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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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Freunde extrem locker mit dessen Homosexualität umgingen.
    „Oh ja“, seufzte Dirk. „Ich bin in der Lüneburger Heide aufgewachsen und bisexuell. Meine erste große Liebe war ein Junge zwei Klassen unter mir. Wir haben versucht, es geheim zu halten, aber natürlich hat uns dann doch einer beim Küssen erwischt. Das war ein Skandal. Ich wäre fast von der Schule geflogen, weil ich ihn angeblich verführt haben sollte. Dabei lief da außer Petting nichts zwischen uns.“
    Leon hatte den Kopf gehoben, hörte ihm genau zu und warf Kai einen flüchtigen Blick zu, während Dirk seine Kaffeetasse leerte. Kai versuchte, zuversichtlich zu lächeln. Leon bewegte sich auf kaum weniger glattem Untergrund als er. Wann hatte er sich schon mal über seine Gefühle unterhalten können? Wann hatte ihm jemand erzählt, wie es bei ihm gewesen war. Nicht einmal er selbst hatte ihm etwas darüber erzählt.
    Kai schämte sich plötzlich. Er erwartete von Leon einfach so, dass dieser zu seiner neu entdeckten Homosexualität stand. Allerdings war dieser nicht wie er, hatte nie gelernt, seine Gefühle zu äußern oder gewagt, viel von sich preiszugeben.
    „Meine Kumpels haben mich danach gemieden. Auf jeden Fall hat mein Freund sich nicht mehr getraut, sich mit mir zu treffen“, fuhr Dirk fort und zuckte erneut die Schultern. „Als ich dann ein halbes Jahr später das erste Mal ein Mädchen geküsst habe, war ich plötzlich der große Held in meiner Clique. Verkehrte Welt.“ Er schob Leon den Korb zu und nickte aufmunternd.
    „Lass dir nie erzählen, dass Liebe etwas Verwerfliches ist, egal wen du liebst“, schloss er und zwinkerte Leon aufmunternd zu, der lächelte und noch ein Croissant nahm.
    „Kai ist ein ziemliches Großmaul, kann ein echter Rowdy und Draufgänger sein, aber da drunter schlummert auch ein zahmer Kater, der ab und an gestreichelt werden will“, erklärte Dirk grinsend. „Und mit seinem fanatischen Lauftick muss man halt klarkommen, ansonsten hast du da ein echtes Goldstück erwischt, Leon.“ Kai grinste ebenfalls und freute sich wie ein Schneekönig, als Leon ihm einen belustigten Blick zuwarf. „Habe ich schon gemerkt“, meinte er und verschlang etwas zu hastig das Croissant.
    „Hast du eigentlich noch Lust auf das Fotoshooting, von dem ich dir erzählt habe? Du weißt, das zu Pferde? Läufer und Pferd? Susanne meinte ja, sie kennt jemanden, der das richtige Pferd dazu hat.“ Dirk sah Leon erwartungsvoll an. Dieser nahm sich Zeit, kaute an seinem Bissen herum, bevor er zögernd nickte und Kai weitere freudige Herzsprünge bescherte. „Ja, aber ich habe so etwas noch nie gemacht.“
    „Ach, das macht nichts. Das wird schon werden. Sag mir einfach, wann du Zeit hast, dann treffen wir uns und probieren mal ein bisschen herum. Warte, ich schreibe mir deine Telefonnummer auf und rufe dich nächste Woche mal an, okay?“ Dirk war Feuer und Flamme. Kai auch, wenngleich er es besser verbarg. Ein Fotoshooting mit Leon. Großartig. Natürlich war es noch großartiger, weil er dabei sein würde. Sein Blick wanderte zurück zu dem großformatigen Foto an der Wand.
    Ein Foto. Nur eine Momentaufnahme. Jedoch ein intensiver Moment, ein winziger Teil, ein Schimmer dessen, was diese beiden Männer miteinander teilten.
    Das musste doch auch für ihn und Leon möglich sein.

 
38 Drahtesel gegen Gaul
     
    „Da vorne ist es.“ Kai wies auf das unscheinbare Schild „Christels Araberhof“. Leon bog in die kleine Straße ein. Links und rechts lagen eingezäunte Weiden. Neugierig besah Kai sich die Pferde.
    „Die sind ja fast alle weiß“, meinte er überrascht. „Araber sind meistens Schimmel“, erklärte Leon augenblicklich und sah sich kaum weniger interessiert um. Er parkte vor dem großen Haus. Zwei kleine, weiße Hunde kamen angeschossen und umrundeten bellend das Auto. Kai zögerte, auszusteigen. Als Läufer hatte er so seine speziellen Erfahrungen mit Kötern gemacht, die ihn für ein potentielles Abendbrot auf schnellen Beinen hielten.
    Leon hingegen stieg sofort aus, beugte sich zu den beiden Hunden hinab, kraulte sie hinter den Ohren und lenkte sie geschickt von Kai ab, der seine Chance zum gefahrlosen Aussteigen nutzte. Aus dem Gebäude neben dem Wohnhaus ertönte ein Pfiff und die beiden Hunde sausten sofort zurück in das Dämmerlicht des Stalls.
    Eine stämmige, braunhaarige Frau in grauen Reiterhosen kam lächelnd auf sie zu, das Haar mit einem Kopftuch zurückgebunden. Sie zog ihre lederne

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