Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner
in Rostock und Anklam. Eigentlich sollen die jungen Leute Lehrer werden und Kinder wie Jugendliche auf den Pfad der Kreativität
führen. Immerwieder jedoch kehren Studierende dem Bildungswesen den Rücken und widmen sich ganz und gar der bildenden Kunst. In
regelmäßigen Hochschul-Ausstellungen geben diese Stars von morgen Kostproben ihres Könnens. Der Nachteil: Für Meisterschülerkurse gehen sie an andere
Hochschulen – und nehmen ihre Fähigkeiten mit. Trotzdem färbt der Ideenreichtum der jungen Leute auf die ganze Stadt ab. Und immerhin verfügt Greifswald
mit der Galerie Schwarz über eine der wichtigsten derartigen Einrichtungen im Land.
Auf Rügen: Auf der Insel ist die Kunst los. Kunstinteressierte finden allein drei Galerien, die sich um die Zeitgenossen
bemühen – die Galerie des Kunstvereins in Putbus, die Coop-Galerie in Bergen und die Galerie Hartwich in Sellin. Geboten werden abgefahrene Werke unter
anderem von deutschen und skandinavischen Künstlern. Skulpturen aus Styropor, Wolkenbilder, Polsterbilder. So etwas gibt es nur auf der Art Basel. Oder
eben auf Rügen.
Die Kunstgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns ist nicht eben lang. So viele Künstler, wie mittlerweile hier leben, so wenige findet man
in der Vergangenheit. Aber ein paar waren schon da. Zum Beispiel Caspar David Friedrich, geboren in Greifswald. Ein Star unter den Malern auch heute noch,
keine Frage. Bezogen auf MV aber für kommerzielle Zwecke denkbar ungeeignet. Seine Bilder? Sind in den Museen dieser Welt verteilt oder in Banksafes
verschwunden. Das Vorpommersche Landesmuseum hat ein paar Preziosen, eine heitere Straßenszene, rasch mit Feder und Farbe hingehuscht. Aber die Klassiker
hängen woanders. Na, immerhin sind ja noch Friedrichs Motive da –die Szenerien und Landschaften, die er gemalt hat! Könnte man denken,
stimmt aber auch nicht ganz: Die Klosterruine Eldena bei Greifswald steht noch – malerisch und beeindruckend wie vor Jahrhunderten. Aber Friedrichs
berühmte Wissower Klinken auf der Insel Rügen zum Beispiel sind futsch. Nicht mehr als ein Haufen Sand und Kreide blieb übrig, als die Steilküste einbrach
und die hoch aufragenden Klinken mitnahm. Außerdem hatte Friedrich nicht die Absicht, einen Reiseführer zu bebildern. Seine Natur-Motive nahm er mit ins
Atelier und setzte sie neu zusammen – zu vollkommenen Phantasielandschaften. Künstlerisch eine Meisterleistung. Touristisch aber eher schlecht zu
vermarkten. Weil kaum eines der Motive in der Wirklichkeit wiederzufinden ist. Immerhin ist zumindest auf seinen Bildern richtig etwas zu erkennen. Und in
seiner Heimatstadt gibt es das Caspar-David-Friedrich-Zentrum als authentischen Ort. Tief unten im Keller finden sie sich noch – die Reste von Vater
Friedrichs Seifensiederei.
Ganz und gar authentisch ist auch das Wohn- und Arbeitshaus von Ernst Barlach am Inselsee in Güstrow. Kurze Zeit nach einer Russland-Reise, die seine
gesamte weitere Arbeit prägte, zog Barlach in das Haus am Heidberg. In Güstrow schuf er seine wichtigsten Werke – etwa den schwebenden Engel für den
Dom. Eine andere seiner Holzskulpturen, »Der lesende Klosterschüler«, ist sogar die Hauptfigur in dem Roman »Sansibar oder der letzte Grund« von Alfred
Andersch. In dem Buch geht es um einen Pfarrer und einen Funktionär der Kommunistischen Partei, die die Skulptur vor den Nazis retten. Barlach selber
gelang das nicht. Er wurde von den Nationalsozialisten immer weiter ausgegrenzt und starb 1938 als verfemter Künstler. 1998 weihte man neben dem
Atelierhaus einBarlach gewidmetes Museum ein, das zum besten gehört, was MV zu bieten hat.
Italien in Schwerin: Ein bisschen unscheinbar, aber künstlerisch wertvoll sind die
Terrakotta-Platten an der Fassade des Schweriner Schlosses. Das Material aus Südeuropa stand hoch im Kurs, und dem kunstsinnigen Herzog Johann Albrecht
I. (1525 bis 1576) gelang es, dem von ihm errichteten Teil des Schlosses einen eigenen Stil zu geben. Historiker sprechen sogar von einem Mecklenburger
Stil. Wurde aber leider nicht fortgesetzt. Auch ein Besuch des Schlossparks lohnt sich: Dort stehen Figuren des Bildhauers Balthasar Permoser (1651 bis
1732). Nachbildungen zwar, aber für Fans des Rokoko und Barock ein Muss.
Nach Permoser in die Gegenwart: Kunst im öffentlichen Raum wird auch von Zeitgenossen geprägt. Einer, an dem man dabei nicht
vorbeikommt, ist der Bildhauer Jo Jastram. In Rostocks
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