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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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großen Tier wirkte er wirklich recht schmal.
    „Kommen Sie mit, Herr Strelmann. Wir können den Ritt von der Tribüne aus am besten sehen.“ Resolut zog Burghardt Kai, ohne dessen Antwort abzuwarten, am Oberarm mit sich und dieser fügte sich einfach in sein Schicksal. Vielleicht war es ganz gut so, Leon in der unmittelbaren Nähe dieses Mannes zu bewundern. Kai musste sich jedes Mal nur vor Augen führen, wie Burghardt seinen Sohn sonst behandelte. Das wirkte abtörnend genug und ließ ihn alle Bilder von engen Reithosen über einem festen Hintern verdrängen.
    Es war laut auf der Tribüne der Reithalle. Zahlreiche Menschen saßen in warme Winterjacken eingehüllt auf den hölzernen Sitzreihen und unterhielten sich. Leons Vater zog Kai auf zwei freie Plätze, während er links und rechts die Leute begrüßte.
    „Ist Leonard jetzt dran?“, erkundigte sich ein älterer Herr in einem dunkelgrünen Lodenmantel und dem obligatorischen Jägerhut. „Toller Bursche. Der wird doch gewiss die Zeit von Hajo noch unterbieten können.“ Burghardt grinste breit und nickte. „War noch einer schneller bisher?“, erkundigte er sich und ließ sich auf die Sitzbank fallen. Kai nahm mit etwas Abstand neben ihm Platz. „Bislang keiner. Nur Hajo und Martina hatten Nullerrunden, alle anderen haben die Stange am Fünfer mitgenommen. Verflixtes Teil, da musst du groß rankommen, sonst passt es nicht.“ Leons Vater grinste womöglich noch breiter und antwortete ein wenig selbstgefällig wirkend: „Warte es nur ab.“ Damit wandte er sich ab, denn in dem Augenblick verkündete der Ansager Leons Start. Sofort wurde es ruhiger. Gespannt starrten alle auf den jungen Mann, der hereingaloppiert kam.
    Kai lief ein Schauer über den Rücken. Leon verhielt das große Tier, grüßte und setzte sein Pferd erneut in Gang. Beeindruckt sah ihm Kai zu. Elegant sah er aus. Unglaublich sportlich und seine Bewegungen schienen in das Pferd zu schmelzen. Wie lenkte Leon eigentlich? Mit seinen Händen tat er gar nicht so viel, dennoch bewegte sich das Pferd dorthin, wo er hin wollte. Direkt auf einen großen rotweißen Sprung zu. Kai besah sich bestürzt die anderen Sprünge in der Halle. Wie zur Hölle wusste Leon, welchen davon er springen sollte und in welcher Reihenfolge? Für ihn sah das nach einem bunten Mikkadostangenhaufen aus. Und verdammt hoch waren die Dinger auch noch.
    Neben Kai spannte sich Burghardt an. Sein Blick hing an Leon und sein Unterkiefer mahlte nervös. Unwillkürlich starrte ihn Kai an, vermochte den Blick nicht gleich wieder zu lösen. Gebannt folgte Leons Vater Leons Aktionen, schien regelrecht mitzureiten.
    „Langsam! Lass ihr Zeit“, murmelte er. „Rechten Schenkel mehr ran, gib ihr eine Parade.“ Fasziniert wanderte Kais Blick zwischen Leons Ritt und seinem Vater hin und her. Der grobschlächtige Mann wirkte heute völlig anders. Kai hatte sich nicht vorstellen können, dass er bei Leons Ritt mitgehen würde, aber offensichtlich war dieser als Reiter interessanter als der zu schmächtig geratene Sohn.
    Zischend stieß Burghardt die Luft aus, als Leons Pferd eine Stange anstieß und diese wackelte. Ein Raunen ging durch die übrigen Zuschauer. Doch die Stange blieb oben. Die Zuschauer wurden zunehmend unruhiger, wie auch Leons Vater, der neben Kai hin und her zu rutschen begann, die Hände zu Fäusten geballt.
    „Linken Schenkel, reite sie mehr in die Ecke“, flüsterte er. „Denk an die Galoppsprünge. Eins, zwei, drei und ab!“ Leons Pferd hob im selben Moment ab und flog über einen breiten Sprung aus orangen und blauen Stangen. Kai stockte der Atem. Himmel ist das hoch!  
    Leons Blick richtete sich augenblicklich auf den nächsten Sprung, und da er direkt an ihnen vorbei ritt, konnte Kai sein hochkonzentriertes Gesicht sehen. Leons Mund stand ganz leicht offen, seine Wangen schimmerten rosa vor Anstrengung und die Augen leuchteten.
    Kai rauschte eine erneute Gänsehaut über den Rücken. So hatte er Leon noch nie erlebt. Noch nie zuvor war er ihm begehrenswerter erschienen. Ein wunderschöner junger Mann, der mit absoluter Leidenschaft seinem Sport nachging. Kais Herz klopfte härter und er folgte gebannt jeder von Leons Bewegungen. Ästhetisch, kraftvoll, elegant. Leon war Sportler durch und durch. So wie Kai es liebte. Er meinte, jeden Muskel arbeiten zu sehen.
    „Denk dran“, raunte Burghardt neben ihm, doch Kais Blick hing nun ebenso gebannt, wie der aller anderen Zuschauer an Leon, der über einen

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