Meade Glenn
Walter Massow und seine Erkenntnisse über Herbert Rauscher.
Er hörte ihren frustrierten Seufzer. »Was ist mit dieser Frau, dieser Hedda Pohl?« fragte Erika dann.
»Wir können zum Bodensee fahren und versuchen, etwas herauszufinden.«
»Wann kommst du wieder, Joe?«
»Ich nehme den ersten Flug morgen früh.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen. »Joe …«
»Ja?«
»Ich vermisse dich.«
»Ich dich auch.«
32. KAPITEL
Sie fuhren durch das malerische Städtchen Friedrichshafen, und jenseits des Bodensees konnte Volkmann die schneebedeckten Schweizer Berge erkennen. Am späten Nachmittag hielten sie an der Seepromenade. Es schneite leicht. Volkmann stellte den Ford ab, und sie gingen das Seeufer zurück. Viele Fenster in den alpenländischen Häusern waren mit künstlichem Schnee und weihnachtlichen Mustern verziert, und bunte Lichter erhellten die ganze Stadt.
Erika und er aßen in einem der hübschen Restaurants zu Mittag, von denen aus man einen Blick über den See hatte. Volkmann hielt es für das beste, sich direkt an die Polizeiwache der Stadt zu wenden. Er konnte zwar seinen DSE-Dienstausweis nicht einfach vorzeigen, ohne das Mißtrauen der örtlichen Behörden zu wecken, aber er hatte ja noch immer seinen Presseausweis. Also würde er sich als Journalist ausgeben. Erika wartete im Wagen, während er zu der Wache in der Nähe des Sees ging.
Hinter dem Tresen schoben zwei uniformierte Polizisten Dienst. Volkmann zeigte seinen Presseausweis und bat darum, einen der höheren diensthabenden Kriminalbeamten sprechen zu dürfen. Er mußte zehn Minuten warten, dann kam ein Mann mittleren Alters aus einem der Büros. Er war groß und massig, hatte ein rosiges Gesicht, und sein Bierbauch quoll ihm über den Gürtel. Er stellte sich als Kriminalhauptmeister Heinz Steiner vor. Volkmann zeigte ihm seinen Ausweis und bat ihm um ein Gespräch unter vier Augen. Steiner führte ihn wenig begeistert in ein kleines Büro am Ende des Flurs. Sie setzten sich, und der Beamte blickte Volkmann an.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Volkmann?«
Volkmann erzählte dem Polizisten, daß er ein freiberuflicher Journalist sei und für ein bekanntes deutsches Magazin eine Artikelserie über ungeklärte Mordfälle schreibe. Er wolle mit ihm über den Mord an Hedda Pohl sprechen. Die Einheimische sei vor fünf Monaten getötet worden. Als der Beamte ihn mißtrauisch ansah und weitere Gründe für Volkmanns Neugier wissen wollte, erklärte Volkmann, daß er den Fall aus Münchener Zeitungen herausgesucht habe und glaube, er könne die Leser interessieren. Steiner sah ihn zwar interessiert an, rührte sich aber keinen Zentimeter.
»Was genau wollen Sie denn wissen, Herr Volkmann?«
»Was immer Ihnen über diese Frau bekannt ist, Herr Steiner.
Die Zeitungen sind damals nicht besonders in die Tiefe gegangen. Und wenn Sie eine Idee haben, warum oder von wem sie ermordet worden ist, wäre ich für Ihre Hilfe sehr dankbar.«
Steiner schüttelte den Kopf, und seine Stimme klang sehr förmlich. »Wir wissen weder, warum noch von wem sie ermordet worden ist, Herr Volkmann. Aber der Fall ist noch nicht abgeschlossen, das versichere ich Ihnen, und deshalb könnte ich Ihnen Verdachtsmomente auf keinen Fall weitergeben.«
Volkmann nahm ein Notizbuch und einen Stift aus seiner Tasche. »Können Sie mir sagen, wie die Frau ermordet worden ist?«
Steiner zündete sich einen Zigarillo an und blies den Rauch an die Decke. »Mit drei Schüssen. Einer in die Brust und zwei aus kurzer Entfernung in den Hinterkopf. Kaliber .38. Sie ist abends mit dem Wagen losgefahren und hat gesagt, daß sie einen Spaziergang machen wollte. Aber soweit wir wissen, ist sie nicht zur Promenade gefahren und auch nicht mehr heimgekehrt. Ein Radfahrer hat ihre Leiche zwei Tage später im Wald gefunden, etwa zwei Kilometer landeinwärts. Man hatte ihre Handtasche durchwühlt und ihr das Portemonnaie gestohlen.« Steiner runzelte die Stirn. »Aber der Mord war sehr merkwürdig.«
»Inwiefern merkwürdig, Herr Steiner?«
»Sie sind Journalist, Herr Volkmann. Sie sollten wissen, daß solche Morde in dieser Gegend eher selten sind.«
»Selbstverständlich, aber ich dachte, Sie meinten etwas an dem Fall.«
»Das auch. Hedda Pohl ist eigentlich kein typisches Mordopfer.«
»Verraten Sie mir warum?«
»Aus vielerlei Gründen. Der Mord wirkte eher wie eine Bandenhinrichtung. Hedda Pohl war eine zweiundsechzigjährige Witwe. Zwar wohlhabend, aber nicht reich. Sie
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