Mecklenburger Winter
gegangen war. Federleicht legten sich Leons Finger an den Oberarm, glitten höher und stoppten auf seiner Schulter. Kais Finger verharrten an Leons Lippen.
Gefühlte endlose Minuten lang sahen sie sich nur an, bis sich Kai hinabbeugte und Leon küsste. Dessen Hand rutschte in seinen Nacken, zog ihn dichter heran und er erwiderte den Kuss. Nicht mit derselben wilden, beinahe zornigen Leidenschaft wie vorhin, dennoch sandte jede Berührung Wärme durch Kais Körper. Leon konnte küssen. Und wie. Ob er heimlich geübt hat? Nein, er scheint eher ein Naturtalent zu sein.
„Küssen hast du aber schnell gelernt“, keuchte Kai. „Donnerwetter.“ Leon lächelte. „Ich hatte ein gutes Vorbild“, erklärte er und fügte grinsend hinzu: „Und jemand hat mir gezeigt, wie es geht.“
„Erinnere mich dran, dass ich mich bei dem bedanke.“ Kai zwinkerte ihm zu. „Oder du gibst ihm von mir einen Kuss?“
„Klar doch.“ Leon zog Kai erneut zu sich und gab ihm einen Kuss, der diesen sehnsüchtig aufseufzen ließ. Es geht doch nichts über einen guten Lehrmeister und einen willigen Schüler. Wenn Leon in allem so rasch lernt … Stopp. Aus. Nicht drüber nachdenken. Seufzend ließ Kai den Kopf sinken, bettete ihn auf Leons Brust, die sich gleichmäßig hob und senkte. Er riecht so überirdisch gut. Und er ist hier bei mir. Achtzehn und vielleicht bereit, zu sich selbst zu stehen. Vielleicht. Egal, darüber will ich jetzt nicht nachdenken.
Leons Finger spielten in seinen Haaren. Kai fühlte sich schläfrig und zufrieden. Sein Leon war da. Wäre er eine Katze gewesen, hätte er wohlig geschnurrt und wäre dabei eingeschlafen.
„Danke“, raunte Leons Stimme in den Halbschlaf oder bereits im Traum. „Danke für alles, Kai.“
„Immer doch“, nuschelte dieser zurück, kuschelte sich an sein atmendes Kissen und versank endgültig in tiefen Schlaf.
Die Sonne kitzelte auf der Haut, strich über sein Haar, den Nacken hinunter, wo die warme Berührung einen Moment verhielt. Kai grunzte wohlig. Auf dem Bauch liegend, drückte er den Kopf in das Kissen.
Es würde Frühling. Die Sonne gewann jeden Tag an Kraft, die Tage wurden länger. Bald schon würde der Boden auftauchen und die ersten Grashalme durch die letzten Reste von Schnee und Eis brechen. Nur noch wenige Wochen und er würde wieder einen Wettkampf laufen, den ersten in einer langen Serie von Events dieses Jahr. Bis hin zu der Herausforderung: die Challenge.
Warm streifte die Sonne seine Schulterblätter, wanderte sein Rückgrat entlang. Hach, das tut gut. Kai murmelte Unverständliches in sein Kissen. So angenehm hatte er die Strahlen der Sonne bislang nicht wahrgenommen. So warm schon, nie jedoch hatte er sie so … deutlich empfunden. Er blinzelte und begann zu lächeln.
Natürlich war es nicht die Sonne. Es war Leon, dessen Finger kaum merklich über seinen Körper fuhren, das Rückgrat entlang und vor seinem Hintern verhielten.
„Mach ruhig weiter. Ich schlafe und träume, dass mein Lover mir zärtlich über den Rücken fährt und sehnsuchtsvoll auf meinen Arsch starrt“, nuschelte Kai. Gleich darauf zuckte er zusammen, denn Leon verpasste seinem Allerwertesten einen kräftigen Klaps.
„Verscheißer mich doch nicht dauernd“, brummte er missmutig. Kai drehte sich mit einem empörten Aufschrei um. „Na hör mal“, beschwerte er sich. „Ich hatte da gerade einen fantastischen Traum, mit diesem durchtrainierten, schnuckligen Kerl in meinem Bett, der mir den Nacken krault, mir nette Dinge ins Ohr säuselt und mir mein Frühstück ans Bett bringt. Und du holst mich einfach so in die grausame Realität zurück?“
Leon grinste breiter und ließ sich zurückfallen. „Du bist unverbesserlich“, stöhnte er mit geschlossenen Augen. Vorsichtig öffnete er eins. „Über die Sache mit dem Frühstück lässt sich vielleicht reden.“
„In Echt?“, jubelte Kai, erinnerte sich jedoch sofort daran, dass es Donnerstag war und Leon zur Schule musste und er in seinen Laden. Seufzend ließ er sich zurücksinken. „Schöner Traum. Verwirklichen wir ihn doch an einem Wochenende, wenn du keine Schule hast.“ Leon gab ein unwilliges Schnauben von sich. „Schule ist blöd“, erklärte er im typischen Tonfall eines genervten Schülers. „Die Lehrer interessiert doch nur, ob am Ende irgendeine Studie stimmt und auf die anderen Typen kann ich auch gut verzichten.“ Kai wandte den Kopf und betrachtete ihn. Leon hatte die Arme über dem Kopf verschränkt und
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