Media Control
Anhängern die Befürwortung ungezügelter exekutiver Macht und die Verachtung demokratischer Verfahrensweisen ungeahnte Höhen (bzw. Tiefen) erreichte. Dem entsprachen die Propaganda-feldzüge gegen die Medien und die Bevölkerung: So diente die Einrichtung eines dem Außenministerium angegliederten »Amtes für öffentliche Diplomatie in Lateinamerika« [State Departement Office for Latin American Public Diplomacy] der Verwirklichung von Projekten wie der »Operation Wahrheit«, die ein hoher Regierungsbeamter als »eine umfassende psychologische Operation« beschrieb, »vergleichbar denen, die das Militär durchführt, um die Bevölkerung in einem verbotenen oder feindlichen Territorium zu beeinflussen«. 42 Darin drückt sich mit wünschenswerter Klarheit die Haltung gegenüber einer resistenten Öffentlichkeit aus: Sie ist feindliches Territorium, das erobert und unterjocht werden muß.
In den Vasallenstaaten sind die USA, wie gesagt, oftmals gezwungen, die »Demokratie« mit Gewalt »wiederherzustellen«. Innenpolitisch bedarf es dazu subtilerer Methoden: der Herstellung von Konsens, indem man die Massen mit »notwendigen Illusionen« täuscht, und verdeckter Operationen, die von den Medien und dem Kongreß so lange übersehen werden, bis doch alles ans Licht kommt und man in die Phase der Schadensbegrenzung eintreten muß. Dann wird die öffentliche Aufmerksamkeit auf übereifrige Patrioten oder Persönlichkeitsdefekte führender Politiker gerichtet und damit von den institutionellen Faktoren, die für diese Defekte verantwortlich sind, abgelenkt. Aufgabe der freien Presse ist es in diesem Fall, die Vorgänge ernstzunehmen und sie als Beitrag zur Funktionstüchtigkeit unserer zur Selbstreinigung fähigen Institutionen zu verkaufen, die sie zugleich vor dem Zugriff der Öffentlichkeit sorgsam abschirmen.
Darüber hinaus müssen die Medien und die gebildeten Schichten ihren »gesellschaftlichen Zweck« erfüllen, indem sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Konzeption von Demokratie ausführen.
II. Über die Eindämmung des Feindes
Im vorigen Kapitel erwähnte ich drei Möglichkeiten, die Medien zu organisieren:
1. durch Konzernoligopole,
2. durch staatliche Kontrolle,
3. durch eine demokratische Kommunikationspolitik.
Das erste Modell sieht eine demokratische Beteiligung an den Medien ebensowenig vor wie privatwirtschaftliche Konzerne überhaupt. Beim zweiten Modell kommt es auf die Funktionsweise des politischen Systems an, wobei die Medien de facto von den staatstragenden Mächten und einem Apparat von Kulturmanagern abhängig sind, die weitgehend innerhalb der von diesen Mächten gesetzten Grenzen operieren müssen. Mit dem dritten Modell gibt es praktisch so gut wie keine Erfahrungen; es bleibt, genauso wie ein gesellschaftspolitisches System mit inhaltlichem Engagement der Bevölkerung, eine Option für die Zukunft.
Das erste Modell ergibt sich aus der Struktur einer kapitalistischen Demokratie und hat dementsprechend seine konzentrierteste Form in den am weitesten entwickelten Gesellschaften dieses Typs erreicht. Dazu gehören vor allem die Vereinigten Staaten, wo die Medienkonzentration hoch ist, öffentliche Radio- und Fernsehsender ihrem Umfang nach begrenzt und Elemente eines radikaldemokratischen Modells lediglich Randerscheinungen sind. Immerhin gibt es hier und da lokale Sender oder Zeitungen, die von der Hörer- oder Leserschaft unterstützt werden und oftmals einen bemerkenswerten Einfluß auf die soziale und politische Kultur ausüben, indem sie den Gemeinschaften, die von diesen Einrichtungen profitieren, bei der Durchsetzung ihrer Interessen den Rücken stärken. 43 Ansonsten jedoch zeigen die USA, wohin die kapitalistische Demokratie sich entwickelt: Neben der Konzentration in den Medien gibt es die fortschreitende Eliminierung von Gewerkschaften und anderen Organisationen, die der privatwirtschaftlichen Macht in die Quere kommen, ein Wahlsystem, das vom Staat als PR-Kampagne betrieben wird, sowie die Vermeidung wohlfahrtsstaatlicher Maßnahmen, die ebenfalls die Vorrechte der Privilegierten schmälern könnten usw.
Andere westliche Demokratien hinken da noch ein paar Schritte hinterher; insbesondere fehlt ihnen das spezifisch US-amerikanische Einparteiensystem, bei dem zwei Fraktionen von wechselnden Segmenten der Geschäftswelt kontrolliert werden. In Europa und Lateinamerika gibt es noch Parteien, die in einem gewissen Ausmaß die
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