Mecklenburger Winter
Beifall und lächelte ihn an. „Ich ...“ Erneut sackte Leon ein wenig in sich zusammen und sah Kai unsicher an. „Ich habe ihm aber versprochen … drei Tage die Woche wieder auf dem Hof zu sein. Wegen der Pferde und dem Unterricht. Er schafft es nicht alles alleine und ...“ Sein Lächeln kehrte zurück. „Er hat mit einem Bekannten telefoniert, der ein tolles Springpferd hat, aber selbst zu wenig Zeit dafür ...“
Nachtigall ick hör dir trapsen. Der versucht dich damit nur zu ködern, moserte Kai, biss die Zähne zusammen, damit die Worte ihm nicht entwischen konnten und versuchte krampfhaft, sich nichts anmerken zu lassen. Es war nicht fair, Leon gleich jede Hoffnung auf Versöhnung zu nehmen. Vielleicht gab es wirklich einen Weg, wenngleich Kai es bezweifelte.
„Ich soll es trainieren und hätte dann wieder ein Pferd für den Kader“, fuhr Leon hastig fort, seine Finger spielten mit der Gabel. „Aber ich ...“ Sein Blick richtete sich auf Kai und plötzlich umschloss seine Hand dessen. „Ich habe ihnen aber gesagt, dass ich bei dir wohnen bleiben werde.“ Er schluckte und mit einem Mal wurde Kai unglaublich warm ums Herz, denn der Blick schoss hundert Ampullen pure Liebe in seine Adern. „Und ich mit dir zusammen bin und das auch so bleiben wird.“ Kai wollte nicht hören, was Anneliese und Burghardt dazu gesagt hatten. Wenn er ehrlich war, wollte er es nicht einmal wissen. Scheiß egal. Leon, sein toller Leon hatte es endlich geschafft, sich abzunabeln.
Sein Kuss verschloss die Lippen, die nach Curry schmeckten und nach so viel mehr.
63 Schmerzliche Erfahrung
Der Fahrtwind erzeugte ein leises Summen am Helm, eine angenehme Melodie aus Geschwindigkeit und warmer Luft.
Kai lächelte dem Anstieg entgegen. Der Tag war beinahe perfekt: erstklassiges Wetter, eine schön zu fahrende Strecke, und wenn er heimkehren würde, dann zu einem wunderbaren Lebensgefährten, der heute ebenfalls auf seinem Wettkampf zu Pferde unterwegs war. Das Leben war fantastisch. Besser ging es doch kaum noch. Obwohl ...
Ach, er wäre gerne dabei gewesen, wenn Leon hoch zu Ross durch die Mecklenburger Wälder preschte. Er hätte ihn auch gerne hier gehabt, an der Strecke jubelnd. Aber so war das nun einmal, wenn sie beide Sportler waren, jeder in seiner Disziplin. Sie würden sich heute Abend viel zu erzählen haben und vielleicht eine private, höchst intime Siegesfeier haben.
Kai trat kräftiger in die Pedale und ging den Anstieg entschlossen an. Es war der erste auf der Strecke und nicht der schwerste. Es folgten noch zwei weitere im späteren Teil des Rennens. Die Steigung hier betrug nicht mal einen Kilometer, war dafür aber steil. Ein kurzer Moment im anaeroben Bereich, aber bei der Abfahrt danach konnte sein Körper das Laktat prima wieder abbauen. Wunderbar. Und auf geht es.
Ein plötzlicher, reißender Schmerz im Oberschenkel brachte Kai aus dem Tritt. Das Fahrrad schwankte und sein Fuß rutschte prompt aus der Halterung. Hastig versuchte Kai das Rad zu stabilisieren, aber sein Bein gehorchte ihm nicht. Er kippte und schlug im nächsten Moment auch schon hart auf dem Asphalt auf. Erschrockene Stimmen erklangen ringsum, Reifenbremsen quietschten. In seinem Kopf surrte es, flirrende Punkte, verwirrende Farben flackerten vor seinen Augen. Benommen versuchte er sich aufzurichten. Flüssiges Feuer brannte in seinem Bein, zog sich bis in die Hüfte hoch, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn und jagte ihm Übelkeit in den Magen.
Scheiße, oh nein. Ein Teil von Kais Verstand hatte glasklar begriffen, was passiert war, nur ein unermüdlich kämpfender Teil wollte es nicht wahrhaben und verlor kläglich gegen das Flammenschwert aus Schmerz.
„Scheiße!“ Kai brüllte gequält auf und ballte wütend die Fäuste. Sein Bein pochte, brannte, schmerzte. Etwas war gerissen. Er hatte es gehört, er hatte es gespürt. Gottverdammtnochmal! Eindeutig verletzt. Der Super-GAU, Worst Case Szenario, Weltuntergang. „Scheiße, scheiße, scheiße.“ Kai schrie und fluchte, brüllte den Schmerz und Frust gleichermaßen heraus und hieb die Fäuste auf den Asphalt, bis seine Haut aufplatzte.
Zornig riss er sich den Helm vom Kopf und schleuderte ihn davon. Das darf echt nicht wahr sein, das ist nicht passiert. Nicht jetzt. Nicht so dicht vor der Challenge. Keuchend rang er nach Luft. Er nahm die hilfsbereiten Hände kaum wahr, die ihm hoch halfen und ihn von der Straße brachten. Seine Zunge formte unablässig Flüche
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