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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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anzurufen, es aber jedes Mal wieder abgebrochen. Was sollte er auch sagen?
    Jede angefangene SMS hatte er vor dem Absenden gelöscht. Leon blieb ein Wunschtraum, auch wenn er noch so attraktiv war, mit seinen langen Reiterbeinen, dem netten Lächeln und den tollen Augen.
    Kai wunderte sich über sich selbst. Natürlich war Leon zwar absolut sein Typ, passte aber vom Alter her definitiv nicht in sein Beuteschema. Ja, er hatte auch schon mit jüngeren Männern heiße Nächte gehabt, der eine oder andere Neunzehn- oder Zwanzigjährige war schon dabei gewesen. Aber Leon wirkte viel jünger und natürlich völlig unerfahren.
    Es gab hier nicht gerade eben viele Möglichkeiten, sich als schwuler Mann zu amüsieren oder gar Gleichgesinnte zu treffen. Gelegentlich fuhr Kai daher nach Hamburg zu seinen Freunden Susanne und Dirk und ging abends auf die Piste. Bei seinem letzten Besuch bei Dirk in Hamburg hatte er einen One-Night-Stand mit einem Schwimmer namens Carsten gehabt. Jeder von ihnen war voll auf seine Kosten gekommen und Carsten hatte ihm hinterher seine Visitenkarte mit den Worten zugesteckt: „Wenn du mal wieder Lust drauf hast, ruf an. Jederzeit. War klasse mit dir.“
    Kai verzog das Gesicht. Es war befriedigend gewesen, aber in Gedanken war er peinlicherweise bei Leon gewesen. Wie er sich wohl anfühlen, wie empfindlich er reagieren wird? Wie wird er sich bewegen, welche Laute von sich geben? Nur zu gerne wollte er ihm zeigen, was ein Mann mit einem Mann tun konnte. Es half nichts, die Erkenntnis kam schleichend: Er hatte sich völlig unpassend in den dunkelblonden Jungen verguckt. Eine Liebe, die so aussichtslos wie das Ende des öden Winters zu sein schien.
    Kai hasste diesen Winter. Er hasste die Kälte, das ewige Eis, den scharfen Wind, die wirbelnden Flocken und das ständige Grau. Jeden Tag gleich, als ob die Welt wirklich in einem unendlichen Winter gefangen wäre. Kein Entkommen, ewiges Grau, andauernde Kälte.
    Mit dem Rad war es nahezu unmöglich geworden, zur Arbeit zu fahren und so hatte er dankbar Dirk Landers Angebot angenommen, dessen Auto für die nächsten Monate zu übernehmen, weil der Fotograf einen Auftrag in Australien angenommen hatte. Damit war Kai immerhin mobil, doch selbst so, war es oft ein Wagnis, auf den Straßen unterwegs zu sein. Vor allem wenn der kalte Ostwind in heftigen Sturmböen pfiff und hartnäckig versuchte, Kai von der Straße abzubringen. Ihre Fehde wurde hart ausgefochten.
    Während der Fahrten dachte Kai oft an Leon, der es bei diesem Wetter sicherlich auch nicht leicht hatte, sich um die Pferde des Hofes zu kümmern. Und das auch noch jeden Tag vor der Schule. Sogar danach.
    Kai wusste mittlerweile, wo der Hof lag, denn er war ein paar Mal daran vorbei gejoggt. Moraas lag auf seiner Runde. Bislang hatte er den Hof nicht wahrgenommen, aber nun blickte er immer hinüber, wenn er vorbei kam. Leon hatte er dabei nicht entdeckt, allerdings war er auch nie so nahe herangekommen. Ein paar Pferde blickten aus ihren Boxenfenstern mindestens ebenso frustriert auf das winterliche Grau, wie er.
    Ein paar Mal war er auf der Internetseite des Reiterhofes gewesen, aber es gab keine Updates. Immerhin konnte er dort Leons Fotos betrachten. Gerne stellte er sich den schlanken Körper ohne alles vor. Wie er ihm die enge Reithose langsam abstreifen würde, Stück für Stück die Haut freilegen. Graugrüne Augen, die unter dem dunkelblonden Haar hervorblitzten, voller Lust. Ein bisschen mies kam Kai sich dabei vor, wenn er bei der Vorstellung Hand an sich legte. Es war eine unzureichende Ersatzbefriedigung, die exakt die Dauer des Orgasmus lang währte.
    Es war unglaublich dumm, sich in Leon zu verlieben. Nicht unbedingt wegen des Alters. Viel komplizierter war die Sache, dass er nun mal hetero war und an dieser Tatsache kam Kai einfach nicht vorbei. Sein Leben erschien ihm plötzlich ungewohnt einsam, wenn er den PC ausschaltete und die Mails und den Chat mit anderen Sportlern oder Lars und Basti beendete.
    Egal wie unerfreulich seine letzte Beziehung gelaufen war, er hatte es genossen, wenn jemand da war, mit dem man sich unterhalten konnte, dessen Geräusche die Wohnung füllten. Jemand, mit dem man zusammensitzen konnte, die Wärme des anderen neben sich spüren, abends vor dem Fernseher, oder nachts im Bett. Es war schön gewesen, aufzuwachen, wenn sich ein anderer Körper an seinen kuschelte.
    Mit Paolo hatte es einfach nicht gepasst. Ständig hatte dieser gemault, wenn Kai sein

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