Meade Glenn
TEIL
11. NOVEMBER
Vernichtet Abu Hasim!
17
Washington, D.C.
11. November, 15.05 Uhr
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika saß mit gefalteten Händen reglos auf seinem Stuhl. Er presste die Zeigefinger auf seine Lippen und starrte mit ausdruckslosem Blick auf die polierte Tischplatte. Alle Ratsmitglieder waren in den Krisenraum zurückgekehrt.
Sie hatten eine halbstündige Pause gemacht, um nachzudenken, wie es Alex Havers ausgedrückt hatte. Der Präsident war grübelnd durch den Rose Garden gewandert, ohne die entsetzlichen Bilder der vierzehn hingerichteten Amerikaner abschütteln zu können. Es war empörend, zusehen zu müssen, wie ein Verrückter kaltblütig einen Massenmord beging, um seinen Forderungen das nötige Gewic ht zu verleihen. Präsident Booth hätte sich fast erbrochen. Seit sie sich wieder versammelt hatten, herrschte Ratlosigkeit in den Reihen des Nationalen Sicherheitsrates. Alle waren gleichermaßen betroffen.
Schließlich ergriff der Präsident das Wort. »Wie wir alle gesehen haben, meint es al-Qaida bitterernst. Wir können davon ausgehen, dass diese Organisation eine große Menge des Nervengases in oder in der Nähe von Washington versteckt hat.
Ihre Drohung, das Nervengas zu verbreiten, falls ein Wort an die Presse durchsickert, können wir ebenfalls nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es hört sich vielleicht absurd an, aber ich glaube, Abu Hasim hat uns diesbezüglich einen Dienst erwiesen.
Wenn ein einziges Wort nach außen dringt, bricht in dieser Stadt das Chaos aus. Unsere Situation ist auch so schon brenzlig genug, ohne uns auch noch darüber Sorgen machen zu müssen.«
Nach einer kurzen Pause fuhr der Präsident fort. »Die Bilder, die wir eben gesehen haben, sind schwer zu verdauen. Wir alle sind von Abscheu und Wut erfüllt. Wir werden für die Toten und ihre Hinterbliebenen beten. Eines muss ich jedoch in aller Deutlichkeit sagen: Was wir gesehen haben, muss geheim gehalten werden, bis die Krise überwunden ist. Den Verwandten der Opfer gegenüber mag es grausam erscheinen, aber im Augenblick steht viel mehr auf dem Spiel: unsere Verpflichtung, das Leben aller Washingtoner Bürger zu schützen. Strengste Geheimhaltung ist oberstes Gebot.« Er wandte sich an den CIA-Direktor. »Ich würde gern Ihre Meinung dazu hören, Mr.
Faulks.«
»Zunächst einmal fallen mir die naheliegendsten Dinge ein«, erwiderte er. »Niemand darf in dieser Sache etwas schriftlich niederlegen. Absolutes Stillschweigen unseren Ehepartnern gegenüber, auch wenn wir für sie die Hand ins Feuer legen würden. Wenn wir außerhalb dieses Büros über die Sache sprechen müssen, benutzen wir nur abhörsichere Leitungen. Wir müssen uns alle ganz normal benehmen, so schwer es auch fallen mag.« Faulks seufzte. »Das größte Problem ist, Sir, wie wir die Sache vor der Presse geheim halten können.«
Unzählige amerikanische und ausländische Journalisten waren täglich damit beschäftigt, über das Weiße Haus zu berichten. Ein Dutzend war stets vor Ort und bedrängte die Pressestelle. Die alten Hasen unter den Korrespondenten hatten einen sechsten Sinn dafür, wenn im Weißen Haus irgendetwas nicht stimmte.
Washington war eine Stadt, in der Skandale und Gerüchte blühten und gediehen. Gerüchte über angebliche Staatsgeheimnisse wurden im Old Ebbitt’s oder im Willard oder in den beliebten Bädern in der Nähe der Pennsylvania Avenue diskutiert. Jeder hier in diesem Raum wusste um das große Problem der Geheimhaltung.
»Was ist, wenn der Pressesprecher uns eine Frage stellt, mit der er genau ins Schwarze trifft?«, fragte Paul Burton, der Berater für die innere Sicherheit. »Sollen wir seine Frage beantworten, damit wir über den Verdacht der Presse informiert werden?«
»Für ihn wäre es ein Härtetest, den Journalisten Lügenmärchen aufzutischen«, erwiderte der Präsident. »Wenn wir ihm den wahren Sachverhalt verschweigen, kann er den Journalisten ehrlich Rede und Antwort stehen, und wir werden auf jeden Fall über die Fragen der Presse informiert. Es ist besser, wenn er nichts erfährt. Hat jemand eine Liste mit den Personen, die außer uns eingeweiht sind, aufgestellt?«
»Ja, Sir«, entgegnete der FBI-Direktor. »Ich habe eine entsprechende Liste aufgestellt.«
»Sprechen Sie noch einmal mit jedem Einzelnen. Klären Sie alle klipp und klar über die Konsequenzen auf, falls etwas nach außen dringt. Wenn sie nicht den Mund halten, können sie das Nervengas ebenso
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