Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner
Innenstadt begegnet man seinen Arbeiten auf Schritt und Tritt – bekannt, beliebt und berühmt ist
etwa der »Brunnen der Lebensfreude« auf dem Universitätsplatz. Jastram ist einer der einflussreichsten Künstler der Region, ein Mecklenburger Original –
und Kopf einer weitverzweigten Künstlerfamilie.
Wer Caspar David Friedrich sagt, muss auch Philipp Otto Runge sagen: Der Maler (1777 bis 1810) zählt neben Friedrich zu den
bedeutendsten Frühromantikern. Er war mit Goethe bekannt, den er mit Scherenschnitten für die Wohnung ausstattete. Außerdem betätigte sich das Multitalent
Runge auch schriftstellerisch, schrieb Abhandlungen zur Kunst,Gedichte – und zeichnete das Märchen »Vom Fischer und seiner Frau« auf,
das dann die Brüder Grimm weiter verarbeiteten. Runge wurde in Wolgast geboren. Dort ist ihm ein kleines Museum, das Rungehaus, gewidmet.
Noch mehr Kolonien: Auch das gemütliche Städtchen Schwaan südlich von Rostock war eine Zeit lang Heimat einer Gruppe von
Künstlern. Im Mittelpunkt stand der Weimarer Malereiprofessor Franz Bunke (1857 bis 1939), den es immer wieder in seine Heimatstadt zog. Schwaan und
Umgebung durchstreifte er mit Staffelei, Pinsel und Farbe und bildete die Zeitläufte in bedrohlichen Wolkenformationen und trügerisch idyllischen Waldseen
ab. Das machte Schule. Peter Paul Draewing und Rudolf Bartels gehörten zu denen, die Bunkes Werk in Richtung Expressionismus weiterführten. Ein kleines
Museum dokumentiert Aufstieg und Zerfall der Kolonie.
DIE MAUER STEHT –
MV UND SEINE NICHT GANZ EINFACHE GESCHICHTE
Die Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns fällt genauso unspektakulär aus wie das Wetter. Mittlere Temperaturen, kaum große Katastrophen,
aber eben auch nicht allzu viele Glücksfälle. Der Frühling warm, der Sommer verregnet, im Winter taut der Schnee, kaum dass er gefallen ist. Während in
den Metropolen die Weltgeschichte buchstäblich unter jedem Stein lauert, sind in Mecklenburg oder Vorpommern die Steine einfach nur Steine und atmen
allenfalls Salpeter aus, und das nicht unbedingt zur Freude derer, die die feuchten Keller und Mauern bewohnen. Vielleicht kann man so den notorischen
Spruch »Allens bliwwt bi’n ollen« (»Es bleibt alles beim Alten«) verstehen. Als vor ein paar Jahren die Sozialdemokraten im Wahlkampf mal so richtig mit
der Faust auf den Tisch hauen wollten, dachten sie sich dazu auch einen markigen Spruch aus: »Jetzt wird es aber Zeit!« Sehr motivierend geriet er aber
nicht, denn die lokalen Parteistrategen formulierten ihn auf Niederdeutsch: »Nu wart tid!« Mal ehrlich: Nach Wahlsieg klingt das nicht. Eher nach »Ich
nehm’ noch ein Bier und einen Kurzen!«
Mecklenburger und Vorpommern pflegen in der Regel einen entspannten Umgang mit der Vergangenheit. Trifft man heute einen jungen
Menschen, bekommt man meist nicht allzu viel zu hören, wenn man ihn nach historischen Eckdaten befragt. Ein paar Schlagworte höchstens: Slawen, Hanse, V2,
FKK. Ein Anfang, immerhin. Dabei verhält es sich mit der Geschichte tatsächlich wie mit dem Wetter in MV. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, den
richtigen Moment abzupassen. Dann entdeckt man auch Eigenarten und einiges Bemerkenswertes: manövrierunfähige Segelboote, die ideale Heringstonne, eine
abgeschlagene Nase, ein Denkmal, das als Witz entstand, den Schleudersitz, den letzten Russenpanzer. Und einen Friedhof, auf dem alles begann.
Seine erste Erwähnung verdankt das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern passenderweise einem Reisenden: Ibrahim ibn Yaqub. Der Mann war
vermutlich Jude und stammte aus dem muslimischen Teil Spaniens. Im zehnten Jahrhundert reiste er durch Europa – ob als Privatmann, Händler oder auch
Spion, ist nicht bekannt. Relativ sicher hingegen ist, dass es ihn auch in das Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern verschlug, welches er als eher
trist und ungastlich beschrieb. Im Jahr 965 erwähnt er eine Burg, die südlich der heutigen Stadt Wismar stand. Er nannte sie »Nakons Burg« – nach einem
Herrscher namens Nakon, einem Nachfahren des berühmten Slawenherrschers Niklot, der die Burg bewohnte. Später setzte sich der Name »Michelenburg«
durch. Diesen Namen kann man je nach Gemütslage übersetzen: »Kleine Burg« oder »Große Burg«. Beides ist belegt. 995 wurde Mecklenburg dann erstmals
urkundlich und gewissermaßen amtlich verbrieft – von König Otto III.
Die mächtige Anlage von vor eintausend Jahren ist
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