Mecklenburger Winter
habe ihn vorher schon oft fotografiert.“ Dirk schlürfte seinen Kaffee und setzte sich. Sie folgten seinem Beispiel und er schob ihnen einen Korb mit Croissants zu. Dankend lehnte Kai ab. Sie hatten bei Susanne und Dirk gut gefrühstückt. Leon nahm sich dennoch ein Croissant und aß mit gutem Appetit.
„Alex war immer ein absolutes Top-Model, irre professionell, cool, immer präsent. Ziemlich arrogant, der konnte sich allerdings auch was einbilden auf sein Talent. Er konnte dir jede Pose, jede Stimmung, jeden Ausdruck produzieren, den man haben wollte.“ Erneut nahm er einen tiefen Schluck, tunkte sein Croissant hinein und schmunzelte, während er damit auf das Bild wies.
„Ich glaube, auf dem Foto zeigt er zum ersten Mal echte Gefühle. Das ist Alex ohne seine Maske.“ Lächelnd schob er sich den Rest in den Mund und fuhr fort: „Mann, wie der seinen Markus mitunter ansieht, da läuft mir eine Gänsehaut den Rücken runter. Wenn das keine Liebe ist. Und die sind nun auch schon einige Jahre zusammen. Fantastisch.“ Seufzend lehnte er sich zurück und warf Kai einen fragenden Blick zu, der gleich darauf zu Leon wanderte. „Was ist mit euch? Läuft es gut?“
Leon verschluckte sich fast an seinem Croissant und auch Kai japste kurz nach Luft. Scheiße! Klar, dass Dirk erahnte, was lief. Der kannte ihn immerhin auch schon lange genug. Auch die unselige Episode mit Paolo hatte er live erlebt. Mist verdammt, was soll ich sagen, ohne Leon zu kompromittieren?
Leons flehender Blick traf ihn und Kai schluckte hart.
„Wir ...“, begann er zögernd, entschloss sich jedoch, einen Sprung zu wagen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob die Eisdecke dieses Mal halten würde. „Wir sind noch nicht so lange zusammen.“ Vorsichtshalber schaute er nur Dirk an. „Wir tasten uns erst heran.“
Bloß keinen Blick zu ihm werfen, bloß nicht sehen, was er davon hält. Nun war es gesagt. Und? Ging davon die Welt unter? Leon musste ja schließlich auch irgendwann kapieren, dass nichts dabei war, zu lieben, einen anderen Mann zu lieben.
„Oh? Aber ihr seid doch das perfekte Paar“, erklärte Feuerdirk im Brustton der Überzeugung. „Und Joschi hat mir doch gerade erzählt, dass du ihn wegen Leon rausgeschmissen hast. Er war ziemlich verstimmt deswegen. Konnte ich ahnen, dass du schon einen Neuen hast?“ Dirk lächelte den wie erstarrt dasitzenden Leon entschuldigend an. „Hätte ich das gewusst, hätte ich Joschi nicht mitgebracht. Aber er schien dich gerne wiedersehen zu wollen und ...“
„Das war nur einmaliger Sex“, unterbrach ihn Kai hastig. „Da lief nie mehr zwischen uns, egal was Joschi dir erzählt hat.“ Leon saß mit dem Rest seines Croissants still da saß.
„Joschi war in dich verknallt, glaube ich zumindest“, bemerkte Dirk stirnrunzelnd und zuckte die Achsel. „Zumindest hatte ich den Eindruck.“ Nachdenklich rieb er sich über das Kinn und schien für einen Moment ganz woanders zu sein. „Ihr beide passt auf jeden Fall gut zusammen. Zwei Sportler. Das finde ich großartig.“
Leon verschlang hastig den letzten Bissen und hielt den Blick zu Boden gesenkt. Kai kam sich wie ein Verräter vor und biss sich auf die Unterlippe. Ob Leon es ihm wirklich übel nahm, dass er sie vor Dirk geoutet hatte? Aber der war sein Freund. Susanne hatte es ja auch schon geahnt. Sollten sie den anderen weiterhin etwas vormachen?
Heute Nacht hatte sich Leon dicht an ihn gedrängt und sie waren gemeinsam aufgewacht. Im ersten Licht des Morgens war Leons Unsicherheit wieder da gewesen, doch er hatte sich nicht völlig zurückgezogen. Am Frühstückstisch hatten sie jedoch brav alles vermieden, was den Verdacht auf eine Beziehung zwischen ihnen lenken könnte.
„Für Leon ist es das erste Mal“, erklärte Kai und hoffte sehr, dass er auf dem spiegelglatten Weg, den er beschritten hatte, nicht ausrutschen und sich das Genick brechen würde.
„Hey, das finde ich klasse. Ist bestimmt nicht einfach auf dem Land, oder? Da schaut einen bestimmt jeder komisch an, wenn man einen anderen Mann liebt.“ Dirk lächelte Leon offen an. Dieser hob zögernd den Blick und rang sich zu einem verlegenen Lächeln durch. Er nickte.
„Es würde keiner verstehen“, erklärte er sehr leise. „Da wirst du sofort beschimpft.“ Kai seufzte innerlich auf und wischte sich imaginären Schweiß von der Stirn. Zumindest sprang Leon nicht sofort auf und flüchtete. Für ihn war es gewiss eine schwierige Situation, gerade weil Kais
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