Meade Glenn
Probleme geben, bis der Arzt zurückkommt.«
»Eduard soll ihn keine Sekunde aus den Augen lassen.
Verstanden?«
»Ja, Ishim.«
Der Leibwächter ging hinaus und ließ Razan allein zurück.
Er starrte noch eine Weile versonnen in die Dunkelheit, bevor er eine Entscheidung traf. Kurz entschlossen stellte er sein Glas ab; ging zu dem Telefon in der Ecke und wählte eine Nummer.
Chesapeake
20.16 Uhr
»Du hast ihn dagelassen? Bist du verrückt?«
»Ich hatte keine andere Wahl. Seine Wunde muss richtig versorgt werden.«
Rashid ging zum Fenster, schob die Gardine ein Stück zur Seite und spähte auf der Suche nach möglichen Verfolgern hinaus. Dann drehte er sich zu ihr um und funkelte sie wütend an. »Woher willst du wissen, dass man sich auf ihn verlassen kann? Er hat dir Fragen gestellt, oder?«
»Ich hab ihm nichts gesagt. Er und Nikolai sind alte Freunde.
Razan wollte ihm helfen. Das war seine einzige Sorge. Die Tschetschenen werden die Polizei nicht einschalten. Was hätte ich sonst auch tun sollen? Zusehen, wie Nikolai verblutet?«
Rashid presste wütend die Lippen aufeinander. »Es wäre besser gewesen. Ein Verwundeter ist in einer Schlacht eine Belastung. Das müsstest selbst du wissen, Karla Sharif. Hat der Arzt ihm Medikamente gegeben? Vielleicht Drogen?«
»Ja.«
»Und wenn Gorev im Fieberwahn spricht? Wenn er uns verrät? Hast du daran mal gedacht?«
»Du solltest ihn besser kennen.« Karla packte plötzlich die Wut. Sie konnte Rashids Gefühlskälte nicht länger ertragen.
»Nikolai ist dir doch scheißegal. Und jeder andere auch, oder?«, fügte sie verächtlich hinzu.
»Nur unsere Mission zählt. Wenn er stirbt, stirbt er eben.
Inschallah.«
»Weißt du was, Mohamed Rashid?« Karla schüttelte angewidert den Kopf. »Du bist ein eiskalter Mörder. Du besitzt nicht einen Funken Anstand. Kannst du dir überhaupt noch in die Augen sehen?«
Rashid sprang blitzschnell auf sie zu und presste die Klinge seines Schnappmessers gegen ihre Wange. Karla hatte keine Chance, ihm auszuweichen. Rashid riss ihren Kopf nach hinten und blinzelte sie an. »Vergiss nicht, mit wem du sprichst, Karla Sharif. Denk daran, wer hier das Kommando hat und welche Aufgabe dir zukommt. Das ist meine letzte Warnung. Du wirst meinen Befehlen folgen und mir Respekt entgegenbringen. Oder muss ich meine Worte in dein Gesicht ritzen?«
Karla ließ sich nicht einschüchtern. »Ich hab dir schon einmal gesagt, du sollst mir nicht drohen. Oder willst du mich niederstechen? Tu es, oder lass mich los.«
Rashid kniff bedrohlich die Augen zusammen und presste die Klinge fester gegen ihre Wange. Das Gefühl, Karla in der Gewalt zu haben, berauschte ihn. »Warum sollte ich?«
»Sieh mal nach unten, Mohamed Rashid, zwischen deine Beine.«
Rashid riss die Augen auf, senkte erstaunt den Blick und sah die Beretta, die Karla aus ihrer Jackentasche gezogen hatte und auf seinen Unterleib richtete. Der Ägypter lachte hysterisch und ließ sie los. Karla ging ihm sofort aus dem Weg.
»Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht, als wir uns in Sur getroffen haben«, gestand Rashid. »Eine Frau wie du könnte mich erregen. Wenn das hier vorbei ist, sollten wir beide es mal miteinander versuchen.«
»Lieber würde ich mit dem Teufel ins Bett gehen.«
Rashid knurrte ungehalten und steckte das Messer in seine Tasche. Karla richtete die Beretta noch immer auf ihn. Rashid riss seine Jacke vom Stuhl, schnippte mit den Fingern und hielt ihr wütend eine Hand vor die Nase. »Gib mir die Wagenschlüssel. Ich hab was zu erledigen.«
»Sie liegen auf dem Tisch. Was hast du denn zu erledigen?«
»Das geht dich nichts an. Eins lass dir gesagt sein. Die Amerikaner werden sich wünschen, uns heute Nachmittag niemals begegnet zu sein. Dafür werden sie heute Nacht teuer bezahlen.« Rashid nahm die Schlüssel vom Tisch. »Du bleibst hier, bis ich zurückkomme. Morgen früh bringst du Gorev hierher, kapiert? Mir ist es scheißegal, in welchem Zustand er ist und was Razan dazu sagt. Hoffentlich hat deine Dummheit uns nicht alle in Gefahr gebracht. Sonst halte ich mein Versprechen und kümmere mich persönlich darum, dass dein Sohn nie wieder seine Zelle verlässt.«
Rashid bog vom Suitland Parkway ab. Fünf Minuten später fuhr er in die mit Unkraut überwucherte Einfahrt zu dem zweistöckigen Backsteinhaus in Fulton Chase im Südosten der Stadt.
Die baufälligen Häuser in diesem Ghetto sahen im Regen bedrückend aus. Die nassen Straßen waren
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