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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Entrüstung erblaßtes Gesicht zuwandte, weil Studenten seiner Akademie sich derart aufführten.
    Der Rest des Tages und der Abend wurden zu einem Fest, das sie ihr Leben lang nicht vergaßen.
    »Ihr müßt zu mir kommen, damit ich euch bewirten kann«, forderte Mirdin sie auf.
    Es war das erste Mal, daß er sie zu sich nach Hause einlud, das erste Mal, daß sie einander Einblick in ihre private Welt gewährten. Mirdins Wohnung bestand aus zwei gemieteten Räumen in einem Haus neben dem Gebäude der Haus-von-Zion-Synagoge, von Robs Domizil aus gesehen auf der anderen Seite. Seine Familie war eine erfreuliche Überraschung. Die schüchterne Frau, Fara, klein, dunkel, mit tiefsitzendem Gesäß und ruhigem Blick. Dazu die zwei Söhne mit rundem Gesicht, David und Issachar, die sich an die Röcke ihrer Mutter klammerten. Fara trug süße Kuchen und Wein auf, sie war offensichtlich auf die Feier vorbereitet, und nach etlichen Trinksprüchen gingen die Freunde wieder fort, zu einem Schneider, der dem frischgebackenen hakim für ein schwarzes Ärztehabit Maß nahm. »Das ist eine Nacht für die maidans !« erklärte Rob, und so trafen sie sich am Abend in einem Speiselokal mit Blick auf den großen Hauptplatz der Stadt. Sie nahmen eine erstklassige persische Mahlzeit ein und bestellten immer von neuem aromatischen Wein, den Karim kaum brauchte, denn er war trunken vor Glück über seine neue Würde.
    Sie befaßten sich genau mit jeder Prüfungsfrage und jeder seiner Antworten.
    »Ibn Sina stellte mir die Fragen in Medizin. >Was sind die verschiedenen Erkenntnisse, die man vom Schweiß erhält, Kandidat?... Sehr gut, Karim, sehr vollständig... Und was sind die allgemeinen Anzeichen, die wir für eine Prognose verwenden? Würdest du jetzt über die richtige Hygiene für einen Reisenden zu Lande und zur See sprechen ?< Es war fast, als wüßte er, daß Medizin meine Stärke ist und die anderen Wissensgebiete meine Schwäche sind.
    Sajjid Sa'di forderte mich auf, über Platos Lehre zu sprechen, nach der alle Menschen das Glück erstreben, und ich war froh, Mirdin, daß wir sie so intensiv studiert haben. Ich antwortete ausführlich, mit vielen Hinweisen auf die Meinung des Propheten, daß Glück Allahs Lohn für Gehorsam und gläubiges Gebet ist. Und damit war diese Gefahr überstanden.«
    »Und was war mit Nadir Bukh?« fragte Rob.
    »Der Jurist.« Karim schauderte. »Er verlangte von mir, den fiqh hinsichtlich der Bestrafung von Verbrechern zu interpretieren. Ich konnte nicht nachdenken. Also sagte ich, daß jede Bestrafung auf den Schriften Mohammeds beruhe - Er sei gesegnet! -, laut denen wir alle auf dieser Welt aufeinander angewiesen sind, obgleich wir jetzt und immerdar ausschließlich auf Allah angewiesen sind. Die Verfügung über die Seele bleibt somit vollkommen Allah überlassen, der für die Bestrafung aller Sünder sorgt.« Rob starrte ihn an. »Und was bedeutet das?«
    »Das weiß ich jetzt nicht. Vorhin wußte ich es auch nicht. Ich merkte, wie Nadir Bukh über die Antwort nachdachte, um zu sehen, ob sie ein Faktum enthielt, das er nicht erkannt hatte. Doch dann stellte mir Ibn Sina die Aufgabe, den Saft des Blutes zu beschreiben, worauf ich mit seinen eigenen Worten aus den beiden Büchern antwortete, die er über das Thema verfaßt hat - und die Prüfung war zu Ende.« Sie brüllten, bis sie weinten, und tranken immer wieder. Als sie schließlich nicht mehr trinken konnten, torkelten sie auf die Straße hinter dem maidan und winkten dem Maultierwagen mit der Lilie auf der Tür. Rob setzte sich neben den Zuhälter auf den Kutschbock, Mirdin schlief mit dem Kopf auf dem stattlichen Schoß der Hure Lorna ein, und Karim legte seinen Kopf auf ihren Busen und sang Schlummerlieder.
    Faras sanfte Augen weiteten sich vor Besorgnis, als sie ihren Mann halb in seine Wohnung trugen. »Ist er krank?«
    »Er ist betrunken. Wie wir alle«, erklärte Rob, und sie kehrten zur Kutsche zurück. Diese brachte sie zu dem kleinen Haus in der Jehuddijeh, wo Rob und Karim auf den Boden sanken, sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, und angekleidet einschliefen. Während der Nacht weckte Rob ein leises, krächzendes Geräusch, und er wußte, daß Karim weinte.
    Bei Morgengrauen wurde er wieder geweckt, weil sein Besucher schon aufstand. Rob stöhnte. Ich sollte überhaupt nicht trinken, dachte er verdrossen.
    »Es tut mir leid, daß ich dich störe. Ich muß laufen.«
    »Laufen? Ausgerechnet heute morgen? Nach dem

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