumlampe von der Decke. Ihr Licht reichte nicht aus, um den Raum bis in die Ecken auszuleuchten. Groß und verzerrt wurden die Schatten der Menschen gegen die Wände geworfen. Es roch nach Bohnerwachs.
»Setzen Sie sich, O'Connor«, lud der Farmer McQuade ein, Platz zu nehmen.
Sie ließen sich nieder. Die beiden Söhne des Farmers schoben sich heran und blieben beim Tisch stehen. Beide hielten Gewehre in den Händen. Der lauernde Ausdruck in ihren Augen, die im düsteren Licht wie poliertes Glas glitzerten, blieb McQuade nicht verborgen.
»Das sind meine Söhne Cole und Lester«, gab der Farmer zu verstehen. »Cole war lange weg. Aber Sue und ich haben die Hoffnung niemals aufgegeben, dass
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