Meade Glenn
Computerprogramme, die über jeden Zweifel erhaben waren, Hochrechnungen erstellt. Auf diesen Blättern stand detailliert, welche Folgen Washington im Falle des Giftgasanschlags zu erwarten hätte. Die Folgen für die medizinische Versorgung der Stadt (weniger als fünf Prozent einsatzfähig); die öffentlichen Versorgungsbetriebe (Totalaus fall); Polizei (acht Prozent einsatzfähig); die Tötungsrate der Fußgänger, die in der Stoßzeit über die Washington Avenue gehen würden (hundert Prozent); die Anzahl der unbewohnbar gewordenen Privatwohnungen, Büros und Geschäftsniederlassungen (mehr als Zweihunderttausend)…
Es ging noch weiter: die Anzahl der getöteten Babys, Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen, die in den drei Zonen sterben würden. Die Anzahl der Verletzten, die Stunden oder Tage nach dem Anschlag ihr Leben verlören, weil die medizinische Versorgung fehlen würde. Die Anzahl der Polizisten, Soldaten, Regierungsbeamten, Ingenieure, Arzte, Krankenschwestern, Arbeiter und Angestellten städtischer Betriebe, die in den drei Zonen überleben oder sterben würden.
Professor Maslov lief es kalt den Rücken hinunter, als er auf die nackten Zahlen, die niederdrückenden, unvorstellbaren Prognosen schaute. In diesem Augenblick wünschte er sich, zu Hause in seiner tristen Moskauer Wohnung zu sein und dort zu Abend zu essen. Am liebsten wäre er geflohen, um den Anwesenden nicht diesen Albtraum, der sie eventuell erwartete, skizzieren zu müssen.
»Nach den vorliegenden Berechnungen läge die Anzahl der Toten und Verletzten in Washington, D.C., etwa bei einer halben Million Menschen.«
FÜNFTER TEIL
12. NOVEMBER
Sie haben keine andere Wahl, als zu
kapitulieren, Mr. President
36
Washington, D.C.
12. November 9.45 Uhr
Nikki fuhr in ihrem Toyota auf den Parkplatz des Ronald Reagan National Airports in Washington. Sie hatte Daniel an der Vorschule abgesetzt und kam rechtzeitig zu ihrem Interview mit Tony Gazara, dem Leiter der Flugsicherung. Nachdem sie ihren Wagen abgeschlossen hatte, ging sie zu dem Gebäude, in dem die Flugsicherung untergebracht war, und stellte sich an der Rezeption vor. Die Dame führte ein kurzes Telefonat, und eine Minute später kam ein großer Mann mittleren Alters, der sich als Tony Gazara vorstellte, zu ihr. Er führte sie in sein Büro im obersten Stockwerk mit Panoramablick auf die Rollbahnen.
»Nehmen Sie bitte Platz, Miss Dean. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Nein danke. Ich habe noch ein zweites Interview heute Vormittag. Darum würde ich gerne sofort beginnen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Sicher. Was wissen Sie über die Flugsicherung, Miss Dean?«
Nikki schlug lächelnd ihre Notizen auf. »Ehrlich gesagt, nichts. Ich weiß nur, dass meine Sicherheit in den Händen Ihrer Fluglotsen liegt, wenn ich in einem Flugzeug sitze. Würden Sie mir bitte über die beiden Beinahezusammenstöße berichten?
Was ist passiert?«
Gazara nahm sofort eine abwehrende Haltung ein. »Schauen Sie einmal aus diesem Fenster, Miss Dean. Hier auf dem Flughafen starten und landen pro Monat über zehntausend Flugzeuge. Es kommt wie auf allen großen Flughäfen mitunter zu Beinahezusammenstößen. Das soll selbstverständlich keine Entschuldigung sein. Damit will ich nur sagen, dass an diesen beiden Tagen viel Verkehr herrschte. Unsere Leute hatten die Lage aber zu jedem Zeitpunkt fest im Griff. Manchmal bauschen die Medien diese Dinge unnötig auf.«
»Meinen Sie?«
»Ich weiß es.«
»Es bestand also zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Passagiere?«
Gazara errötete leicht. »So weit es mich betrifft, herrscht hier ein strenges Regiment. Wir leisten verdammt gute Arbeit.«
»Das bestreite ich nicht, Mr. Gazara. In den Zwischenfall am Freitag waren zwei Zivilflugzeuge verwickelt, nicht wahr?«
Gazara nickte. »An diesem Tag war besonders viel los, und es gab starke Luftturbulenzen in der Nähe des Flughafens. Eines der Flugzeuge befand sich in der Warteschleife und wartete auf eine Landeerlaubnis, als es in einen starken Luftwirbel geriet und ein paar hundert Fuß durchsackte. Dabei unterschritt es leicht den Abstand von zweitausend Fuß, der zwischen den Flugzeugen eingehalten werden muss. Das war keine große Sache, und die Piloten hatte alles unter Kontrolle. Die Bestimmungen schreiben vor, jede Übertretung zu melden. Und mehr ist nicht passiert.«
»Und was ist mit dem gestrigen Zwischenfall?« Nikki schaute auf ihre Notizen. »Nach meinen Informationen
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