Meade Glenn
war unpolitisch.
Aber Schmeltz erklärte, daß er sich den Nazis anschließen und in die Partei eintreten würde. Er behauptete, sie wären die einzige echte Hoffnung für Deutschland, und schlug meinem Vater und den anderen vor, es ihm nachzutun. Als sie ablehnten, versuchte Schmeltz, mich zu interessieren. Ich war noch jung und von Schmeltz’ Begeisterung beeindruckt. Schmeltz behauptete, einige Nazigrößen und sogar Adolf Hitler persönlich zu kennen – mit ihm habe er im Ersten Weltkrieg zusammen gedient. Nach einer Woche beantragte ich die Mitgliedschaft und wurde angenommen.«
»Wie oft haben Sie Erhard Schmeltz getroffen?«
Busch schüttelte den Kopf. »Nach diesem Abend habe ich Schmeltz wenigstens ein Jahr lang nicht wiedergesehen. Ich bin der Partei beigetreten, aber ohne Schmeltz’ Hilfe oder Empfehlung. So gute Freunde waren wir nicht, und er war viel älter als ich. Aber ich sollte ihn noch kennenlernen.«
»Sie sagten, er hätte einige der Nazigrößen persönlich gekannt.
Welche waren das?«
Busch ließ seinen Blick über die winterlichen Bäume gleiten.
»Himmler und Göring. Und er und Hitler waren angeblich gute Kameraden gewesen. Sie hatten im selben Regiment gedient.
Ich habe später gehört, daß Heinrich Himmler selbst Schmeltz’
Aufnahme in die Partei empfohlen hat. Aber mehr weiß ich auch nicht. Nach dieser Nacht habe ich nie wieder gehört, daß Schmeltz seine Beziehungen erwähnt hätte. Er war wirklich ein sehr zurückhaltender Mann. Aber das verlieh ihm einen gewissen Status in der Partei.«
»Welche Funktion hatte Schmeltz in der NSDAP?«
Busch zuckte mit den Schultern. »Keine besondere. Er war einfach nur ein Parteifunktionär, half bei Wahlen und spielte Leibwächter. Ich habe ihn oft bei Parteiversammlungen oder in den Münchner Bierhallen bei den großen Bonzen gesehen. Vor allem mit Himmler. Aber er war nicht der Typ, der es bis an die Spitze schaffen konnte. Er stammte aus einer einfachen Bauernfamilie. Bis ihn die wirtschaftliche Situation ruinierte, war er Bauer gewesen, und ist dann mit seiner Schwester nach München gekommen. Er hatte mehr Muskeln als Hirn, aber er war loyal und ein vertrauenswürdiger Parteigänger.«
»Trug Schmeltz Uniform?«
Busch nickte. »Ja, er trug eine Uniform. Schwarze Schaft-stiefel, Käppi und Braunhemd. Die übliche SA-Uniform.«
»Wußten Sie, daß Schmeltz nach Südamerika emigriert ist, Herr Busch?«
»Nein, das wußte ich nicht. Dadurch, daß Sie es mir gesagt haben, ist auch ein altes Rätsel gelöst.«
»Und welches?«
»Irgendwann im Jahre ’31 war Schmeltz plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Keiner wußte, wohin. Aber wenn das, was Sie erzählt haben, stimmt, dann weiß ich es jetzt.«
Volkmann ließ seinen Blick durch den Garten schweifen, bevor er den alten Mann wieder anblickte. »Können Sie sich einen Grund denken, aus dem Schmeltz nach Paraguay gegangen sein sollte? Wenn er ein so loyales Parteimitglied war, wie Sie behaupten, warum sollte er dann Deutschland verlassen?«
Der alte Mann betrachtete Volkmann mit seinen wäßrigen blauen Augen ernst durch seine dicken Brillengläser.
»Warum ist das so wichtig, Herr Volkmann? Das alles ist vor über sechzig Jahren passiert. Welche Bedeutung hat das noch für die Gegenwart?«
»Das weiß ich auch nicht genau, aber ich glaube, es hat eine.
Wissen Sie, warum Schmeltz nach Paraguay gereist ist, Herr Busch?«
Busch schüttelte langsam den Kopf. »Nein, das weiß ich nicht.
Aber ich erinnere mich noch an die Gerüchte, die es nach seinem Verschwinden gab.«
»Was für Gerüchte?«
»Daß er jemandem in der Partei quergekommen und ermordet worden sei.« Busch zuckte mit den Schultern. »Aber damals gab es so viele Gerüchte. Zum Beispiel munkelte man auch, daß er auf eine geheime Mission geschickt worden wäre. Daß er in Ungnade gefallen und gezwungen worden wäre, das Land zu verlassen. Welche Geschichte stimmt, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, daß er an dem einen Tag noch da und am nächsten fort war. Damals passierte soviel in Deutschland, daß ein Mann wie Schmeltz schnell vergessen wurde.«
Er hielt inne. »Sie sagten, Sie hätten noch die Fotografie einer
… Frau?«
»Ja.«
»Darf ich sie sehen?«
Volkmann holte den Abzug aus seiner Brieftasche und reichte sie dem alten Mann. Busch musterte sie mit zusammengekniffenen Augen.
»Haben Sie diese Frau schon einmal gesehen, Herr Busch?«
Der Mann blickte hoch. »In meinem Alter, Herr
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