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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Karim an. »Ich kümmere mich um ihn. Lauf weiter!«
    Karim drehte sich um und lief, als hätte sich die Kraft des Inders in seine Glieder übertragen und als hätte Allah mit der Stimme des Dhimmis zu ihm gesprochen. Er begann wirklich zu glauben, daß jetzt sein Moment gekommen war.

    Er lief fast die ganze Runde hinter al-Harãt her. Auf der Straße der Vorkämpfer kam er einmal nahe an ihn heran, und sein Gegner warf einen Blick zurück. Sie hatten einander in Hamadhãn kennengelernt, und al-Harãt erkannte ihn. Er steigerte sein Tempo und führte bald wieder mit zweihundert Schritt Vorsprung.
    Karim nahm den siebenten Pfeil, und Mirdin berichtete ihm über die anderen Läufer, während er ihm Wasser gab und ihn mit der gelben Salbe einschmierte.
    »Du liegst an vierter Stelle. An erster Stelle befindet sich ein Afghane, dessen Name ich nicht kenne. Ein Mann aus al-Rayy namens Mahdavi ist zweiter. Dann kommen al-Harãt und du.«
    Eineinhalb Runden folgte er al-Harãt, als wisse er, wo er hingehöre. In Ghazna, einem Gebiet mit hohen Bergen, liefen die Afghanen in Höhen, in denen die Luft dünn war, und es hieß, daß sie in niedrigeren Lagen nicht müde wurden. Er hatte auch gehört, daß Mahdavi aus al-Rayy ein sehr guter Läufer sei.
    Während er die kurze, steile Strecke auf der Allee der tausend Gärten hinunterlief, sah er einen benommenen Läufer am Straßenrand, der sich die rechte Seite hielt und weinte. Sie liefen an ihm vorbei, aber Jesse brachte bald die Nachricht, daß es Mahdavi gewesen sei. Karim hatte wieder starkes Seitenstechen, und beide Füße schmerzten. Der Ruf zum dritten Gebet erreichte ihn, als er die neunte Runde begann. Das dritte Gebet kam zu einer Zeit, die ihm Sorgen bereitet hatte, denn die Sonne stand nicht mehr hoch am Himmel, und er befürchtete, daß seine Muskeln steif würden. Aber die Hitze hatte nicht nachgelassen und lastete auf ihm wie eine schwere Decke, während er betete, und er schwitzte stark, als er sich erhob und wieder zu laufen begann.
    Obwohl er diesmal sein Tempo beibehielt, überholte er al-Harãt. Als sie nebeneinander liefen, versuchte al-Harãt schneller zu werden, doch bald ging sein Atem laut und rasselnd, und er taumelte. Die Hitze hatte ihr Opfer gefordert: Als Arzt wußte Karim, daß der Mann sterben konnte, wenn es jene Überhitzung war, die ein rotes Gesicht und trockene Haut hervorruft. Aber al-Harãts Gesicht war bleich und naß.
    Dennoch blieb Karim stehen, als der andere taumelnd anhielt. Al-Harãt funkelte ihn zwar verächtlich an, aber er wollte, daß ein Perser siegte. »Lauf, du Schweinehund!« Karim verließ ihn erleichtert.
    Er blickte vom höchsten Punkt des ersten Gefälles auf die gerade Straße hinunter und sah eine kleine Gestalt, die in der Ferne die lange Steigung hinauflief.
    Während Karim beim Laufen zusah, stürzte der Afghane, stand wieder auf und begann wieder zu laufen.
    Schließlich bog er in die Straße der Vorkämpfer ein und geriet außer Sicht. Es fiel Karim schwer, sich zu beherrschen, aber er behielt sein Tempo bei und sah den anderen Läufer erst wieder, als er die Ali-und-Fatima-Allee hinter sich hatte. Sie waren einander schon viel näher. Der Afghane stürzte wieder und stand auf, lief dann taumelnd weiter. Er war zwar an die dünne Luft gewöhnt, aber die Berge von Ghazna waren kühl, und die Hitze von Isfahan begünstigte Karim, der ihm immer näher kam. Als sie am maristan ' vorbeiliefen, sah er weder die Leute noch hörte er sie, weil er sich ganz auf den anderen Läufer konzentrierte. Karim holte den Afghanen nach dem vierten, endgültigen Straucheln ein. Sie hatten dem Gestürzten Wasser gebracht und legten ihm feuchte Tücher auf, während er wie ein an Land gezogener Fisch keuchte; er war ein untersetzter Mann mit breiten Schultern und dunkler Haut. Seine leicht schräg stehenden, braunen Augen sahen ruhig zu, wie Karim an ihm vorbeilief.
    Der Sieg brachte mehr Qual als Triumph, denn nun mußte er einen Entschluß fassen. Er hatte das Wettrennen gewonnen; besaß er noch genügend Kraft, um den calãt des Schahs zu gewinnen? Das >königliche Gewand<, fünfhundert Goldstücke und die ehrenamtliche, aber gut bezahlte Ernennung zum Hauptmann des chatirs würde jenem Läufer zufallen, der die gesamte Strecke in weniger als zwölf Stunden zurücklegte.
    Die Sonne berührte beinahe den Horizont. War noch Zeit? Hatte er noch Kraft in seinem Körper? War es Allahs Wunsch? Die Zeit würde sehr knapp werden, und

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