Meade Glenn
draufgegangen sind.«
Karla bekämpfte den Drang, ihm an die Kehle zu springen.
»Wer hat den Wagen gefahren?«
»Das ist unwichtig.« Rashid warf ihr die Autoschlüssel zu. »So, Karla Sharif, jetzt holst du Gorev ab. Und wehe, du kommst ohne ihn zurück.«
Als Karla fünf Minuten später die Einfahrt hinunterfuhr, zog sie das Handy aus ihrer Tasche, schaltete es ein und wählte die Nummer, die Ishim Razan gespeichert hatte. Auf den schwarzen GM Savana Van mit den getönten Scheiben, der zweihundert Meter entfernt parkte, achtete sie nicht. Die beiden Tschetschenen in dem Wagen beobachteten sie durch ein Fernglas.
53
New Jersey
13. November 9.35 Uhr
Ishim Razan schaltete sein Hand y aus. Der Anruf von Safa Yassin hatte ihn nicht im Geringsten überrascht. Sie war unterwegs nach New Jersey. Razan hatte lange geschlafen. Er legte das Handy zurück auf den Nachtschrank, stand auf und zog sich einen seidenen Morgenrock über.
Nachdem er sich geduscht und angekleidet hatte, stieg er die Treppe zu einem seiner Gästezimmer hinunter. Er öffnete die Tür und trat ein. Die Vorhänge waren zugezogen, und es war ziemlich dunkel in dem Raum. Neben dem Bett hatte es sich einer seiner Leibwächter auf einem Stuhl bequem gemacht. Auf seiner Brust lag eine Zeitschrift, und seine Füße ruhten auf einem Hocker. »Wie geht es dem Patienten?«
»Ganz gut, Ishim. Er hat kein Fieber mehr.«
»Hat er die ganze Nacht geschlafen?«
»Nein, er ist mehrmals aufgewacht.«
»Und?«
»Er hat phantasiert und wollte wissen, wo er ist. Ich hab’s ihm gesagt, und dann ist er wieder eingeschlafen.«
Razan trat ans Bett. Gorev schlief noch. Auf dem neuen Verband waren zum Glück keine Blutspuren. Razan hatte seinen Männern befohlen, Gorev in ein Gästezimmer zu bringen, nachdem der Arzt gegen Mitternacht die Bluttransfusion durchgeführt hatte. »Du kannst frühstücken, Pashar. Ich lös dich ab.«
Pashar ging hinaus. Razan legte eine Hand auf Gorevs Stirn und überprüfte seine Temperatur. Anschließend zog er die Vorhänge auf und öffnete die Fenster, um frische Luft ins Zimmer zu lassen. Der Wind verfing sich in den Gardinen.
Razan setzte sich lächelnd auf die Bettkante. »Du schläfst wie ein Murmeltier. Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen, aber das trifft auf dich wohl kaum zu, Nikolai.«
Gorev hob den Kopf und verzog sofort das Gesicht vor Schmerzen. »Ishim
»Immer mit der Ruhe. Wie fühlst du dich?«
»Besser als gestern Abend.«
»Das ist immerhin etwas. Pashar hat dir gesagt, wo du bist?«
»Daran kann ich mich nur noch schwach erinnern. Ich muss ziemlich weggetreten gewesen sein.«
Razan zeigte auf die Medikamente auf dem Nachttisch: Ein Paket Schmerztabletten und Antibiotika. Dann erklärte er Gorev, was der Arzt gemacht hatte. »Keine Sorge. Auf den ist hundertprozentig Verlass. Du hast mal wieder verdammtes Glück gehabt, Nikolai. Wie oft bist du dem Tod schon von der Schippe gesprungen?«
»Zu oft.«
»Du solltest aufhören, immer den Helden zu spielen, sonst endest du eines Tages noch im Sarg.«
»Zweifellos. Das kommt auf uns alle zu.«
»Muss aber nicht sofort sein, oder?« Razan legte eine Hand auf Gorevs Schulter und fragte ihn freundlich: »Hast du Hunger?«
»Ich sterbe vor Hunger.«
Razan lächelte. »Pech gehabt. Der Arzt hat für die nächsten Tage Flüssignahrung verordnet. Ich sag dem Koch, er soll dir etwas Nahrhaftes zaubern, damit dein Hunger gestillt wird.«
Als Razan aufstand, ergriff Gorev seinen Arm und sagte:
»Danke, Ishim.«
»Wofür sind Freunde da? Wenn du nicht gewesen wärest, würden meine Knochen jetzt in der Sonne Afghanistans verdorren.« Razan schmunzelte. »Stattdessen bin ich ein erfolgreicher tschetschenischer Gangster, der von allen gefürchtete Mann aus Grosny, stimmt’s?«
Gorev lächelte gequält. »Ich hab auch ganz schön was auf dem Kerbholz. Wo ist Karla?«
Razan runzelte die Stirn. »Du meinst sicher Safa?«
»Ja… Safa.«
»Sie ist auf dem Weg hierher. Ich hab ihr gesagt, dass du hier bleiben musst.«
»Das geht nicht, Ishim. Ich hab was zu erledigen. Außerdem brauche ich unbedingt frische Luft und Bewegung. Du weißt, ich hasse es, eingesperrt zu sein.«
Gorev konnte es kaum erwarten, das Bett zu verlassen. Er versuchte, sich aufzurichten, doch Razan legte eine Hand auf seine Schulter und drückte ihn aufs Bett. »Im Augenblick ist deine Genesung wichtiger. Nach dem Frühstück können wir meinetwegen ein paar Schritte durch den Garten
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