Meade Glenn
oder? Aus dieser Sache kommen wir nicht mehr heil heraus, ob wir nun siegen oder verlieren. Die Amerikaner wissen, wer wir sind. Was haben wir noch zu erwarten, selbst wenn Josef freigelassen wird? Die Amerikaner werden uns letztendlich finden.«
Sie war kalkweiß und den Tränen nahe. Gorev warf seine Zigarette ins Feuer und strich ihr zärtlich über den Arm. »Darauf weiß ich keine Antwort. Jedenfalls nicht jetzt.«
»Wir sind am Ende, nicht wahr? Egal, was geschieht?«
»Das würde ich nicht sagen. Es gibt immer einen Ausweg. In dieser Welt ist alles möglich. Das zumindest habe ich gelernt.«
»Und was sollen wir tun?«
»Du fragst den falschen Mann. Über unsere nächsten Schritte wird Rashid entscheiden. Ich habe das ungute Gefühl, als hätte er noch etwas sehr Unangenehmes für die Amerikaner auf Lager.«
»Was meinst du damit?«
»Wir können nicht mehr lange in Washington bleiben. Das Risiko, geschnappt zu werden, ist zu groß. Rashid wird Druck auf den amerikanischen Präsidenten ausüben, um ihn zur Vernunft zu bringen.«
»Und wie?«
»Bei Rashid ist alles möglich. Und das macht mir Sorgen.«
Gorev stellte sein Glas hin und ging einen Schritt auf den Kamin zu, um ein paar Scheite ins Feuer zu werfen. Plötzlich beugte er sich nach vorn und presste eine Hand auf die schmerzende Wunde. Er schaffte es noch bis zur Couch, bevor er zusammenbrach.
»Nikolai…«
Karla lief zu ihm. Gorev war totenbleich. Zwischen seinen Fingern sickerte Blut hervor. »Du musst die Blutung stoppen.
Schnell, Karla.«
Karla rannte die Treppe hinauf und kehrte mit einem Bettlaken Und einer Schere zurück. »Lass mal sehen.«
Sie kniete sich hin, schnitt das blutverschmierte Hemd auf, entfernte den Schal und tupfte das Blut weg. Als sie den Metallsplitter sah, der aus der Wunde herausragte, riss sie entsetzt die Augen auf. »Das ist nicht nur eine Fleischwunde, Nikolai. In der Wunde steckt ein Granatsplitter. Du brauchst einen Arzt.«
»Wir würden die größten Schwierigkeiten bekommen.« Über Gorevs Gesicht rannen Schweißperlen. »Das weißt du, Karla.«
»Und wenn noch mehr Splitter in der Wunde stecken?«
»Darüber können wir uns später den Kopf zerbrechen. Sieh mal nach, ob es hier eine Zange oder eine Pinzette gibt. Und hol heißes Wasser.«
»Wir werden alles nur noch schlimmer machen.«
»Verdammt, Karla! Mach, was ich dir sage.«
Karla ging in die Küche, stellte den Kessel auf den Herd und kehrte mit einer Schüssel heißen Wassers zurück. In ihrer Tasche fand sie eine kleine Pinzette. »Was anderes habe ich nicht.«
»Das muss gehen. Reiß das Betttuch in Streifen. Auf mein Kommando ziehst du den Splitter aus der Wunde.«
»Nikolai, das kann ich nicht.«
»Wenn du es nicht tust, muss ich es selbst machen.«
Karla schnitt das Betttuch in Streifen. Gorev zog die Wunde auseinander, damit Karla den Metallsplitter sehen konnte. »Los jetzt, Karla.«
Karla zog mit der Pinzette an dem Splitter. Gorev biss die Zähne zusammen. »Streng dich an. Zieh fester.«
Sie zog noch einmal, bis sich der Splitter bewegte und schließlich draußen war. Das Blut spritzte aus der Wunde auf den Boden. »Schnell, Karla. Verstopf die Wunde.«
Sie knüllte den Stoff zusammen und stopfte ihn in die klaffende Wunde. Nach einer Minute war der Stoff blutdurchtränkt. Sie nahm einen neuen Fetzen, tränkte ihn mit Wodka, um die Wunde zu sterilisieren, und schließlich ließ die Blutung nach. Gorev verzog das Gesicht. »Verbinde die Wunde.«
Karla wickelte ein paar Stoffstreifen um seinen Bauch und verknotete sie fest. Gorev streckte sich stöhnend auf der Couch aus. Er stand kurz davor, die Besinnung zu verlieren. Seine Augenlider zuckten, und er war leichenblass. Karla tupfte ihm den Schweiß von der Stirn. »Mach dir keine Sorgen, Karla. Ich hab schon Schlimmeres überstanden.«
Als sie aufstand, ergriff Gorev ihren Arm. »Wo gehst du hin?«
»Irgendjemand muss dir he lfen.« Karla war aschfahl.
»Rashids Leute? Oder dein tschetschenischer Freund Razan?«
»Nein.« Trotz der rasenden Schmerzen wollte Gorev nichts davon wissen. »Wenn die Wunde wieder anfängt zu bluten, können wir darüber nachdenken. Jetzt ruhe ich mich erst mal aus.«
Zwanzig Kilometer entfernt bog Mohamed Rashid vom Highway 4 ab. Als er kurz darauf zu einem Schild kam, das auf Picknickplätze hinwies, fuhr er auf einem schmalen Waldweg in den Wald hinein.
Er hatte Alexandria weit hinter sich gelassen und Maryland durchquert, ohne verfolgt
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