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Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Titel: Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Joseph
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kann sich vermutlich nur ein unzureichendes Bild von dem Grauen machen, das am Wochenende
     auf den Straßen des Landes geherrscht haben muss. Jedenfalls sind oft junge und sehr junge Leute Opfer dieser Unfälle. Deren Hauptursache laut
     Greifswalder Unfallforscher übrigens nicht Alkohol ist, sondern der überaus flotte Reifen, der gefahren wird. Hätten sie doch bloß auf Vaddern gehört.

    Die Tuning-Typen. Es kommt auch vor, dass die Kevin-Generation langsam unterwegs ist. Sehr langsam sogar, häufig begleitet von
     einem lauten schabenden oder kratzendenGeräusch. Oft vereiteln nämlich altertümliche, rundliche Buckelpisten, dass die Karren so richtig
     ausgefahren werden können. Da sitzen die jungen Leute dann in ihren Pilotensitzen mit 250 PS unter dem Hintern und bewegen sich mit
     Schrittgeschwindigkeit, weil die tief nach unten gezogene Frontschürze jeden Kopfstein knutscht.
    Alte Autos wie neue aussehen zu lassen ist auch so ein Sport, den sich viele Mecklenburger und Vorpommer Jugendliche leisten, doch wenn unter glitzernd
     lackierten Spoilern das Fahrwerk fault, stehen den TÜV-Gutachtern regelmäßig die Haare zu Berge.
    Tuning ist übrigens selbst Vaddern nicht fremd. Junge Leute von heute und die damals jugendlichen Herrschaften haben eines gemeinsam: den Wunsch, aus
     den maroden Kutschen optisch das letzte herauszuholen. So wurde bekanntlich auch in der DDR gewienert, was das Zeug hielt, und viele ließen es nicht beim
     zusätzlichen Paar Halogenschweinwerfer, das man im Polen-Urlaub erworben hatte. Ein Freund von mir verdiente viel Geld damit, Spoiler,
     Radkastenverbreiterungen und sogar Radkastenauskleidungen für den Wartburg anzubieten, hergestellt aus Kunstharz. So erschloss er eine Marktlücke, die ihn
     im ganzen Land bekannt machte. Inoffiziell bekannt. Denn die Anzeigen, mit denen er in Zeitschriften für seine Kunststoff-Produkte warb, waren eher
     unauffällig, und die Übergaben der begehrten Bauteile erfolgten konspirativ an zuvor vereinbarten Autobahnabfahrten. Geld bar auf die Hand. Schlangestehen
     inklusive.

    Der Aussteiger. Mecklenburger und Vorpommer haben in der Regel ein starkes Rechtsbewusstsein. Das heißt, sie wissen stets sehr
     genau, wann das Recht auf ihrer Seite ist. Mansollte das auch im Straßenverkehr berücksichtigen, sonst bekommt man es mit dem Aussteiger
     zu tun. Und damit ist nicht der entspannte Alt-Hippie gemeint. Der Aussteiger ist die schärfste Form von Rechtsprechung auf der Straße.
    Vorher gibt es in der Regel die Sturköpfigkeit. Begegnen sich zwei Wagen in einer schmalen Straße und in beiden sitzen Ureinwohner, dann passiert in
     der Regel erstmal gar nichts. Beide versteinern hinter ihren Steuerrädern und rühren sich nicht. Wenn man das zu weit treibt, lernt man den Aussteiger
     kennen. Erste Phase: Kopf schütteln, gestikulieren, Vogel zeigen. Zweite Phase: Tür öffnen (und kurz danach wieder schließen). Dritte Phase: aussteigen
     und rüberkommen.
    Ein Freund aus Rostock berichtete von einem Vorfall in Dresden. Phase eins und zwei waren vorüber, Phase drei setzte ein. Der Typ von gegenüber stieg
     aus und kam rüber. Mein Kumpel leierte das Fenster runter. Jetzt gibt es was aufs Maul, dachte er, und sank tief in seinen Sitz. Der Typ beugte sich
     herunter und sagte in freundlichem Sächsisch: »Sie wer’n vielmals entschuldschen, gönnten Sie v’leischt a Stick’l zurückfohr’n?« So einfach geht das. Da
     ist man als Mecklenburger immer wieder überrascht.

    Noch ein Wort zu den Unfällen: Viele gehen so fürchterlich aus, weil die Autos nicht einfach übers Feld schleudern, wenn sie den Boden
     der Straße unter den Rädern verlieren, sondern ungebremst gegen einen Baum donnern. Das ist die finstere Kehrseite einer landestypischen Attraktion, die
     Jahr für Jahr Urlauber in den Nordosten zieht: MV ist von Alleen durchzogen, die meist beidseitig, oft aber auch nurmehr einseitig mit Bäumen bestanden
     sind. Mit Ahorn, Linden, Eschen oder, makaber genug, derBlutbuche. Auch Obstbäume sind zu finden, angepflanzt häufig nach dem Zweiten
     Weltkrieg und durchaus mit dem Ernährungsgedanken im Hintergrund. Heute werden die schwer tragenden Gehölze kaum mehr abgeerntet, so dass sich
     entsprechende Alleen im Herbst durch einen Belag aus Pflaumen- oder Apfelmus auszeichnen.
    Der Ursprung derartiger Bepflanzungen liegt allerdings weiter zurück. Als im 18. Jahrhundert die Landesfürsten begannen, französische Parkanlagen zu
    

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