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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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beschwörend erscheinenden Blick von Leon auffing. „Ich habe auch noch Kuchen da“, ergänzte Frau Lenkowski freundlich und Kai brachte es prompt nicht mehr über sich, die Worte: „Danke, ich wollte eigentlich nur aufpassen, dass Leon nicht aufgefressen wird. Ich gehe dann mal“, auszusprechen. Es erschien ihm irgendwie nicht ganz passend.
    „Wollen Sie nicht lieber ein Bier trinken, Herr Strelmann?“, kam es nun erwartungsvoll von Burghardt. Kai unterdrückte eine zu deutlich abwehrende Reaktion. Mit diesem Mann, der seinen Leon eine „Schwuchtel“ genannt hatte, freundschaftlich ein Bier zu trinken, gehörte definitiv nicht zu den Zielen in der nächsten Zukunft. Selbst wenn sie Leon enthalten sollten.
    „Ich muss noch Auto fahren“, entschuldigte er sich, betont höflich. „Danke sehr. Ich muss auch gleich wieder los.“ Leon zuckte zusammen, warf ihm einen flehenden Blick zu, aber Kai beschloss ihn, für sein Seelenheil, einfach zu ignorieren. Er konnte Leon nicht vor seinem Vater, oder vor seinen eigenen Lügen oder Halbwahrheiten schützen. Im Grunde war er schon viel zu weit gegangen. Dies hier war nicht seine Baustelle.
    „Wie schade“, meinte Leons Mutter bedauernd. „Ich würde mich sehr freuen, Sie näher kennenzulernen. Leon schwärmt immer so von Ihnen. Vielleicht können Sie ja mal zum Kaffeetrinken vorbei kommen?“ Vielleicht , dachte Kai. Was für ein tolles, unverfängliches Wort. Man verwendete es viel und leicht, damit war seine Bedeutung klar. „Ja, vielleicht“, antwortete er ein wenig unbestimmt. Er konnte nicht verhindern, dass sein Blick an Leon hängen blieb.
    Dieser stand nach wie vor mit hängenden Schultern da. Kai kam sich plötzlich mies vor, dass er Leon einem ungewissen Schicksal überließ. Was wusste er schon, was passieren würde, wenn sich diese Haustür hinter ihm schloss? Er konnte nur hoffen, dass Leons Mutter genug Einfluss auf ihren Mann hatte, um Schlimmeres zu verhindern. Mit einem Mal war sich Kai nicht sicher, ob er wirklich gehen sollte. Hatte er Leon eventuell gerade ausgeliefert?
    „Wir telefonieren später noch einmal, Leon, okay?“, fragte er nach, blickte Burghardt skeptisch an. Wenn du Hand an meinen Leon legst, bist du tot. Ich finde dich, egal wo du dich verstecken solltest. Scheinbar kam seine telepathische Botschaft jedoch nicht so an, denn Herrn Lenkowski lächelte ihn weiterhin freundlich an. Vermutlich ist er eh ein wenig angetrunken, resignierte Kai. Jeder mörderisch drohende Blick ist da verschwendet.  
    „Ist gut“, antworte Leon kaum hörbar. Kai fiel erneut auf, dass er in der Gegenwart seines Vaters kaum etwas sagte und wenn, dann sprach er nur sehr leise. Burghardts Präsenz schien seine ganz zu verschlucken und aus dem fröhlichen Siebzehnjährigen einen schüchternen kleinen Jungen zu machen.
    „Bis zu unserem Männerabend dann“, setzte Kai noch einen drauf, registrierte selbstgefällig, wie Leons Vater seinem Sohn einen überraschten Blick zuwarf. Kai konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen und fand die Gelegenheit günstig. „Ich habe Leon zu unserem Männer-Sportabend übernächsten Samstag eingeladen“, erklärte er und ergänzte verschwörerisch: „Und es wird bestimmt spät werden. Sie wissen schon, bei echten Männergesprächen quatscht man sich immer fest. Daher kann er gerne bei mir übernachten.“
    Burghardts Gesichtsausdruck war zu köstlich. Er schwankte zwischen der unerfreulichen Feststellung, dass Leon ihm nicht bei den Pflichten des Hofes zur Hand gehen konnte und der Problematik, dass er seinem Sohn kaum verbieten konnte, an einem echten Männerabend teilzunehmen. Immerhin entsprach Leon damit ja seinem innigsten Wunsch. Durchaus gehässig schaute Kai ihn an. Leons Vater gab schließlich klein bei. „Das geht wohl in Ordnung“, meinte er ein wenig brummig, lachte dröhnend auf und schlug Leon auf die Schulter, verfehlte sie jedoch und streifte ihn nur. Solidarisch zuckte Kai mit Leon zusammen und letzterer knickte schmerzerfüllt prompt in der Hüfte ein. „Wir haben uns in deinem Alter bei so was auch immer ein bisschen zu viel hinter die Binde gekippt“, fuhr Burghardt zufrieden grinsend fort. „War ja auch mal so jung.“ Abermals lachte er unangenehm grölend auf. „Aber Sonntagmittag bist du wieder da, da ist Kinderstunde. Bis dahin muss dein Kopf wieder auf den Schultern sitzen.“
    „Bis Samstag dann, ich hole Leon ab“, verabschiedete sich Kai, kam nicht umhin, die abrupt

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