Meade Glenn
Devisen nach Mexico gekommen waren und die großen Villen auf den Hügeln von Chapultepec gekauft hatten, und auch die entlang der Küste. Und ihre Organisation ODESSA, die sowohl absolut geheim als auch unglaublich effektiv war.
Die Chancen, die Mörder zu erwischen, waren sehr gering.
Aber trotzdem wollte Gonzales es versuchen – keine Frage. Er würde alte, verstaubte Akten ausgraben und telefonieren, um Männer zu reaktivieren, die an alten Fällen gearbeitet hatten.
Dennoch spürte er, daß die Verbrecher aus der Villa längst entkommen waren. Der Tag würde schwierig, anstrengend und frustrierend werden. Dennoch mußte er tun, was er konnte – für Juales und seine Leute, für seinen toten Freund Sanchez und dessen gleichfalls toten Landsmann, für all jene die jetzt im Leichenschauhaus der Gerichtsmedizin lagen.
Das Telefon klingelte, und Gonzales fuhr erschrocken herum.
Er hoffte, daß es Asunción war, sein Anruf nach Paraguay.
Sie mußten erfahren, daß und wie Sanchez und Cavales gestorben waren. Und genauso wichtig: aus welchem Grund.
Jetzt, da er die Geschichte kannte, schüttelte er ungläubig den Kopf. Kein Wunder, daß die Männer so verzweifelt versucht hatten, aus der Villa zu entkommen. Er trat wieder an seinen Schreibtisch, drückte die Zigarette aus und nahm den Hörer ab.
39. KAPITEL
Genua.
Montag, 19. Dezember.
Das macht die Nachtschicht, sagte sich Franco. Wenn man nachts arbeitet, kommt der ganze Metabolismus durcheinander.
Das konnten alle bestätigen, die nachts im Hafen schufteten.
Der halbe Liter Rotwein, den er in der Bar am Palazzo San Giorgio getrunken hatte, bevor er zur Arbeit gegangen war, hatte Franco nicht geholfen, sondern seine Magenschmerzen eher noch verschlimmert.
Er fühlte sich lausig.
Aber Il Peste sah auch nicht sonderlich gut aus. Franco sah den Dicken aus der Dunkelheit auf sich zukommen, als er vor dem Eingang der Lagerhalle stand und ein bißchen Luft schnappte.
Er versuchte, die Übelkeit in seiner Magengrube zu bekämpfen.
Il Peste sah aus, als hätte er Ärger, als ginge ihm etwas im Kopf herum. Wenn dieses Arschloch überhaupt so was wie einen Verstand hatte. Mann, du mußt ihn einfach nur programmieren, ihn in die richtige Richtung lenken …
»Guten Abend!« begrüßte Franco ihn.
»Was soll an diesem Abend gut sein?«
»Was ist los? Haben Sie ein Problem?«
»Nein, mein Freund. Sie haben ein Problem.«
Das hatte Franco gerade noch gefehlt. Probleme. Der Beamte war stinksauer. Nachtschichten übten diese Wirkung auf die Leute aus. Franco versuchte zu lächeln, aber es fiel ihm schwer.
Il Peste machte ihn nervös, vor allem jetzt, wo ihm ohnehin schon der Magen brannte. Er bemerkte, daß Il Peste ihn scharf anblickte.
»Ich muß mir einige Frachtpapiere noch mal ansehen.«
»Sie haben sie doch gesehen, als das Schiff aus Piräus vor zwei Stunden …«
»Die nicht. Die von letzter Woche. Die von der Maria Escobar. «
»Was soll das denn heißen?«
»Was ich gesagt habe. Die Frachtpapiere der Maria Escobar –
ich will sie noch mal sehen.«
»Warum?«
»Gehen Sie mir nicht auf die Nerven, Franco«, sagte Il Peste ungeduldig. »Ich hab’ heute noch viel zu tun.«
»Ich verstehe nicht …« setzte Franco an. Der aggressive Unterton in der Stimme des Zollbeamten beunruhigte ihn.
»Tun Sie einfach, worum ich Sie gebeten habe. Wo sind die Papiere?«
»Oben, im Büro.«
Franco schluckte. Etwas sagte ihm, daß Schwierigkeiten im Anmarsch waren, etwas in seinem Hinterkopf schickte Warn-signale wie elektrische Schläge durch seinen ganzen Körper.
»Die Carabinieri wollen, daß wir die Frachtpapiere für alle Schiffe aus Südamerika noch einmal kontrollieren«, erklärte Il Peste ungeduldig. »Alles, was innerhalb des letzten Monats reingekommen ist. Die anderen habe ich schon abgehakt. Nur die Maria Escobar steht noch aus. Und ich kann meine Kopien nicht alle finden. Also, tun Sie bitte, worum ich Sie gebeten habe. Ich bin müde …«
Franco war auch müde. Und ein bißchen verängstigt. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht, und seine Beine begannen zu zittern.
»Ich hole die Schlüssel aus dem Büro«, sagte Franco ruhig.
»Das wäre mir sehr lieb.«
Als sie die Treppe hinaufgingen, spürte Franco, wie ihm die Beine weich wurden. Mühsam sah er sich zu Il Peste um, der hinter ihm herging.
»Warum interessieren sich die Carabinieri dafür?«
»Fragen Sie mich nicht. Ich bin nicht der Polizeichef«, erwiderte der Zöllner gereizt.
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