Mecklenburger Winter
Leon seinen Arm an.
„Folgen Sie mir, aus den einsamen Weiten Mecklenburgs hinein in das wunderbare, aufregende und gefährliche Nachtleben des schwulen Hamburgs. Ich werde Ihnen Dinge zeigen, von denen Sie bislang nur geträumt haben: einen Haufen tanzender, schwuler Männer, die nicht nur aussehen wie Männer, sondern sich auch so benehmen. Mehr oder weniger. Auf geht es.“
40 Magie des Gaytronic
Die hämmernden Bässe drangen bereits auf dem Parkplatz ins Auto. Es war voll und sie hatten Glück gehabt, dass vor ihnen jemand ausparkte und sie dessen Platz ergattern konnten. Leons Gesicht wirkte ein wenig angespannt. Aufmerksam sah er sich um. Mehrere, eher spärlich gekleidete Männer strebten ebenfalls, zum Eingang des großen Gebäudes inmitten des Parkplatzes.
Von Außen betrachtet ähnelte der Club einem großen, fensterlosen, wenig ansprechenden Betonblock. Kai war früher schon ein paar Mal hier gewesen, musste jedoch zugeben, dass sein Musikgeschmack sich nicht wirklich mit dem des damals zuständigen DJs gedeckt hatte. Sie spielten überwiegend Techno. Leon fand es vermutlich gut. Obwohl … Kai hatte ihn nie gefragt, was für Musik er hörte.
Queen schien Leon gefallen zu haben, aber das konnte auch andere Ursachen gehabt haben. Kai lächelte versonnen vor sich hin und seine Hüften schwangen unbemerkt stärker in Erinnerung an seinen Striptease.
„Ganz schön laut“, kommentierte Leon, als sie sich in die Schlange einreihten. „Jupp“, stimmte Kai zu. „Drinnen ist es noch schlimmer. Da hat man immerhin einen guten Grund, sich mal so richtig anzuschreien. Anders versteht man sich dort nicht. Wenn dir einer zu aufdringlich wird, verpass ihm lieber eine mit der Faust, das geht schneller, als „Nein“ zu brüllen.“ Leon betrachtete ihn einen Moment argwöhnisch, kam jedoch wohl zu dem Schluss, dass Kai es ernst meinte. „Wirklich?“ Er wirkte mit einem Mal unruhig.
„Kannst du Gebärdensprache?“ Kai schmunzelte unschuldig. „Sonst werde ich dich da drinnen nicht verstehen können. Wäre ja gut möglich, dass dich ein gutaussehender Typ anspricht und du ihm aus Versehen signalisierst, dass du ihn viel geiler als mich findest. Was mache ich dann? Wir sollten schnell noch die Gebärde üben für: Nein, ich bin bereits unsterblich in den feschen Typ hier neben mir verknallt und du musst dir einen anderen Arsch suchen“ Er vollführte grinsend seltsame Gesten in der Luft. Leon starrte ihn eine Sekunde lang an, bevor er ihn hart anstieß.
„Mann, Kai.“ Er verdrehte die Augen. Kai hielt sich die Seite und beschwerte sich jammernd: „Was für eine Gebärde war das denn?“
„Die hieß: Du verarschst mich dauernd. Pass auf, dass du dir keine einfängst“, schlug Leon vor und grinste. Seine Augen funkelten frech. Hach, ich liebe ihn echt, seufzte Kai erfreut. Er führte weitere wilde Gesten vor. „Das heißt: Schlag mich ruhig. Ich stehe drauf.“ Leon hob drohend die Hand und Kai wich lachend aus, eilte ihm an die Kasse voraus.
Ein bulliger, glatzköpfiger, in einen schwarzen Anzug gekleideter Türsteher kontrollierte grimmig die Ausweise und Leon wurde bei seinem Anblick schlagartig ernst. Hastig zog er seine Papiere hervor und reihte sich direkt hinter Kai ein. Unstet glitt sein Blick über die anwesenden Männer.
Wie Kai es gewöhnt war, bot sich ihnen eine bunte Mischung aus partyfreudigen Boys, schnuckeligen Twinks, selbstverliebten Schönlingen, haarigen Bären, Ledertypen, verkrachten Existenzen und Tunten, denen man auf einen Kilometer Entfernung bereits das Schwulsein ansah.
Kai lächelte den Türsteher an, dessen Blick seinen Ausweis kaum streifte und deutlich argwöhnischer zu Leon weiterwanderte. Dieser hielt seinen Ausweis wie eine Art Schutzschild hoch und lächelte verhalten. Der Türsteher maß ihn mit einem langen misstrauischen Blick und winkte ihn schließlich brummend weiter. Kai bezahlte für sie den Eintritt und bemerkte zufrieden, dass Leon sich recht dicht neben ihm aufhielt. Für ihn musste dies hier wirklich ein besonderes Abenteuer sein mit vielen unbekannten und gefährlichen Dingen.
Ob er überhaupt schon einmal in einem so großen Club oder gar einer vergleichbaren Diskothek gewesen war? Kai schämte sich, dass er nicht einmal nachgefragt hatte, bevor er ihn hierher verschleppt hatte. Vielleicht hatte er Leon mit diesem Clubbesuch doch überfallen und dieser hatte womöglich nur zugestimmt, um ihm einen Gefallen zu tun? Egal, nun waren sie
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