Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)
Dort kann man frei sprechen, sie hört die Worte direkt, welche sonst eher schleppend zu Papier gebracht werden müssten. Sie schaut in ein feuchtes Gesicht, erblickt die zuckenden Mundwinkel, die kaum noch ein klares Wort auszusprechen in der Lage sind und sie fühlt mit. Oder sie nimmt die Einladung nicht wahr und bleibt einfach zuhause.
Werbung übertreibt
Nur so wird der Unterschied deutlich!
Es macht nichts her, wenn man nur 5 Minuten in der Kassenschlange beim Discounter stand. Also übertreibt man und dann stand man 30 Minuten an, mindestens. Vorgekommen ist es einem ohnehin wie ein kompletter Jahresurlaub und das »Gefühlte« ist letztendlich entscheidend. Tatsächlich waren es bloß 23 Sekunden, aber das ist keineswegs sensationell. Es kam einem nun mal erheblich länger vor und aus eingebildeten 5 Minuten werden dann 30 Minuten.
Die versammelte Zuhörerschaft heuchelt Mitgefühl und vereinzelt hört man Sätze wie „das kenn’ ich…“. Hier wird Solidarität in Reinkultur ohne Anlauf und ohne Generalprobe gemimt, um dem Gepeinigten vorzugaukeln, er stünde mit seinem Dilemma nicht alleine da. Anders gesagt hieße das: Jeder übertreibt, keiner gibt es zu und nur der TV-Werbung kreidet man es an! Basta!
„Nein Frau Salesch, das ist keine Lüge, das ist lediglich Übertreibung!“
Wenn Hausfrauen das Bad betreten und die Kacheln schon aus Angst vor dem bösen Blick der Hausfrau zu strahlen beginnen. Vorbereitet war sie, die Hausfrau mit der Figur einer bulgarischen Kugelstoßerin. Locker wie Lassiter, hätte sie ansonsten die Spraypulle aus dem Hüfthalfter gerissen und mit gezielten Schüben dem Staub gezeigt, wo’s lang geht. Dahingehend sind Hausfrauen gnadenlos.
Selbst Schuhe werden damit geputzt, sowie auch die Zähne und das Tafelsilber. Schließlich ist es ein Allzweckreiniger und sowohl der Volksmund als auch der Hersteller wissen, dass der Zweck die Mittel sogar heiligt. Auch die Fenster werden mit dieser Wunderbrühe geschrubbt, und dass die Familie die Suppe damit nachwürzt, soll ein Geheimnis bleiben.
Sauberkeit als Basis zur Übertreibung? Warum nicht!
Schließlich will man doch vom Boden essen, vom Klodeckel auch und als 11. Gebot wäre »Du sollst dir selbst treu sein« hinzuzufügen. Weltweit ist die typische deutsche Reinlichkeit bekannt und exakt an dieser Stelle setzt man den Hebel zum Öffnen der Herzen und der Geldbörse an. Kein Mensch will vom Boden essen und wie viel Keime sich auf Klobrillen befinden, interessiert noch nicht einmal den Keim selbst.
Wenn Werbung wirklich nervt
Werbung muss sein und wer nicht wirbt, stirbt. Ja, so ist das und irgendwo entwickelt sich auch ein Einsehen. Doch zuviel ist zuviel und wenn es noch so schick verpackt daherkommt. Als Internet’ler ist man schon eine Menge gewöhnt und täglich lernt man dazu. Doch wer seinen Augen nichts Besonderes antut und ordinäre Kanäle frequentiert, reißt die Augen in den Werbepausen immer weiter auf.
Kaum eine TV-Reklame erscheint, ohne den unübersehbaren Hinweis, dass die Firma, das Produkt oder zumindest die Bestellmöglichkeit auch per Facebook vorhanden ist. Darauf muss man erstmal kommen. Da ist schlagartig eine Einigkeit erkennbar, die ansonsten nicht enden wollende Gesprächsrunden erforderlich machen. Hier – in der TV-Werbung – ist der Blick in des Nachbars Schulheft kein Götzendienst, hier wird Breite Front deklariert, bliebe die Frage für wen.
Facebook als Treff- und Mittelpunkt des WWW? Das wäre also der Anfang einer bildschirmbekleckernden Reklame? Käme nicht als Nächstes Google + (Google plus)? Und dann noch dieser und dann noch jener, denn man will Allen gerecht werden und der Zuschauer hat ein Recht auf Information.
Das schnöde Einblenden der eigenen URL und das dortige Einpflegen entsprechender Verweise ist also nicht mehr „in“. Jetzt muss man unter Weglassung der eigenen Domain zeigen, dass man in den Social’s auch vertreten ist.
Darauf hat der Zuschauer ganz bestimmt gewartet!
Angesichts der Tatsache, dass selbst nach mehr als 20 Jahren WWW manche Unternehmen den Weltrekord in Zurückhaltung gewinnen werden, wirkt die optische Erwähnung div. Social-Portale in der Fernsehwerbung ein wenig anachronistisch, verwirrend und keinesfalls informativ. Beileibe ist (selbst nach mehr als 20-jähriger Existenz des WWW) noch nicht jedem Zuschauer das blaue Icon mit dem kleingeschriebenen „f“ ein Begriff.
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