Meade Glenn
für den Ernstfall untergebracht war: Erste-Hilfe-Kästen, Ersatz-empfangsgeräte und Batterien, Waffen und Munition, Schutzanzüge, Atemgeräte, Nahrungsmittel, Wasser und vieles mehr. Im Falle eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen konnte eine gewisse Anzahl Überlebender bis zu einer Woche hier ausharren. Neben der Eingangstür zum Bunker befand sich eine zweite luftdicht verschlossene Stahltür, die zu einem Tunnel führte, von dem aus man einen Geheimausgang auf dem Rasen des Weißen Hauses erreichte. Die Überlebenden des Anschlags konnten durch den Tunnel fliehen, sobald die Gefahr gebannt war. Die Chancen standen nicht schlecht. Der Bunker verfügte über ausgezeichnete biochemische und radioaktive Filtersysteme, die am heutigen Nachmittag von Experten der Armee auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüft worden waren.
Bis es tatsächlich zu einem Anschlag mit Massenvernichtungswaffen kam, wusste man jedoch nicht, wie gut sie wirklich waren.
Judd sah sich alles genau an und überprüfte, ob die Plomben an den Metallschränken unversehrt waren. Es war alles in Ordnung. Er hatte heute bereits eine Inspektion des Bunkers vorgenommen. Diese zweite Überprüfung diente mehr dazu, seine Nerven zu beruhigen. Er wollte sich selbst beweisen, alles im Griff zu haben, obwohl er hier unten immer eine Gänsehaut bekam. Es war kalt und fast ein wenig unheimlich. Judd kam sich in dem Bunker mit der niedrigen Betondecke vor wie in einem Pharaonengrab in Luxor, das er mit seiner Frau Phyllis vor vierzehn Jahren besucht hatte. Sie verlebten damals einen zweiwöchigen Urlaub in Ägypten, und kurz darauf verließ ihn seine Frau wegen eines anderen Mannes. Ihr neuer Lover war Geschichtsprofessor an der Georgetown University, ein sanftmütiger Bursche, der nachts nicht arbeiten musste und sein Leben nicht bei der Jagd nach Verbrechern aufs Spiel setzte.
Judd fröstelte. Der Gedanke, an solch einem kalten, ungastlichen Ort eingesperrt zu sein, gefiel ihm gar nicht. Für ihn gab es hier sowieso keinen Platz. Er stand ganz unten auf der Liste. Wenn der Sprengsatz hochgehen würde, wäre er wie viele andere Bedienstete des Weißen Hauses, die nicht auf der AListe standen, ein Todeskandidat. Judd strich über die Narbe auf seiner Nase und dachte: Diejenigen, die sich hier einschließlich des Präsidenten in Sicherheit bringen würden, könnten sich a uch lebendig begraben lassen. Das Filtersystem brauchte nur auszufallen oder nicht richtig zu funktionieren. Oder durch defekte Gummidichtungen der Tür könnten winzigste Mengen des Nervengases in den Bunker strömen. Die Menschen würden in einem furchtbaren Todeskampf langsam dahinsiechen.
Judd wollte lieber schnell sterben. Das Gas einmal tief einatmen, ein paar Sekunden unerträgliche Schmerzen, und dann war es vorbei.
Vielleicht nicht die beste Art, ins Gras zu beißen. Judd verließ den Bunker und gab den Code ein. Die Stahltür schloss sich langsam, und in die Gummidichtungen strömte Luft.
Chesapeake
20.15Uhr
Karla Sharif fuhr auf das Cottage in Winston Bay zu. Das Scheinwerferlicht glitt über die Einfahrt und das Haus. Eine Gardine im Erdgeschoss bewegte sich leicht. Es regnete stark.
Sie fuhr in die Garage und parkte neben Rashids Yamaha. Als sie vor der Haustür stand, war sie vollkommen durchnässt.
Rashid stand hinter der Tür und sah sie missmutig an. Karla erkannte ihn im ersten Moment nicht wieder. Sein Haar war schwarz gefärbt und der Ohrring verschwunden. Er richtete die Skorpio n auf die Veranda. »Wo ist Gorev? Warum ist er nicht bei dir?«
»Lass mich erst mal ins Haus, dann erkläre ich es dir.«
Atlantic City
20.30 Uhr
Ishim Razan stand mit einem Glas Whisky in der Hand am Fenster seines Arbeitszimmers. Der Regen prasselte gegen die hohen Fenster und auf den Rasen. Razan runzelte besorgt die Stirn. Einer seiner Leibwächter klopfte an und betrat das Arbeitszimmer. »Yegori hat angerufen, Ishim.«
»Und?«
»Es hat geklappt.«
»Warum hat es so lange gedauert?«
»Es war ziemlich weit - über zwei Stunden -, und dann der Regen. Die Frau ist zu einem Haus in Chesapeake gefahren. Der Ort heißt Winston Bay.«
»War dort noch jemand?«
»Yegori weiß es nicht genau. Zu dem Haus gehört ein großes Grundstück. Er braucht mehr Zeit, um sich richtig umsehen zu können. Die Männer übernachten in einem Motel in der Nähe von Chesapeake. Yegori ruft morgen früh an.«
Razan nickte. »Wie geht es dem Patienten?«
»Er schläft. Es dürfte keine
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