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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Rob. Sie ließen ihn hinten im Wagen auf einigen Reissäcken Platz nehmen und hasteten mit ihm davon.
    Sie verließen die Stadt in einer wahren Verkehrskolonne, die aus Höflingen zu Pferde und in Sänften bestand.
    Dazwischen fuhren die verschiedensten Wagen, die Geräte und Vorräte beförderten. Trotz seines einfachen Gefährts fühlte sich Rob königlich, denn er war noch nie über frisch geschotterte und mit Wasser besprengte Straßen gefahren. Jener Teil der Straße, auf dem, wie die Soldaten erzählten, nur der Schah reiste, war mit Blumen bestreut.
    Die Fahrt endete vor dem Haus von Rotun ben Nasr, einem General der Armee. Der entfernte Vetter des Schahs war Ehrenvorsitzender der madrassa . »Das ist er«, sagte einer der Soldaten zu Rob und zeigte auf einen strahlenden, redseligen, affektierten, dicken Mann. Der stattliche Besitz umfaßte ausgedehnte Ländereien. Die Belustigung des Schahs begann in einem weitläufigen, gepflegten Garten, in dessen Mitte ein großer Marmorbrunnen plätscherte. Rund um das Becken waren Teppiche aus Seide und Goldfäden ausgebreitet worden, die mit reich bestickten Kissen übersät waren. Diener eilten überall mit Tabletts umher, die mit Zuckerwerk, Bäckereien, parfümierten Weinen und anderen duftenden Getränken beladen waren. Außerhalb eines Tores an der Längsseite des Gartens bewachte ein Eunuch mit blankem Schwert ein drittes Tor, das zum Harem führte. Nach mohammedanischem Gesetz durfte nur der Herr des Hauses die Gemächer der Frauen betreten, und jeder männliche Eindringling mußte damit rechnen, daß ihm der Bauch aufgeschlitzt wurde. Somit hielt sich Rob gern vom dritten Tor entfernt und wanderte aus dem Garten hinaus auf einen angrenzenden offenen Platz voller Tiere, Adeliger, Sklaven, Diener und einem Heer von Gauklern und anderen Unterhaltungskünstlern, die alle zugleich übten.
    Eine Schar edler vierbeiniger Geschöpfe war hier versammelt. In jeweils zwanzig Schritt Entfernung voneinander war ein Dutzend der erlesensten Araberschimmelhengste, die er je gesehen hatte, angebunden. Ihre mutigen, dunklen Augen blickten nervös und stolz. Ihr Geschirr war einer näheren Betrachtung wert, denn vier der Zaumzeuge waren mit Smaragden, zwei mit Rubinen, drei mit Diamanten und drei mit verschiedenfarbigen Edelsteinen verziert, die Rob nicht benennen konnte. Die Pferde waren in tief herabhängende, deckenartige Schabracken aus perlenbesetztem Goldbrokat gehüllt und mit geflochtenen Kordeln aus Seide und Gold an Ringe gebunden, die an dicken, goldenen, in den Boden getriebenen Stiften befestigt waren. Dreißig Schritt von den Pferden entfernt sah er wilde Tiere: zwei Löwen, einen Tiger und einen Leoparden; jedes einzelne ein prächtiges Exemplar auf einem eigenen, großen, scharlachroten Teppich. Die Raubtiere waren auf die gleiche Weise angebunden wie die Pferde, vor jedem stand eine goldene Wasserschüssel.
    In einem Gehege dahinter stand ein halbes Dutzend weißer Antilopen beisammen, deren lange Hörner - anders als bei den Hirschen in England - vollkommen gerade waren. Sie beäugten ängstlich die Großkatzen, die sie schläfrig anblinzelten.
    Doch Rob verbrachte nur wenig Zeit bei diesen Tieren, er kümmerte sich kaum um all die Gladiatoren, Ringer, Bogenschützen und dergleichen, sondern lief an ihnen vorbei zu einem riesigen Geschöpf, das sofort seine Aufmerksamkeit erregte. In Reichweite von ihm blieb er stehen: Es war der erste lebende Elefant, den er sah.
    Das Tier war noch massiger, als Rob erwartet hatte, und viel größer als jene Bronzestatue, die er in Konstantinopel gesehen hatte. Der Elefant war um die Hälfte höher als ein hochgewachsener Mann. Jedes seiner vier Beine glich einer dicken Säule, die in einem kreisrunden Fuß endete. Die faltige Haut schien für den Körper zu weit zu sein, war grau und von großen rosa Flecken übersät, die wie Flechten auf einem Felsen aussahen. Der gewölbte Rücken war höher als die Schulter, und vom Rumpf baumelte ein dickes Seil von Schwanz mit ausgefranstem Ende. Im Verhältnis zum riesigen Kopf erschienen die rosa Augen winzig, obwohl sie gar nicht so klein waren. Auf der schrägen Stirn befanden sich zwei kleine Höcker, als würden dort Hörner erfolglos versuchen durchzubrechen. Die sanft schwingenden Ohren waren beinahe so groß wie der Schild eines Kriegers, aber das hervorstechendste Merkmal dieses außergewöhnlichen Geschöpfes war seine Nase, die sich gleich einer riesigen Schlange dem

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