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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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muß.«
    »Ich sehe einen Mann, der verrückt ist. Ich habe meine Augen davor verschlossen, dass ich nichts von dir weiß.
    Ich glaube, dass du schon vielen Frauen Lebewohl gesagt hast. Das stimmt doch?«
    »Das war nicht das gleiche.«
    Er wollte ihr den Unterschied erklären, doch sie ließ es nicht zu. Sie hatte gut zugehört, und nun erkannte er, welch eine tiefe Wunde er ihr geschlagen hatte.
    »Hast du nicht Angst, dass ich meinem Vater erzähle, dass du mich nur benutzt hast, und dass er jemanden dafür bezahlen könnte, dass du getötet wirst? Oder dass ich dem ersten Priester, den ich treffe, erzähle, dass ein Christ vorhat, die heilige Mutter Kirche zu verspotten?«
    »Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Ich möchte weder an deinem Tod schuld sein noch dich verraten, und ich bin sicher, dass du es mit mir ebenso hältst.«
    »Ich werde nicht auf einen Arzt warten.«
    Er nickte und machte sich Vorwürfe wegen des bitteren Ausdrucks in ihren Augen, als sie sich abwandte.
    Den ganzen Tag beobachtete er sie, wie sie hoch aufgerichtet ritt. Sie drehte sich nicht um, um ihn anzusehen.
    An diesem Abend sprachen Mary und James Cullen lange ernst miteinander. Offensichtlich erzählte sie ihrem Vater nur, dass sie sich entschlossen hatte, nicht zu heiraten, denn kurze Zeit später lagen in dem Lächeln, mit dem Cullen Rob ansah, sowohl Erleichterung als auch Triumph. Cullen sprach mit Seredy, und kurz vor Einbruch der Dunkelheit brachte der Diener zwei Männer ins Lager, die Rob aufgrund ihrer Kleidung und ihres Aussehens für Türken hielt.
    Später erriet er, dass es Führer gewesen waren, denn als er am nächsten Morgen erwachte, waren die Cullens fort.
    Wie es in der Karawane üblich war, rückte nun jeder, der hinter ihnen gereist war, einen Platz vor. Nun folgte Rob nicht mehr Marys schwarzem Wallach, sondern den beiden französischen Brüdern. Er fühlte sich schuldbewußt und traurig, empfand aber auch Erleichterung, denn er hatte nie ans Heiraten gedacht und war schlecht auf diese Möglichkeit vorbereitet gewesen. Er dachte darüber nach, ob er diese Entscheidung getroffen hatte, weil er sich der Medizin verschworen hatte, oder ob er nur in panischer Angst vor einer Ehe geflüchtet war wie seinerzeit der Bader.
    Vielleicht war es beides, dachte er. Du armer, dummer Träumer, sagte er angewidert zu sich, eines Tages wirst du müde, älter und noch liebebedürftiger sein, und doch wirst du dich zweifellos mit einer scharfzüngigen Schlampe zufriedengeben.

    Als die Karawane Babaeski erreichte, wurden sein Schuldbewußtsein und sein Kummer noch größer, denn hier wären sie gemeinsam ausgeschieden, um ihren Vater zu begleiten und ein neues Leben zu beginnen. Doch wenn er an James Cullen dachte, war es ihm lieber, allein zu sein, denn er wusste, dass der Schotte ein unangenehmer Schwiegervater gewesen wäre. Doch er hörte nicht auf, an Mary zu denken.
    Nach zwei Tagen legte sich seine Niedergeschlagenheit allmählich. Als sie wieder einmal zwischen grasbestandenen Hügeln dahinzogen, hörte er ein völlig neues Geräusch, das von fern zu der Karawane drang. Es war ein Klingen, das von Engeln stammen mochte. Als er näher kam, erblickte er zum ersten Mal eine Kamelkarawane. Alle Kamele waren mit Glöckchen behängt, die bei jedem eigenartig schlingernden Schritt der Tiere klingelten.
    Die Kamele waren größer, als er erwartet hatte, höher als ein Mann und länger als ein Pferd. Ihre komisch anmutenden Gesichter wirkten ruhig und zugleich unheimlich. Die Tiere hatten große, offene Nüstern, herabhängende Lippen und klare Augen, die halb hinter den Lidern mit langen Wimpern verborgen waren und ihnen ein merkwürdig weibliches Aussehen verliehen. Sie waren aneinandergebunden und mit riesigen Bündeln Gerstenstroh beladen, das zwischen ihren beiden Höckern aufgeschichtet war.
    Auf dem Strohbündel jedes siebenten oder achten Kamels saß ein magerer, dunkelhäutiger Treiber, der nur mit einem Turban und einem zerlumpten Lendenschurz bekleidet war. Gelegentlich feuerte einer der Männer die Tiere mit einem »Hat! Hat! Hat!« an, um das sich seine schwankenden Schutzbefohlenen kaum kümmerten. Die Kamele ergriffen Besitz von der welligen Landschaft. Rob zählte beinahe dreihundert Tiere, bis die letzten in der Ferne verschwammen und das wunderbare, klingelnde Flüstern ihrer Glocken verklang.
    Obwohl Rob kein Wasser sehen konnte, sagte ihm Simon, dass sich südlich von ihnen das Marmarameer und nördlich das

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