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Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Titel: Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Joseph
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zu verzeichnen, die den Reisenden unverhofft lustiges Kitzeln im Bauch bescherten. Vielleicht sind einfach
     die Geister der mecklenburgischen und wendischen Vorfahren in der Erde noch nicht zur Ruhe gekommen.

    Nichts ist in Mecklenburg-Vorpommern so schwierig wie Auto fahren. Bevor die A 20 gebaut wurde, gab es heftige Diskussionen, ob sie
     überhaupt notwendig sei. Heute sind wir heilfroh, dass wir die Piste haben, und das nicht nur wegen der Zeitersparnis auf dem Weg von Wismar nach
     Greifswald. Denn sobald man die gut ausgebauten Autobahnen verlässt, ist man einheimischen Landstraßenbenutzern schutzlos ausgeliefert. Abgesehen von
     unverhofft aus dem Unterholz brechenden Landmaschinen, die dann mit Überbreite unbeirrt und mit geschätzten 15 Kilometern pro Stunde ihren Weg ins nächste
     Landmaschinenbasislager fahren, lassen sich grob folgende Typen unterscheiden, mit denen man es zu tun bekommt:

    Vadder mit der Prinz-Heinrich-Mütze. Unklar, woher diese Mützen kommen. Aus Mecklenburg-Vorpommern jedenfalls nicht, denn hier
     wurden bis vor wenigen Jahren ausschließlich Pudelmützen getragen. Dennoch haben sich diese blauen oder braunen Deckel mit Kordel und schmalem Schirm
     etabliert wie vor 300 Jahren die Kartoffeln und sind von den Köpfen mancher Mecklenburger und Vorpommern nicht mehr wegzudenken. Fahrer mit
     Prinz-Heinrich-Mützen sind in der Regel schon etwas in die Jahre gekommen, etwa 55 plus. Sie haben oft ein entspanntes Verhältnis zu autoritären
     Staatsformen und nicken begeistert, wenn man zum Beispiel den Buchtitel »Lob derDisziplin« in die Gesprächsrunde wirft. Ihre Frauen
     tragen häufig den Kosenamen »Muddi«, und besagte Herren trauen sich nicht, die Reifen auch mal heiß werden zu lassen. Vielleicht liegt das sogar an den
     Frauen, die nach dem Haltegriff über der Tür langen, wenn der Wagen sich mit 40 Sachen in eine weit geschwungene Kurve legt. »Lass mal gut sein, Vaddern.«
     Wo 60 erlaubt sind, fährt Vadder mit der adligen Mütze 50 und verleitet andere Verkehrsteilnehmer zu waghalsigen Überholmanövern. Kommt es zu Unfällen,
     ist er immer im Recht, weil er nichts falsch gemacht hat. Dass überkorrektes Verhalten mitunter auch falsch sein kann, entzieht sich seiner schwarzweißen
     Nachkriegslogik. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Vaddern sein Ziel erreicht. Denn ungestüm abgebremst wird schon ungefähr einen halben Kilometer vor
     dem Abzweig. Der Abbiegevorgang selber vollzieht sich in nicht messbarer Geschwindigkeit und erzeugt nicht selten Staus auf freier Strecke.

    Kevin mit der Killerkarre. Man ist geneigt aufzuatmen, wenn man statt besagter Mütze ein lustiges Bündel Duftbäume im Innenraum
     des Wagens vor sich schaukeln sieht. Denn die Enkel-Generation ist weitaus versierter im Umgang mit Fahrzeug und Verkehr. In Mecklenburg-Vorpommern sind
     nun mal mitunter auch längere Strecken zurückzulegen. Doch wo bis Anfang der Neunziger ein leidlich intaktes Netz von Nahverkehrsverbindungen existierte,
     stehen sich heute die Schulkinder an den wenigen Bus- und Bahnhaltestellen die Füße platt. Unlängst wurden auch in MV Fälle öffentlich, in denen sich
     Schaffner in Nahverkehrszügen oder Busfahrer sehr unnachgiebig gegenüber Minderjährigen, die knapp bei Kasse waren,verhielten. Die
     Kleinen wurden kurzerhand auf die Straße gesetzt, weil sie ihre einsfünfzig Taschengeld für einen Schokoriegel ausgegeben hatten. Man muss sich das mal
     vorstellen: ein 12-jähriges Mädchen, das mit Schulranzen und Cello auf dem Rücken zu Fuß die 15 Kilometer von der Schule zu der grünen Wiese laufen muss,
     auf der das Fertigteilhaus ihrer Eltern steht.
    Da entsteht Frust, und da ist es auch klar, dass die jungen Leute schnell ihre Fahrerlaubnis machen, um unabhängig zu sein. Hit the Road,
     Jacqueline. Frust und Fahranfänger – das klingt nicht gut, und das ist auch kreuzgefährlich. Denn die Kevins und Ronnys, die Nadines und Connys neigen
     dazu, ihre fahrbaren Untersätze richtig durchzupusten, weshalb man wiederum einigen Abstand halten sollte. Denn sie treiben ihre Gefährte nicht
     mecklenburgisch-phlegmatisch voran, sondern eher italienisch-frisch und sind in ihrer Impulsivität schwer einzuschätzen. Immerhin wissen sie, wo die
     Blitzer stehen, und davon gibt es in MV wirklich jede Menge – besonders in der Müritz-Gegend und im Uecker-Randow-Kreis. In diesen Regionen geschehen
     auch die meisten Unfälle. Wer montags die Zeitung aufschlägt,

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