Medicus 01 - Der Medicus
schwarzen Ebenholzbauern. »Wo ist Farhad? Ist er in der Schlacht gefallen?« Er hatte nicht erwartet, den Schah allein anzutreffen. Er war darauf gefaßt gewesen, den Stadthauptmann zuerst töten zu müssen.
»Farhad ist nicht gefallen. Er ist geflohen.« Alã schlug einen Bauern mit seinem weißen Reiter, und sofort benutzte Rob einen seiner schwarzen Reiter, um einen weißen Bauern zu schlagen. »Khuff hätte Euch nicht im Stich gelassen.«
»Nein, Khuff wäre nicht davongelaufen«, pflichtete ihm Alã geistesabwesend bei. Er studierte die Lage auf dem Brett. Schließlich ergriff er den rukh -Kämpfer am Ende der Linie, der die elfenbeinernen Mörderhände an die Lippen hielt, um das Blut seiner Feinde zu trinken, und zog mit ihm.
Rob stellte ihm eine Falle und erwischte Alã, indem er einen schwarzen Reiter gegen den weißen rukh tauschte.
Alã starrte auf das Brett. Danach überlegte der Schah seine Züge besser, und er brauchte Zeit zum Nachdenken.
Seine Augen glänzten, als er den zweiten schwarzen Reiter schlug, wurden aber wieder matt, als er einen Elefanten verlor. »Was ist aus Eurem großen Elefanten geworden?«
»Ah, das war ein guter Elefant. Ich habe auch ihn am Tor von al-Karaj verloren.«
»Und aus dem mahout Harsha?«
»Gefallen, bevor der Elefant starb. Eine Lanze traf ihn in die Brust.« Er trank den Wein, ohne Rob welchen anzubieten, direkt aus dem Krug und verschüttete einen Teil davon auf sein bereits verschmutztes Gewand. Er wischte sich Mund und Bart mit dem Handrücken ab. »Genug geredet«, knurrte er und wendete sich dem Spiel zu, denn die Ebenholzfiguren waren leicht im Vorteil.
Alã griff nun wütend an und versuchte alle Kniffe, die ihm einmal so gut gelungen waren, aber Rob hatte in den letzten Jahren gegen stärkere Gegner gekämpft. Mirdin hatte ihm gezeigt, wann er kühn und wann er vorsichtig sein mußte, und von Ibn Sina hatte er gelernt, vorauszuschauen und weit vorauszudenken. Es sah jetzt ganz so aus, als führe er Alã genau auf den Weg der Niederlage, und die Vernichtung der Elfenbeinfiguren wurde zur Gewißheit. Die Zeit verging, und Alãs Gesicht glänzte vor Schweiß, obwohl der Raum dank der Mauern und Fußböden aus Stein kühl war.
Rob hatte den Eindruck, als würden Mirdin und Ibn Sina für ihn mitspielen.
Dann standen von den Elfenbeinfiguren nur noch der König, der General und ein Kamel auf dem Brett, und bald schlug Rob, während sich sein Blick in die Augen des Schahs bohrte, mit seinem General das Kamel.
Alã stellte seinen General vor die Königsfigur und blockierte die Angriffslinie. Aber Rob hatte noch fünf Figuren zur Verfügung: den König, den General, einen rukh , ein Kamel und einen Bauern. Er zog den nicht bedrohten Bauern zur gegenüberliegenden Seite des Feldes, wo ihm die Regeln gestatteten, ihn gegen den zweiten rukh einzutauschen.
In drei Zügen hatte er den neu gewonnenen rukh geopfert, um den Elfenbeingeneral zu schlagen. Und in zwei weiteren Zügen bedrohte sein Ebenholzgeneral den Elfenbeinkönig. »Ziehe, o Schah«, flüsterte er.
Er wiederholte die Worte dreimal, während er seine Figuren so aufstellte, daß es für Alãs König keinen Ausweg mehr gab. »Shahtreng«, verkündete er schließlich.
»Ja, der Todeskampf des Königs.« Alã fegte die restlichen Figuren vom Brett.
Nun sahen sie einander prüfend an, und Robs Hand lag wieder auf dem Griff seines Schwertes.
»Masũd hat erklärt, wenn die Einwohner von Isfahan Euch nicht ausliefern, werden die Afghanen alle ermorden und die Stadt plündern.«
»Die Afghanen werden morden und diese Stadt plündern, ob man mich ausliefert oder nicht. Es gibt nur eine Chance für Isfahan.« Der Schah erhob sich mühsam, und Rob stand auch auf, damit ein Untertan nicht saß, während der Herrscher stand. »Ich werde Masũd zum Zweikampf herausfordern: König gegen König.« In Rob brannte der Wunsch, den Schah zu töten, nicht zu bewundern oder zu lieben, und er runzelte die Stirn.
Alã spannte den schweren Bogen, den nur wenige Männer so handhaben konnten, und zeigte auf das Schwert aus gemustertem blauen Stahl, das an der gegenüberliegenden Wand hing. »Hol meine Waffe, Dhimmi !«
Rob brachte sie und sah zu, wie er sie umschnallte. »Ihr wollt jetzt gegen Masũd kämpfen?«
»Der Augenblick scheint mir günstig.«
»Wollt Ihr, daß ich Euch begleite?«
»Nein!«
Der Schah von Persien reagierte empört und verächtlich darauf, daß ihn ein Jude begleiten wollte. Statt in Zorn
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