Medicus 01 - Der Medicus
Meister Cole?«
»Nein, in ein paar Tagen reise ich weiter nach Osten mit der Hoffnung, Heilkräuter kaufen zu können, die ich nach England mitnehmen will.« Der Priester nickte. »Habt Ihr unsere Kathedrale der heiligen Sophia besucht?« fragte er und war entsetzt, als Rob lächelnd den Kopf schüttelte. »Aber das müßt Ihr tun, mein neuer Freund, bevor Ihr weiterreist! Ihr müßt! Denn sie ist das größte Kirchenwunder der Welt. Sie wurde auf Konstantins Befehl errichtet, und als dieser ehrwürdige Kaiser zum erstenmal die Kathedrale betrat, fiel er auf die Knie und rief: >Ich habe besser gebaut als Salomon!<«
Der Alkohol und die Meeresluft verhalfen Rob zu einem tiefen, traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen genoß er noch einmal den Luxus der Augustinischen Bäder, kaufte auf der Straße ein Frühstück aus Fladen und frischen Pflaumen und ging dann zum jüdischen Basar. Auf dem Markt wählte er sorgfältig, denn er hatte sich jedes Stück genau überlegt. Er hatte in Tryavna ein paar leinene Gebetsschals gesehen, aber die Männer, die er dort am meisten geachtet hatte, hatten Wolle getragen; also kaufte er jetzt für sich einen viereckigen Wollschal, der wie die Unterwäsche, die er am vorhergehenden Tag gefunden hatte, mit Fransen versehen war.
Er kam sich komisch vor, als er einen Satz der ledernen Gebetsriemen kaufte, die die Juden während ihres Morgengebetes auf der Stirn befestigten und um den Arm wickelten.
Er hatte jeden Einkauf bei einem anderen Händler getätigt. Einer verfügte über eine besonders große Auswahl an Kaftanen. Der Mann konnte nicht Persisch, aber mit Gebärden verständigten sie sich dennoch. Zwar war kein Kaftan groß genug, aber der Verkäufer bedeutete Rob, dass er warten solle, und dann lief er zu der Bude des alten Mannes, der Rob den tsitsit verkauft hatte. Der hatte größere Kaftane, und bald darauf hatte Rob zwei erstanden.
Er packte seine Habseligkeiten in einen Kleidersack, verließ den Basar auf einer Straße, die er noch nicht kannte, und erblickte bald eine so herrliche Kirche, dass es nur die Kathedrale der heiligen Sophia sein konnte. Er trat durch das riesige Bronzeportal ein und befand sich in einem gewaltigen Raum von hinreißenden Proportionen, in dem Pfeiler in Bogen, Bogen in Gewölbe und Gewölbe in eine so hohe Kuppel übergingen, dass Rob sich ganz klein vorkam. Der schier endlose Raum des Mittelschiffs wurde von lausenden Dochten beleuchtet, die sanft und hell in Ölschalen brannten und sich glitzernd viel stärker widerspiegelten, als Rob es in einer Kirche gewohnt war.
Er erkannte, dass dies an den goldgerahmten Ikonen und Wänden aus kostbarem Marmor lag, auch wenn das Gold und der Prunk für seinen englischen Geschmack zuviel waren.
Der größte Teil des Schiffs war leer, und er setzte sich hinten in eine leere, geschnitzte Bank unter die gekrümmte Gestalt, die am Kreuz hing. Er hatte das Gefühl, dass ihm die starren Augen in die Seele blickten und dass sie den Inhalt des Kleidersacks kannten. Er war nicht fromm erzogen worden, doch trotz des Unterfangens, das er plante, überkamen ihn seltsamerweise religiöse Gefühle. Er wusste, dass er die Kathedrale nicht umsonst betreten hatte. So stand er auf und blieb eine Zeitlang schweigend stehen, um sich der Herausforderung dieser Augen zu stellen. Schließlich sagte er laut: »Es muss getan werden. Aber ich verlasse dich nicht.«
Kurze Zeit später, nachdem er den Hügel mit den steinernen Stufen emporgestiegen war und sich wieder in seinem Zimmer befand, war er weniger sicher.
Er stellte den kleinen Stahlwürfel auf den Tisch, in dessen polierten Stahlflächen er sich für gewöhnlich beim Rasieren spiegelte, und schnitt mit einem Messer die Haare, die ihm jetzt lang und wirr über die Ohren fielen. Er hörte erst auf, als nur noch die rituellen Ohrlocken übrig waren, die die Juden peot nannten. Dann entkleidete er sich und legte befangen den tsitsit an, denn er erwartete beinahe, dass er heimgesucht werde. Die Fransen schienen über sein Fleisch zu kriechen.
Sein Bart war unleugbar noch spärlich. Er ordnete die Ohrlocken so, dass sie lose unter dem glockenförmigen Judenhut hingen. Der Lederhut erwies sich als ein besonders günstiges Geschenk, weil er so offensichtlich alt und gebraucht war.
Dennoch fürchtete er, als er das Zimmer wieder verließ und auf die Straße ging, dass dieser Wahnsinn nicht klappen würde; er wartete darauf, dass jeder, der ihn sah, vor Lachen brüllte. Ich
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