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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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auf und schüttete Wasser in die Schüssel. Während das Mädchen ihn anstarrte, als hätten ihn plötzlich alle guten Geister verlassen, seifte er seine Hände ein und schrubbte sie. Dann noch einmal. Und noch ein drittes Mal. Schließlich trocknete er sie ab, kehrte ins Bett zurück und nahm das Liebesspiel wieder auf. Aber Margaret Holland konnte sich nicht mehr beherrschen und begann zu kichern. »Du bist der komischste junge Gentleman, den ich je kennengelernt habe«, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Der von Gott verfluchte Distrikt
    Wenn Rob J. spätabends in sein Zimmer heimkam, war er so müde, dass er nur selten noch dazu fähig war, auf seiner Gambe zu spielen. Seine Bogenführung war ungelenk, doch die Musik war ein Balsam, der ihm allerdings stets schnell verwehrt wurde, weil Lern Raskin schon nach wenigen Minuten wütend gegen die Wand hämmerte. Da er es sich nicht leisten konnte, sich mit spendiertem Schnaps sowohl für sein Beisammensein mit Meg als auch für die Musik einen Freipass zu verschaffen, litt die Musik.
    In einer Fachzeitschrift in der Fakultätsbibliothek hatte er zwar gelesen, dass Frauen zur Schwangerschaftsverhütung Spülungen mit einen Aufguss aus Alaun und Weißeichenrinde vornehmen sollten, doch er war überzeugt, sich nicht darauf verlassen zu können, dass Meg dergleichen regelmäßig tun würde. Harry Loomis nahm die Sache sehr ernst, als Rob J. ihn um Rat fragte, und schickte ihn zu einem hübschen grauen Haus an der Südseite von Cornhill. Mrs. Cynthia Worth war eine solide, weißhaarige Dame. Sie lächelte und nickte, als sie Harrys Namen hörte. »Medizinern mache ich einen günstigeren Preis.« Ihre Ware bestand aus dem Blinddarm eines Schafes, einer natürlichen Darmausbuchtung, die nur an einem Ende offen und deshalb für eine Bearbeitung durch Mrs. Worth hervorragend geeignet war. Sie hob, stolz wie eine Fischfrau am Markt, ihre Erzeugnisse in die Höhe, als handle es sich um Meeresgetier mit fangfrischen Karfunkelaugen. Rob J. atmete tief ein, als er den Preis hörte, doch sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Da steckt viel Arbeit und Mühe darin«, sagte sie. Man müsse die Darmenden stundenlang in Wasser einweichen, dann umstülpen und in einer schwachen Alkalilösung, die alle zwölf Stunden gewechselt werde, quellen lassen, anschließend alle Schleimhäute sorgfältig abschaben und die Bauchfell- und Muskelfaserschichten über brennendem Schwefel abflämmen, in Seifenlauge waschen, aufblasen und trocknen; und schließlich müsse man sie am offenen Ende auf eine Länge von acht Zoll zurechtschneiden und mit einem roten oder blauen Zugbändchen versehen, damit die Herren sie, um der größeren Sicherheit willen, festbinden können. Die meisten Gentlemen kauften Dreierpackungen, sagte sie, weil sie so am preisgünstigsten seien.
    Rob J. kaufte nur ein Schafdarmkondom. Er hatte keinen besonderen Farbwunsch und erhielt eines mit blauem Bändchen. »Wenn Sie sorgfältig damit umgehen, reicht auch eines.« Sie erklärte ihm, dass es wiederverwendet werden könne, wenn es nach jedem Gebrauch ausgewaschen, aufgeblasen und gepudert werde. Als Rob J. sie mit seiner Neuerwerbung verließ, wünschte sie ihm fröhlich einen guten Tag und bat ihn, sie an seine Kollegen und Patienten weiterzuempfehlen.
    Meggy hasste das Ding. Dagegen freute sie sich sehr über ein Geschenk, das Rob J. von Harry Loomis erhielt mit der Aufforderung, er solle sich ein paar schöne Stunden damit machen. Es war eine Flasche mit einer farblosen Flüssigkeit, Stickoxydul oder Lachgas, wie es die Medizinstudenten und jungen Ärzte nannten, die sich häufig damit vergnügten. Rob träufelte etwas davon auf ein Tuch, um es mit Meggy einzuatmen, bevor sie miteinander ins Bett gingen. Der Versuch wurde ein uneingeschränkter Erfolg: Nie hatten ihre Körper drolliger gewirkt und der Geschlechtsakt selbst komischer und absurder. Außer dem Vergnügen des Bettes war nichts zwischen ihnen. Wenn sie den Akt langsam vollzogen, entstand ein wenig Zärtlichkeit, doch wenn sie sich stürmisch liebten, war es mehr Verzweiflung als Leidenschaft. Unterhielten sie sich, erzählte sie ihm entweder Klatsch aus der Pension, was ihn langweilte, oder sie schwelgte in Erinnerungen an die alte Heimat, was er gern vermieden hätte, weil es ihn schmerzte. Die chemisch geförderte Fröhlichkeit, die sie einmal mit Hilfe des Stickoxyduls erreicht hatten, suchten sie nie wieder, denn ihre Heiterkeit im Bett war ziemlich laut

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