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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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das zweite Tier machte keine Schwierigkeiten, als hätte es durch Beobachtung gelernt. Er ritt das größere und führte das zweite Tier an einem Strick. Er mußte einen weiten Bogen um den östlichen Teil der Stadt schlagen, um die Jehuddijeh zu erreichen. Menschen und Tiere stauten sich schon eine Viertelmeile weit, weil sie versuchten, durch das Osttor aus Isfahan zu fliehen, um dem Feind zu entgehen, der hinter der westlichen Stadtmauer lagerte.
    Als er das Haus erreichte, öffnete Mary die Tür auf seinen Ruf, ihr Gesicht war aschgrau, und sie hielt das Schwert ihres Vaters noch immer in der Hand. »Wir reisen nach Hause.«
    Sie war entsetzt, doch ihre Lippen sprachen ein stummes Dankgebet. Er nahm den Turban ab, zog die persische Kleidung aus, legte seinen schwarzen Kaftan an und setzte den ledernen Judenhut auf. Sie nahmen seine Abschrift von Ibn Sinas >Der Kanon der Medizin<, rollten die anatomischen Zeichnungen zusammen und steckten sein Patientenbuch, seine Tasche mit den medizinischen Instrumenten, Mirdins Schachspiel, Lebensmittel und ein paar Arzneien, das Schwert James Cullens und eine kleine Schachtel, die ihre Barschaft enthielt, ein. Das alles wurde auf das kleinere Kamel gepackt. Auf die Seite des größeren Kamels hängte er einen Schilfkorb und auf die andere einen locker gewebten Sack. Er hatte in einer Phiole eine kleine Menge bumg bei sich, gerade genug, um damit die Spitze seines kleinen Fingers anzufeuchten. Er ließ Rob James an der Fingerspitze saugen und dann Tarn ebenfalls. Als sie schliefen, legte er den älteren Jungen in den Korb und den Säugling in den Sack, und ihre Mutter bestieg das Kamel, um zwischen ihnen zu reiten. Es war noch nicht vollkommen dunkel, als sie das kleine Haus in der Jehuddijeh für immer verließen. Aber sie hatten keine Zeit zu verlieren, weil die Afghanen jeden Augenblick über die Stadt herfallen konnten.
    Als er die beiden Kamele durch das von den Posten verlassene Westtor führte, war die Dunkelheit hereingebrochen. Der Jagdsteig, dem sie durch die Hügel folgten, führte so nahe an den Ghazna-Lagerfeuern vorbei, daß sie das Singen und Johlen hörten, mit dem sich die Afghanen vor der Plünderung in die richtige Stimmung steigerten. Sie wurden nicht verfolgt. Bald ließen sie die Lagerfeuer hinter sich. Als Rob jedoch zurückblickte, war tief am Himmel eine rosa Wolke aufgetaucht, und er wußte, daß Isfahan jetzt in Flammen stand. Am nächsten Morgen, nach einer durchrittenen Nacht, weinten beide Kinder, und seine Frau saß mit grauem Gesicht und geschlossenen Augen auf dem Kamel. Rob konnte jedoch nicht haltmachen. Er zwang seine müden Beine, weiterzustapfen, und führte die Kamele nach Westen zu dem ersten jüdischen Dorf.

Siebenter Teil
Die Heimkehrer
London II
    Sie überquerten den großen Kanal am 24. März im Jahr des Herrn 1043 und landeten am späten Nachmittag in Queen's Hythe. Es war kaum Platz vorhanden, um an Land zu gehen; Rob zählte allein mehr als zwanzig fürchterliche schwarze Kriegsschiffe, die in der Dünung vor Anker lagen, und dazu gab es zahllose Handelsschiffe. Sie waren alle vier von der Reise erschöpft. So begaben sie sich zu einem der Gasthöfe von Southwark, an die sich Rob erinnerte, aber die Unterkunft erwies sich als erbärmlich, und es wimmelte auch noch von Ungeziefer. Am nächsten Morgen machte er sich beim ersten Tageslicht auf die Suche nach einem besseren Logis. London war gewachsen; wo es einst Wiesen und Obstgärten gegeben hatte, sah er unbekannte Gebäude und Straßen, die so verrückt verwinkelt waren wie die in der Jehuddijeh. In einer Taverne erkundigte er sich nach leerstehenden Häusern, und man nannte ihm eines in der Nähe des Walbrook. Es lag neben der kleinen Kirche St. Asaph, und er vermutete, daß es Mary gefallen würde. Im Erdgeschoß wohnte der Besitzer, Peter Lound. Das erste Stockwerk war zu vermieten, es bestand aus einem kleinen Raum und einem großen Wohnzimmer, das mit der belebten Straße darunter, der Thames Street, durch eine steile Treppe verbunden war.
    Er fand keine Spuren von Wanzen, und der Preis war annehmbar. Die Lage war gut, denn auf den Straßen nördlich davon wohnten reiche Kaufleute und hatten dort auch ihre Geschäfte. Rob kehrte sofort nach Southwark zurück, um seine Familie zu holen. Sobald sie sich eingerichtet hatten, eilte er zu einem Schildermacher und bestellte bei dem Mann ein Eichenschild. Als es fertig war, geschnitzt, die Buchstaben schwarz eingefärbt, befestigte

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