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Meconomy

Titel: Meconomy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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Realität derzeit oft noch in eine unzumutbare Vielbeschäftigung oder in Richtung Selbstausbeutung oder gar Scheitern mündet.  
    Dieser Lebensunternehmer denkt seine Biografie eher als Patchwork. In jedem Lebensabschnitt will er einen Entwicklungsschritt ermöglichen, der zur persönlichen Reifung beiträgt. Und zwar sowohl innerhalb als auch jenseits des bezahlten Jobs. (...)
    Das dahinterstehende Interesse am selbstbestimmten Leben ist ungebrochen und in der Werteskala der Menschen mittlerweile weit nach oben gerückt. Arbeit dient mehr denn je der Persönlichkeitsentwicklung und Lebenserfüllung. (...) Selbstverwirklichung ist angesagt. 59 Prozent der jüngeren Arbeitskräfte bis 34 wollen eigene Vorstellungen verwirklichen.
     
    Felixberger nennt als ein Fazit der Expertenrunde, dass Selbstbestimmung und Individualisierung für viele in Zukunft die höchsten Werte sein werden. „Die Menschen wollen künftig ein Leben in Eigenregie führen.“ Dass dies eine „wichtige Zukunftslinie“ ist, scheint also im Kanzleramt angekommen zu sein. Was aber bedeutet das für staatliche Institutionen, für Bildung, Gesetzgebung und die dahinterstehenden Prinzipien von Solidargemeinschaft und Chancengleichheit? Institutionen bildeten dann „nur noch einen administrativen Rahmen“, so Felixberger. Der Kölner Soziologe Heiner Meulemann merkte in der Runde an: „Die Menschen brauchen nach wie vor Institutionen, aber sie wollen selbstbestimmter und reflexiver mit ihnen umgehen.“ Sein Bielefelder Kollege Klaus Hurrelmann spricht statt   von „Individualisierung“ lieber von „Diversifizierung“ und sieht künftig das „Streben nach Selbststeuerung“ im Mittelpunkt, das Gefühl, selbst wirksam zu sein.
    Thomas Perry und Joop de Vries von Sinus Sociovision fürchten, dass die zunehmende Individualisierung die Gesellschaft tiefer spaltet. Die Kluft zwischen Gewinnern und Verlieren werde immer größer: „Während einige Freiheit und Autonomie einfordern, brauchen andere Fairness und Solidarität.“ Die Politik werde zunehmend unter dem Druck stehen, diese Kluft zu überbrücken, die eben nicht die traditionelle zwischen Arm und Reich, Rechts und Links, Modern und Konservativ sei, sondern „eine Kluft, die auf der individuellen Fähigkeit basiert, mit einer immer komplexeren Welt fertig zu werden.“ Ein Spagat für die Politik, so Felixberger. „Einerseits die Talente, die Kreativen, die Unabhängigen – mit Potenzial und Optionen. Äußere Zwänge und Führung lehnen sie ab. Sie sind in der Welt zu Hause, mobil und vernetzt.“ Auf der anderen Seite, so Perry und de Vries, „Menschen, welche die negativen Auswirkungen der Individualisierung erleben“ – Anonymität, Stress, Einsamkeit. Sie erwarten eher Fairness als Freiheit, wünschen sich starke Institutionen.
    Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung gab der Diskussion einen anderen Dreh. Er sieht in der Individualisierung einen entscheidenden Nutzen, nämlich das Entstehen einer neuen, global orientierten Generation: „Eine wachsende Minderheit, die eine kosmopolitische Identität entwickelt.“
    Felixbergers etwas pathetisches Zwischenfazit: Der Mensch stehe heute an der Schwelle zur Freiheit. „Er ist endlich so klarsichtig und gebildet, dass er sich frei machen kann von Kontrolle und Überwachung. Von Staat und Kirche. Von Unmündigkeit und Dummheit!“ Jeder sei „ein Talent, das Grenzen überwindet“. Gleichzeitig hätten immer mehr Menschen Angst davor, erlebten die Freiheit als Unfreiheit.

Neue Strukturen für die Digitalen Ureinwohner
    Sebastian Sooth, der 30-jährige Berliner Protagonist des Coworking, sieht sich und seine Mitstreiter durchaus als Sozialreformer. Mit ihm habe ich mich darüber unterhalten, wie seine Generation zu diesen von Experten und Politikern im Kanzleramt diskutierten Themen steht.

    Sebastian, wenn wir künftig entscheiden, wo und mit wem wir arbeiten – ist das nur ein Teil einer größeren Emanzipationsbewegung hin dazu, sich das Leben, auch mithilfe neuer Techniken, so einzurichten, wie man es gern hätte?
    Sebastian Sooth: Sympathisch finde ich die Open-Everything-Bewegung, die von einem gemeinschaftlichen, offenen Zusammenwirken in allen Bereichen der Gesellschaft ausgeht. Bisher ist Individualismus nur in unserem Freizeitverhalten akzeptiert. Beim aktuell stattfindenden Wandel zur Netzgesellschaft wird sich das aber auf alle anderen Bereiche ausdehnen. Wir werden nicht nur anders arbeiten, sondern auch

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