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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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nur drei von Schiras zurück.

Die Gebeine eines Ermordeten
    Als Rob zurückkehrte, kam ihm Isfahan unwirklich vor, denn die Stadt war voller gesunder Menschen, die lachten oder stritten. Zwischen ihnen herumzugehen war für Rob ungewohnt, als stünde die Welt schief.
    Ibn Sina war betrübt, aber nicht überrascht, als er von der Fahnenflucht und den Todesfällen hörte. Das Buch mit Robs Aufzeichnungen nahm er gespannt in Empfang. Während des Monats, den die drei Studenten in dem Haus auf Ibrahims Felsen zugebracht hatten, um sicherzugehen, daß sie die Pest nicht einschleppten, hatte Rob einen langen, ausführlichen Abschlußbericht über ihre Arbeit in Schiras verfaßt.
    Er stellte in seinen Aufzeichnungen unmißverständlich fest, daß die beiden Kameraden ihm das Leben gerettet hatten, und lobte sie wärmstens.
    »Auch Karim?« fragte ihn Ibn Sina, als sie allein waren. Rob zögerte, denn er hielt es für anmaßend, einen Studienkollegen zu beurteilen. Doch er holte tief Luft und beantwortete die Frage. »Er hat vielleicht Schwierigkeiten mit seinen Prüfungen, aber er ist bereits ein wunderbarer Arzt, ruhig und entschlossen bei Katastrophen und voll Mitgefühl mit den Leidenden.«
    Ibn Sina schien zufrieden. »Und jetzt mußt du das Haus des Paradieses aufsuchen und Alã Shahansha Bericht erstatten, denn der Schah will unbedingt über das Treiben der Seldschuken in Schiras sprechen.«

    Der Winter ging dem Ende zu, gab aber noch kräftige Lebenszeichen von sich, und im Palast war es kalt. Khuffs schwere Stiefel hallten auf den Steinböden, als Rob ihm durch die dunklen Korridore folgte. Alã Shahansha saß allein an einem großen Tisch.
    »Jesse ben Benjamin, Majestät.« Der Stadthauptmann zog sich zurück, während Rob den ravi zemin ausführte.
    »Du kannst dich zu mir setzen, Dhimmi , und ziehe das Tischtuch über deine Knie!« wies ihn der König an. Als Rob der Aufforderung Folge leistete, erlebte er eine angenehme Überraschung. Der Tisch stand über einem Rost am Boden, durch den die Wärme der unterhalb befindlichen Öfen wohlig heraufdrang.
    Rob wußte, daß er den Monarchen nicht zu lange oder zu direkt ansehen durfte, aber er hatte bereits die Anzeichen bemerkt, die die am Markt umlaufenden Gerüchte von dem zunehmend ausschweifenden Leben des Schahs bestätigten. Alãs Augen brannten wie die eines Wolfes, und die glatten Flächen seines mageren Raubvogelgesichts wirkten schlaff, zweifellos die Folge des übermäßigen Genusses von Wein.
    Vor dem Schah lag ein abwechselnd in helle und dunkle Quadrate unterteiltes Brett, auf dem kunstvoll geschnitzte Elfenbeinfiguren aufgestellt waren. Daneben standen Becher und ein Krug Wein. Alã schenkte für beide ein und stürzte seinen Wein rasch hinunter. »Trink ihn, trink ihn! Der Wein wird dich zu einem fröhlichen Juden machen.« Die geröteten Augen blickten befehlsgewohnt. »Ich ersuche um Eure gütige Erlaubnis, davon Abstand nehmen zu dürfen. Er macht mich nicht fröhlich, Majestät. Er macht mich verdrossen und wütend, deshalb kann ich den Wein nicht genießen wie andere, glücklichere Menschen.«
    Damit hatte er die Aufmerksamkeit des Schahs erregt. »Er ist auch daran schuld, daß ich jeden Morgen mit heftigen Schmerzen hinter den Augen und zitternden Händen erwache. Du bist Medicus. Gibt es ein Heilmittel dagegen?«
    Rob lächelte. »Weniger Wein, Hoheit, und häufigere Ausritte in der reinen Luft Persiens.«
    Die scharfen Augen suchten nach einem Anzeichen von Unverschämtheit in Robs Gesicht, fanden aber keines.
    »Dann mußt du mit mir ausreiten, Dhimmi .«
    »Ich stehe Euch zu Diensten, Majestät.«
    Alã winkte mit der Hand, zum Zeichen, daß dies abgemacht war. »Laß uns jetzt über die Seldschuken in Schiras sprechen. Du mußt mir alles erzählen.«
    Der Schah hörte aufmerksam zu, während Rob eingehend schilderte, was er über die Streitkräfte wußte, die in Anshan eingefallen waren. Schließlich nickte der Schah. »Unser Feind im Nordwesten hat uns umzingelt und versucht, sich im Südosten von uns festzusetzen. Hätten sie ganz Anshan erobert und besetzt, wäre Isfahan nur ein Häppchen für den großen Appetit der Seldschuken.« Er schlug auf den Tisch. »Allah sei gesegnet, daß er ihnen die Pest geschickt hat. Wenn sie wiederkommen, werden wir bereit sein.« Dann schob er das große karierte Brett so, daß es zwischen ihnen lag. »Du kennst diesen Zeitvertreib?«
    »Nein, Majestät.«
    »Unsere alte Beschäftigung. Wenn man

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