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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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waren, erhielt jeder Spieler einen langen, elastischen Stock, der am Ende gekrümmt war.
    An den beiden Schmalseiten des langen Spielfeldes befanden sich je zwei ungefähr acht Schritt voneinander entfernte Steinsäulen. Jede Mannschaft galoppierte auf ihren Pferden zu einem solchen Tor, stellte sich davor in einer Reihe auf, so daß sich die Reiter wie feindliche Armeen gegenüberstanden. Ein Offizier, der als Schiedsrichter eingesetzt war, stand abseits von ihnen und rollte einen Holzball von der Größe eines Apfels in die Mitte des Feldes. Die Zuschauer begannen zu schreien. Die Pferde stürmten in scharfem Galopp aufeinander zu, die Reiter schwenkten schreiend ihre Stöcke.
    Mein Gott, dachte Rob entsetzt. Gebt acht, gebt acht! Drei Pferde stießen mit einem widerlichen Geräusch zusammen, eines von ihnen stürzte und überschlug sich, so daß sein Reiter in hohem Bogen davonflog. Der Schah riß seinen Stock herum, traf den Holzball voll, und die Pferde stürmten hinter ihm her, daß aus dem Rasen Fetzen flogen und die Hufe trommelten.
    Das gestürzte Pferd wieherte schrill, als es versuchte, auf dem gebrochenen Sprunggelenk zu stehen. Ein paar Reitknechte kamen herbei, schnitten ihm die Kehle durch und schleppten es vom Feld, noch bevor sein Reiter auf die Füße gekommen war. Der hielt sich den linken Arm und lächelte mit zusammengebissenen Zähnen. Rob nahm an, daß der Arm gebrochen war, und näherte sich dem Verletzten.
    »Soll ich Euch helfen?«
    »Seid Ihr ein Medicus?«
    »Ein Baderchirurg und Student im maristan .«
    Der Adelige verzog erstaunt und empört das Gesicht. »Nein, nein! Wir müssen Abu Ubaid al-Juzjani rufen«, wehrte er ab, und sie führten ihn weg.
    Sofort wurden ein anderes Pferd und ein frischer Mann ins Spiel genommen. Die acht Reiter hatten anscheinend vergessen, daß sie spielten. Sie trieben, als würden sie eine Schlacht austragen, ihre Pferde mit Peitschenhieben aufeinander zu, und beim Versuch, den Ball zu treffen und ihn zwischen die Torpfosten zu treiben, schlugen sie in gefährlicher Nähe ihrer Gegner und deren Pferden herum. Auf den Schah wurde keine Rücksicht genommen.
    Männer, die sonst zweifellos getötet worden wären, wenn sie ihrem Herrscher einen verärgerten Blick zugeworfen hätten, taten jetzt ihr Bestes, um ihn zum Krüppel zu schlagen, und dem Murren und Flüstern der Zuschauer entnahm Rob, daß es ihnen nicht mißfallen hätte, wenn Alã Shahansha von einem Stockschlag getroffen oder abgeworfen worden wäre. Doch der Schah entging diesem Mißgeschick. Er ritt rücksichtslos wie die anderen, aber mit verblüffender Geschicklichkeit und lenkte sein Pony, ohne die Hände zu gebrauchen, die den Stock hielten, mit kaum erkennbarem Schenkeldruck. Er saß kräftig und selbstsicher im Sattel und ritt, als wäre er mit seinem Pferd verwachsen. Er beherrschte die Reitkunst auf eine Weise, wie Rob sie noch nie erlebt hatte. Verlegen dachte der an den alten Mann, der ihn nach der englischen Reitkunst gefragt und dem er versichert hatte, daß es um sie vortrefflich bestellt sei.
    Die Luft war mit Staub erfüllt, und die Zuschauer schrien sich heiser. Trommeln dröhnten, und Zimbeln wurden ekstatisch aneinander geschlagen, wenn jemand einen Treffer erzielte, und schließlich hatte die Mannschaft des Schahs den Ball fünfmal zwischen die Pfosten getrieben, ihre Gegner jedoch nur dreimal. Das Spiel war zu Ende. Alãs Augen leuchteten zufrieden, als er abstieg, denn allein er hatte zwei Treffer erzielt. Während die Ponys weggeführt wurden, pflockte man zwei junge Stiere in der Mitte des Feldes an, und zwei Löwen wurden auf sie losgelassen. Der Kampf war erstaunlich ungerecht, denn kaum waren die Großkatzen frei, wurden die Stiere von ihren Treibern niedergerissen. Man schlug ihnen Äxte über die Schädel und ließ dann die Raubtiere das noch zuckende Fleisch zerreißen. Doch Rob begriff, daß hier menschliche Hilfe gewährt wurde, weil Alã Shahansha der Löwe von Persien war. Es wäre ungehörig und ein schlimmes Vorzeichen gewesen, wenn durch einen unglücklichen Zufall während dieser Belustigung ein Stier den Sieg über das Symbol der unerschütterlichen Macht des Königs der Könige errungen hätte.

    Im Garten wiegten sich jetzt vier verschleierte Frauen zur Musik von Pfeifen im Takt, während ein Dichter von den buri sang, den blühenden, sinnlichen Jungfrauen des Paradieses. Alã Shahansha erhob sich, verließ die Menschen am Teich, ging an dem Eunuchen mit dem

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