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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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Bruder, keine anzüglichen Komplimente über seinen Hintern machen. Nicht, wenn man nicht verdammt schnell laufen konnte. Zum Glück konnte Kai nicht nur schnell sondern auch noch ausdauernd laufen. Der andere nicht.
    Sie standen vor der Tür und Leon holte mit Kai gleichzeitig tief Luft.
    „Bereit?“, fragte dieser nach, war versucht, eine Art Kriegsschrei zu proklamieren, ließ es jedoch bleiben. Leon war angespannt, stand stocksteif, als er klingelte. Noch während er die Hand sinken ließ, sank er auch selbst in sich zusammen, senkte den Blick und starrte auf seine Stiefel. Die Haustür wurde kurz danach geöffnet, doch Leon hob kaum den Kopf.
    „Leon!“, rief seine Mutter erleichtert und erfreut aus, trat vor und zog ihren Sohn in eine herzliche Umarmung. Widerstandslos ließ er es sich gefallen. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht“, murmelte Anneliese, küsste ihn auf die dunkelblonden Haare, ließ ihn los und wandte sich an Kai. „Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin Herr Strelmann.“ Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie.
    „Kommen Sie doch herein, ich mache Ihnen gerne noch einen Kaffee.“ Kai wollte zurücktreten, sich höflich entschuldigen und zurückziehen. Doch da traf ihn Leons Blick und sein Fuß verharrte abrupt in der Rückwärtsbewegung, seine abwehrend erhobenen Hände sackten kraftlos herab. „Ja, gerne“, brachte er hervor, verzog den Mund zu einem Lächeln.
    „Ich kann mich gar nicht genug bei Ihnen bedanken“, fuhr Leons Mutter fort, während sie ihn und Leon in den Flur einließ. Kai schlug sofort der Geruch nach Pferd entgegen. Das kunterbunte Durcheinander an Jacken war noch immer da. „Mein Mann ist ab und an etwas aufbrausend“, sagte Leons Mutter leise entschuldigend und deutete nach links in die Küche. Leon ging voraus, verharrte jedoch im Durchgang zur Küche, als vor ihm die Tür zum Wohnzimmer aufging und sein Vater erschien.
    Burghardt Lenkowski trug eine abgewetzte Jeans und einen dicken Pullover. Sein Gesicht wirkte sogar noch verquollener, als Kai es in Erinnerung hatte. Der Blick wanderte sofort auf seinem Sohn und Leon schien zu schmelzen, sich ganz klein zu machen und wäre wohl zu gerne unsichtbar geworden. Neben ihm sog Leons Mutter schärfer den Atem ein.
    „Bist also wieder da?“, brummte Herr Lenkowski und trat einen Schritt auf Leon zu, der ihn nur kurz kleinmütig anstarrte und den Blick gleich darauf wieder auf seine Füße richtete. Kais Beschützerinstinkt entflammte, wollte ihn sich zwischen die gefährliche Bestie und seinen Leon werfen lassen. Nur ein winziger Funke Verstand hinderte ihn daran.
    „Kannst doch nicht einfach so abhauen“, meinte Burghardt brummend, wirkte mit einem Mal jedoch nicht mehr bedrohlich, eher ein wenig unbeholfen. Kai entspannte sich, aber seine Augen blieben zusammengekniffen, noch war er bereit zum Sprung. „Deine Mutter hat sich ziemliche Sorgen gemacht“, fuhr Burghardt fort. Leon rührte sich derweil nicht, sagte nichts. Leons Vater blickte zu Kai und nickte ihm zu.
    „War nur gut, dass er zu Ihnen gegangen ist. Ist ja ganz schön kalt draußen“, meinte er und fügte förmlich hinzu: „Danke, Herr Strelmann.“ Er zögerte erneut, warf erst Kai und dann seiner Frau einen unsicheren Blick zu, trat auf Leon zu und zog ihn überraschend an sich. Zunächst schien sich Leon dagegen zu sträuben, ließ es jedoch ergeben zu. Sein Vater wuschelte ihm recht grob durch die Haare und brummte: „Tut mir leid, Junge. Das war nicht so gemeint. Manchmal passe ich halt nicht auf, was ich sage. Kann schon mal vorkommen.“ Leon blickte ihn nicht an, sah stattdessen zu Kai und seiner Mutter hinüber. Es war Kai unmöglich, den Blick zu deuten, der entschuldigend aber auch hilfesuchend hätte sein können. Abrupt ließ Burghardt seinen Sohn los, knuffte ihn hart gegen den Arm. „Mach so was nicht wieder, ja?“, gab er noch immer brummelnd von sich. Leon rieb sich den Arm.
    Scheinbar ist er nicht sehr geübt darin, freundlich, umsichtig oder gar wirklich zerknirscht zu sein. Kai verdrehte innerlich die Augen. Immerhin gibt er sich Mühe, beruhigte er versuchsweise seinen gefährlich knurrenden Beschützerinstinkt. Wobei Leon nicht aussah, als ob er diese plötzliche Zuwendung seines Vaters sehr genießen würde. So schnell würde Kai die Klassifizierung „Arschloch“ auch nicht zurücknehmen.
    „Kommen Sie doch in die Küche“, forderte ihn Anneliese auf, just als er noch einen letzten, beinahe

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