Mecklenburger Winter
machte ein leises, schnaubendes Geräusch.
„Ich würde gerne … mitkommen, wenn es geht“, erklärte er und fuhr hastig fort, während Kais Ohren die Information noch sorgfältig abwogen, bevor sie ans Gehirn weitergeleitet wurde. „Also nur, wenn das für dich okay ist. Diesen Donnerstag kann ich nicht zum Training kommen, aber Vater hat mir den Samstag freigegeben und ich dachte … also es wäre bestimmt klasse, dich mal dabei zu … sehen.“ Seine Stimme wurde immer unsicherer.
Kai fühlte sich wie betäubt, während die Information endlich sein lahmgelegtes Hirn erreichte und eine Lawine an Glückshormonen lostrat, die ihn freudig erregt zittern ließ. Leon wollte wirklich dabei sein. „Du willst … mitkommen?“ Hörte er sich krächzend an? Ja, verdammt. Kai biss sich hart auf die Lippe. „Also, wenn es dir nicht passt, nicht.“ Leon interpretierte Kais Tonfall falsch. „Doch. Klar, ja.“ Kai verhaspelte sich an den Worten. Leon will mitkommen. Leon wird da sein, an der Strecke stehen, im Ziel. Einfach dabei sein. Wie genial.
Er schluckte hart und räusperte sich. Das fette Grinsen im Gesicht war zum Glück für niemanden zu sehen. „Ich fände es großartig, wenn du dabei bist, Leon. Du wolltest mich doch gewiss mal verschwitzt, abgekämpft, stinkend, schweißtriefend und allgemein megasexy erleben.“ Kai gab seiner Stimme einen leicht lüsternen Tonfall. Leon lachte auf, ging jedoch nicht darauf ein. Vielleicht ist er nicht ganz alleine? Vielleicht kann sein Vater oder auch seine Mutter das Gespräch hören?
„Wann musst du losfahren? Ich komme dann rechtzeitig vorbei“, fuhr Leon fort. „Oh wir müssen sehr früh losfahren.“ Kai war bemüht, seine Stimme neutral und nicht hoffnungsvoll klingen zu lassen. Früh war ja relativ.
Was für eine Gelegenheit. Ein Abend mit Leon. Noch besser: Eine Nacht mit Leon. Eine bessere Vorbereitung konnte es kaum geben. Er würde am Samstag fliegen können, würde dahinschweben, vorbei an all den armen Würmern, die nicht so einen tollen Freund wie er hatten. „Vielleicht ist es besser, du kommst Freitagabend schon her?“
„Ich frage mal, ob das okay ist.“ Leons Tonfall war nicht zu deuten. „Ich sag dir morgen Bescheid. Ich kann aber erst nach 22 Uhr kommen, weil ich noch die Pferde füttern muss.“
„Völlig ausreichend.“ Kais Herz jubelte, sein Körper lechzte nach jeder Sekunde Leon, die in Aussicht gestellt wurde. Eine ungestörte Nacht mit ihm hier bei ihm. Ach wundervoll. Was da alles passieren kann …
Vorfreude ist die größte Freude.
Den Freitag verbrachte Kai in fiebriger Erwartung. Angie war irritiert, denn sie schob seine Fahrigkeit auf den bevorstehenden Wettkampf, der in seiner Wichtigkeit jedoch keinen Anlass für diese Aufregung gab. Zu erklären, was ihn wirklich bewegte, war indes zu schwierig, also beließ Kai sie in dem Glauben.
Kompliziert war es mit Leon allemal. Ein rauf und runter ohne das je klar war, ob es zwischen ihnen eine echte Zukunft gab. Kai wollte daran glauben. Leon war jung und startete unter denkbar schlechtesten Voraussetzungen in sein schwules Leben. Das Hamburger Wochenende hatte gezeigt, wie er ohne diese Belastung sein konnte. Hier war jedoch seine Heimat, seine Eltern, sein übliches Leben, und Kai konnte wirklich nicht erwarten, dass Leon von einem Tag auf den anderen alles umschmiss. Aber so ein bisschen mehr …
Die Uhrzeiger wollten sich nach 22 Uhr partout nicht mehr bewegen, egal wie oft Kai hinstarrte. Obwohl er auf das Klingeln an der Haustür sehnsüchtig gewartet hatte, schreckte er dennoch hoch, als es endlich passierte. Rasch eilte er durch den Flur und riss die Haustür auf. Leon war da.
Der Geruch von Heu und Pferd umgab ihn, die Haare wirkten unordentlich. Er trug seine Stalljacke und Jeans, hatte einen kleinen Rucksack dabei.
„Hey.“ Er lächelte scheu und hob zaghaft die Hand, ließ sie jedoch sofort wieder fallen. Kai schluckte hart, widerstand dem drängenden Wunsch, ihn an sich zu reißen und zu Boden zu küssen. „Schön, dass du da bist“, brachte er beherrscht hervor und trat zur Seite, um Leon einzulassen. Dieser ließ seinen Rucksack zu Boden gleiten und kaum hatte sich die Tür geschlossen, wandte er sich Kai zu.
Einige Sekunden sah er diesen nur an, Unsicherheit in den Augen, dann trat er vor und schlang seine Arme um ihn, vergrub sein Gesicht an dessen Halsbeuge. Kai war verblüfft, reagierte instinktiv und erwiderte die Umarmung. Leon sagte
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