Meade Glenn
ob er die anderen kannte?«
Volkmann nickte. »Ich habe ihm alles erzählt, was ich wußte.
Er schien von der ganzen Sache völlig überrumpelt zu sein.
Niemand hat sich ihm genähert, so gut wie keiner kennt die Vergangenheit seines Vaters, und so will er es auch halten. Er kannte keinen einzigen der anderen Leute. Er wußte von keinen Geheimnissen, die sein Vater gehütet hätte, und außerdem ist der vor über zwanzig Jahren im Gefängnis gestorben.«
»Willst du mit Ferguson darüber reden?«
»Erst, wenn ich herausgefunden habe, warum all diese Menschen umgebracht worden sind. Diese Geschehnisse haben mit der Leibstandarte-SS und ihren hohen Offizieren zu tun. Mit diesem Schwur, den sie am Ende des Krieges getan haben. Und die Mordopfer, die Kinder dieser Offiziere, haben irgendwie mit dringehangen. So sehe ich das jedenfalls. Vielleicht hat es etwas mit der Fracht zu tun, die geschmuggelt worden ist.«
»Glaubst du, daß Rodriguez Gold geschmuggelt hat?«
»Vielleicht. Aber mich beschleicht so das Gefühl, daß auch da noch mehr dran ist, daß es keine reine Schmuggeloperation war.
Wir müssen Kesser festnehmen und mit ihm plaudern.«
Er sah Erika an, betrachtete die blauen Augen und das hübsche Gesicht.
»Du hast gesagt, daß du sieben Namen neben dem von Manfred Kesser überprüft hättest«, sagte die junge Frau nach einer Pause. »Du hast aber nur sechs erwähnt. Wer war der siebte?«
Auf diese Frage hatte Volkmann gewartet. Er suchte ihren Blick. »Dein Vater. Er war zur selben Zeit wie all die anderen in Berlin stationiert. Seit Januar 1945 war er auf einer SS-Kriegsschule in Lichterfelde.«
Sie schwieg lange, wandte den Blick ab, ließ ihn über den Park gleiten und sah dann wieder Volkmann an.
»Warum hast du meinen Vater überprüft?« fragte sie abwehrend.
»Weil er ein Offizier war wie die anderen. Und weil er einer von den Leuten gewesen sein könnte, von denen mir Busch erzählt hat.«
»Das ist nicht die ganze Wahrheit, hab’ ich recht, Joe? Der Grund ist, daß du mir nicht traust, und daß du meine Reaktion sehen wolltest, wenn du es mir erzählst. Du traust mir immer noch nicht, stimmt’s? Obwohl du mir das alles erzählst. Du siehst mir in die Augen, und ich merke, daß du dort nach Antworten suchst. Du willst herausfinden, ob ich die Wahrheit sage oder lüge.«
»Ich möchte dir gern glauben, Erika.«
Lange Zeit erwiderte sie nichts. »Wenn ich einer von Kessers Leuten wäre, wieso wäre ich dann überhaupt zu euch gekommen? Warum hätte ich gewollt, daß du Rudis Tod untersuchst? Warum, Joe? Warum hätte ich das tun sollen?«
Darauf wußte er keine Antwort.
»Joe, ich habe meinen Vater kaum gekannt. An seine Ideale habe ich niemals geglaubt, und ich bin auch keine von Kessers Rechtsradikalen. Das mußt du mir glauben, und du mußt mir vertrauen. Daß mein Vater zur gleichen Zeit wie die anderen in Berlin gewesen ist und das Testament mit unterzeichnet haben könnte, habe ich erst von dir erfahren.«
Volkmann sah ihre blauen Augen, erinnerte sich an ihren warmen Körper und ihre Hände, die ihn in der Dunkelheit berührt hatten, daran, wie nah er sich ihr gefühlt hatte. Und wie er sie so ansah, fragte er sich, wieso er an ihr hatte zweifeln können.
Sie berührte sein Gesicht und strich ihm über die Wange. Ihre Stimme klang leise, beinahe flehend.
»Beweise mir, daß du mir vertraust, Joe. Bitte.«
»Wie denn?«
»Glaub mir einfach. Und laß mich nicht immer allein. Ich werde noch verrückt, wenn ich den ganzen Tag in deiner Wohnung eingesperrt bin. Nimm mich mit nach Berlin. Nach dem, was dir und Iwan Molkes Leuten passiert ist, würde ich mich sicherer fühlen.«
»Wann geht dein Flug nach Berlin?« fragte Erika, als er zögerte.
»Um sechs.«
»Nimmst du mich mit, Joe?«
Er zögerte noch immer und spürte, wie sie ihn beobachtete.
»Ich spreche mit der Ausgabestelle, daß sie noch ein Ticket besorgen sollen«, versprach er schließlich.
»Mußt du dafür ins Büro zurückgehen?«
»Warum?«
»Wir haben noch eine Stunde Zeit. Ich möchte, daß du noch etwas für mich tust.«
»Und was?«
»Schlaf mit mir. Ich hab’ dich so vermißt.«
Sie sah ihn mit ihren blauen Augen an, und als sie lächelte, stand er auf und nahm ihre Hand in seine.
Sie lehnte sich an seine Schulter, als sie durch den Park zurückschlenderten.
Keiner der beiden bemerkte die beiden Männer in dem Wagen, der etwas weiter entfernt parkte, und die Joe Volkmann und Erika Kranz
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