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Media Control

Media Control

Titel: Media Control Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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geregelt werden: »Eine Zeitung, die sich fortwährend weigert, Ansichten Raum zu geben, mit denen sie nicht übereinstimmt, dürfte auf Dauer keinen Erfolg haben und verdient ihn auch nicht.« 241
    Diese Einschätzung hat sich zwar als falsch erwiesen, doch sollte man die Bedenken hinsichtlich einer rechtlichen Verpflichtung nicht auf die leichte Schulter nehmen. De facto behaupten sich nur jene Medien am Markt, die die Darstellung »beider Seiten« eines Problems auf den von den Mächtigen festgelegten Konsens beschränken.
    Es ist vor allem wichtig zu begreifen, welche Stories besser ungedruckt bleiben und welche Quellen unterdrückt werden müssen. Menschen, die aus Ost-Timor oder vor den US-Bombardements in Laos und Kambodscha geflohen sind, können nichts Nützliches berichten. Fernhalten muß man sich auch von den Lagern an der honduranischen Grenze, wo Flüchtlinge »ausnahmslos« bekunden, daß sie »vor der von uns [den USA] unterstützten Armee geflohen sind« und von »Greueltaten der Regierungsarmee, die wir mit Waffen ausrüsten« berichten. Diese Armee führe »eine systematische Terrorkampagne« durch, mit »Mord, Folter, Vergewaltigung und dem Niederbrennen von Feldern« - so der Bericht einer Delegation des US-Kongresses nach der Anfang 1981 vor Ort vorgenommenen Untersuchung der Zustände in ländlichen Gebieten von El Salvador. 242 Ebenso sollte man das Publikum nicht von den Erkenntnissen der Inter-American Development Bank unterrichten, die 1983 in Nicaragua einen »bemerkenswerten Fortschritt auf dem sozialen Sektor« konstatierte, der »eine solide Grundlage für die langfristige sozioökonomische Entwicklung bietet«. Allerdings wurde die Bank auf US-amerikanischen Druck hin daran gehindert, zu diesem Fortschritt beizutragen. 243 Ebenso verschweigt man, wie die Regierung Reagan für die Rückentwicklung Nicaraguas gesorgt hat und läßt lieber James LeMoyne zu Wort kommen, der für die »Bitterkeit und Apathie« in Managua die Sandinisten verantwortlich macht. 244
    Wer das System der Medien angemessen bedienen will, muß begreifen, daß der Terror, den man der PLO, Ghaddafi oder Khomeini zuschreiben kann, Opfer hinterläßt, die unser Mitgefühl verdienen, was für diejenigen, die den Verbrechen der USA und ihrer Verbündeten zum Opfer fallen, nicht gilt. Verantwortungsbewußte Journalisten sehen ein, daß ein Granatenangriff auf israelische Rekruten und ihre Familien, bei dem ein Todesopfer und viele Verwundete zu beklagen sind, mit einem Foto auf die Titelseite gehört, während ein Angriff von Contras auf einen Passagierbus, bei dem zwei Menschen getötet, zwei entführt und viele verwundet wurden, keine Zeile verdient hat. 245
    Die von mir erörterten Methoden der Gedankenkontrolle in demokratischen Gesellschaften sollten indes nicht den Eindruck hinterlassen, das System sei allmächtig. Es gibt Möglichkeiten des Widerstands, die manchmal sehr effektiv genutzt werden.
    Nehmen wir den Fall der vom Westen unterstützten Massaker in Ost-Timor. Die Medien berichteten nichts über die schrecklichen Ereignisse und schwiegen auch zur Mittäterschaft der jeweiligen Regierungen. Dennoch kam die Geschichte schließlich ans Licht, was einigen entschlossenen jungen Menschen zu danken ist, deren Namen nicht weiter bekannt wurden, wie überhaupt diejenigen, deren Handeln zur Verbesserung der Welt beiträgt, in der Historie keine Furore machen. Ihre Bemühungen führten nicht zur sofortigen Beendigung des Terrors, aber immerhin zur Abschwächung der Gewalt, und schließlich konnte das Rote Kreuz zumindest in begrenztem Umfang tätig werden. Auf diese und andere Weise blieb Zehntausenden ein grausamer Tod erspart. Nur wenige Menschen können von sich behaupten, im humanitären Bereich so viel bewirkt zu haben. Man sollte nicht vergessen, daß die potentiellen Opfer mächtiger Staaten eine Überlebenschance haben, wenn ihre Regierungen keine unumschränkte Handlungsfreiheit besitzen.
    Die Vereinigten Staaten sind in dieser Hinsicht sehr viel zivilisierter als noch vor 25 Jahren. Die von den Eliten gefürchtete »Krise der Demokratie« und die damit einhergehende geistige Unabhängigkeit haben die Gesellschaft nachhaltig und insgesamt zum Besseren beeinflußt. Feministische, antirassistische und Umweltbewegungen haben die politische Landschaft verändert, und auch in den Medien sind während der letzten Jahre abweichende Meinungen und kritische Berichterstattungen sehr viel häufiger geworden als in den

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