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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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wiedersehen«, eröffnete Rob Mary sanft, als er nach Hause zurückkam, und sie wandte das Gesicht ab und weinte wie ein Kind.
    Sobald er sich ausgeruht hatte, eilte er in den maristan . Ohne Ibn Sina oder al-Juzjani befand sich das Krankenhaus schnell in Auflösung, und es gab viel zu erledigen. So verbrachte er einen langen Tag damit, Patienten zu untersuchen und zu behandeln, über Wunden zu dozieren und - eine unangenehme Aufgabe - mit Hadschi Davout Hosein über die allgemeine Verwaltung der Schule zu beraten. In dieser Nacht waren Marys Augen rot und geschwollen, und sie und Rob klammerten sich mit einer Zärtlichkeit aneinander, die sie schon beinahe vergessen hatten.
    Als er am Morgen das kleine Haus in der Jehuddijeh verließ, spürte er in der Luft die Veränderung wie die Feuchtigkeit eines englischen Gewitters.
    Auf dem jüdischen Markt waren die meisten Läden ungewöhnlich leer, und Hinda packte fieberhaft ihre Waren zusammen. »Was ist los?«
    »Die Afghanen!«
    Er ritt zur Mauer. Als er die Treppe hinaufstieg, war die Mauerkrone von merkwürdig schweigenden Menschen besetzt, und er erkannte sofort die Ursache ihrer Angst: Die Streitmacht aus Ghazna stand in voller Kriegsstärke vor den Toren. Masũds Fußsoldaten füllten die Hälfte der kleinen Ebene im Westen der Stadt. Die Pferde- und Kamelreiter hatten ihr Lager auf den Vorbergen aufgeschlagen, und auf den höheren Hängen waren in der Nähe der einfachen Zelte und der Prunkzelte der Adeligen und Befehlshaber, deren Standarten im trockenen Wind flatterten, die Kriegselefanten angepflockt. In der Mitte des Lagers schwebte über allem das schlangenförmige Banner der Ghaznaniden-Familie, ein schwarzer Leopardenkopf in einem orangefarbenen Feld.
    Rob schätzte, daß das Ghazna-Heer viermal so groß war wie jenes, das Masũd auf seinem Weg nach Westen durch Isfahan geführt hatte.
    »Warum sind sie nicht in die Stadt eingedrungen?« fragte er einen Untergebenen des kelonter .
    »Sie haben Alã bis hierher verfolgt. Er befindet sich innerhalb der Stadtmauern.«
    »Und warum sollten sie deshalb draußen bleiben?«
    »Masũd verlangt, daß Alã von seinem eigenen Volk verraten wird.
    Wenn wir den Schah ausliefern, wird er unser Leben schonen. Wenn wir nicht dazu bereit sind, droht er aus unseren Gebeinen auf dem zentralen maidan einen Haufen zu errichten.«
    »Wird Alã ausgeliefert?«
    Der Mann funkelte ihn an und spuckte aus. »Wir sind Perser. Und er ist unser Schah.«
    Rob nickte. Aber er glaubte nicht daran.
    Er verließ die Mauer und ritt zu seinem Haus in der Jehuddijeh zurück. Sein englisches Schwert war in ölige Lappen gewickelt und aufbewahrt worden. Er schnallte es um und bat Mary, das Schwert ihres Vaters herauszuholen und die Tür hinter ihm zu verbarrikadieren. Dann bestieg er wieder sein Pferd und ritt zum Haus des Paradieses.

    Als er das äußere Tor erreichte, trat die Palastwache heraus, um ihn aufzuhalten.
    »Ich bin Jesse, hakim im maristan , und zum Schah bestellt.«
    Der Wachtposten nickte, trat zur Seite und ließ den Reiter durch. Rob ritt durch die für den König künstlich angelegten Wälder, an dem grünen Feld für das Ball-und-Stock-Spiel, an den beiden Rennplätzen und den Pavillons vorbei. Dann schlug er die Prachtauffahrt zum Hause des Paradieses ein. Die Hufe seines Pferdes klapperten über die Zugbrücke, und er band das Pferd vor dem Eingang an. Im Hause des Paradieses hallten seine Schritte in den leeren Korridoren. Endlich kam er zum Audienzzimmer, in dem ihn der Schah immer empfangen hatte und in dem Alã jetzt allein mit gekreuzten Beinen in einer Ecke auf dem Boden saß. Vor ihm stand ein halbvoller Weinkrug, daneben ein Brett mit den Figuren des Spiels des Schahs. Er sah so verwildert und ungepflegt aus wie die Gärten draußen. Sein Bart war nicht gestutzt worden. Unter seinen Augen befanden sich violette Ringe, und er hatte abgenommen, so daß seine Adlernase noch schmaler wirkte. Er starrte zu Rob hinauf, der mit der Hand auf dem Schwertgriff vor ihm stand.
    »Nun, Dhimmi ? Bist du gekommen, um dich zu rächen?« Rob wurde erst nach einer kurzen Pause klar, daß Alã, der schon die Figuren auf dem Spielbrett ordnete, das Spiel des Schahs meinte. Rob hob die Schultern, ließ den Griff los und legte das Schwert so zurecht, daß er sich dem König gegenüber bequem auf den Boden setzen konnte.
    »Frische Armeen«, sagte Alã ohne Humor und eröffnete mit einem Elfenbeinbauern.
    Rob erwiderte mit einem

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