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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Farm-Lazarett etwas abseits der Emmitsburg Road.
    »Ich bin Arzt«, erklärte Rob J., »ich kann es machen.« Er holte die nötigen Dinge von seiner Ausrüstung beim 119. Regiment und traf sich mit Mr. Walker vor dem Farmhaus. Rob J. brachte ihm so schonend wie möglich bei, dass er einen Army-Sarg mit Zinkfutter beschaffen müsse, da aus dem Körper seines Sohnes Flüssigkeit austreten werde. Während der Vater unterwegs war, um diesen traurigen Auftrag auszuführen, kümmerte sich Rob J. in einem Raum, in dem noch sechs andere Tote lagen, um die Leiche des Sohnes. Peter Walker war ein bildschöner junger Mann von etwa zwanzig Jahren, mit den feinen Gesichtszügen seines Vaters und dem gleichen vollen, dunklen Haar. Er war bis auf die Tatsache, dass ein Geschoss ihm das linke Bein in Höhe des Oberschenkels abgerissen hatte, unverletzt. Er war verblutet, und sein Körper schimmerte weiß wie eine Marmorstatue.
    Rob J. rührte dreißig Gramm Chlorzinksalz in eine Mischung aus je einem Liter Alkohol und Wasser. Dann band er die Arterie in dem Beinstumpf ab, damit die Flüssigkeit nicht herauslaufen konnte schnitt einen Schlitz in die Oberschenkelarterie des unverletzten Beines und injizierte die Einbalsamierungsflüssigkeit mit einer Spritze. Mr. Walker hatte keine Schwierigkeiten, von der Army einen Sarg zu bekommen. Er wollte für das Einbalsamieren bezahlen, doch Rob J. schüttelte den Kopf: »Ein Vater hat einem anderen geholfen.« Es regnete weiter. Nachdem einige kleine Flüsse über die Ufer getreten und mehrere Schwerverletzte ertrunken waren, ließ der Regen etwas nach. Rob J. kehrte auf das Schlachtfeld zurück und suchte bis zum Einbruch der Dämmerung nach Verwundeten. Dann hörte er auf, denn jüngere und kräftigere Männer waren mit Laternen und Fackeln erschienen, um das Gelände abzusuchen, und er war todmüde. Die Sanitary Commission hatte mitten in Gettysburg in einem Lagerhaus eine Küche eingerichtet, und Rob J. ging dorthin und aß eine Suppe, die das erste Rindfleisch enthielt, das er seit Wochen gegessen hatte. Er aß drei Schüsseln voll Suppe und sechs Scheiben Weißbrot dazu.
    Danach machte er sich auf den Weg zur presbyterianischen Kirche, ging durch die Reihen der Behelfsbetten und versuchte zu helfen, wo es nur ging, auch wenn er den Verwundeten oft nur einen Schluck Wasser geben oder den Schweiß vom Gesicht wischen konnte. War der Patient ein Konföderierter, stellte er ihm immer dieselbe Frage: »Kennen Sie einen dreiundzwanzigjährigen blonden Jungen aus Holden’s Crossing in Illinois, der Alexander Cole heißt?« Doch die Antwort war immer ein Nein.

Scharmützel
    Als der Regen sich wieder wie ein dichter Vorhang über das Land senkte, nahm General Robert E. Lee seine schwer angeschlagene Armee und zog sich langsam nach Maryland zurück. Meade hätte ihn nicht entkommen lassen müssen: Die Potomac-Army war zwar ebenfalls stark dezimiert - dreiundzwanzigtausend Mann Verlust einschließlich der etwa achttausend Toten oder Vermissten -, aber die Nordstaatler waren von ihrem Sieg animiert und viel kräftiger als Lees Männer, die auch noch durch einen Wagenzug mit Verwundeten behindert wurden, den sie in einer Länge von siebzehn Meilen hinter sich herschleppten. Doch so wie Hooker in Virginia versagt hatte, versagte jetzt Meade in Pennsylvania, und Lee wurde nicht verfolgt. »Unter welchen Steinen buddelt Mr. Lincoln nur seine Generäle aus?« fragte Symonds Rob J. verächtlich. Doch während die Colonels der Müßiggang verdross, waren die Soldaten glücklich, sich ausruhen und erholen zu können und Zeit zu haben, ihren Angehörigen in Briefen die erstaunliche Tatsache mitzuteilen, dass sie noch am Leben waren. Ordway fand Lewis Robinson in einem der Farmhaus-Lazarette. Sein rechter Fuß war zehn Zentimeter über dem Knöchel amputiert worden. Er war dünn geworden und sah blass aus, schien jedoch ansonsten in guter Verfassung zu sein. Rob J. untersuchte den Stumpf und erklärte Robinson, dass die Wunde gut verheile und der Mann, der ihn operiert habe, sein Handwerk verstehe. Robinson war sichtlich froh, den Kriegsdienst hinter sich zu haben. Die Erleichterung leuchtete geradezu aus seinen Augen. Rob J. hatte das Gefühl, dass Robinson für die Verwundung geradezu prädestiniert gewesen war, weil er sie so sehr gefürchtet hatte. Er brachte ihm sein Kornett, Bleistifte und Papier. Dieser Mann würde mit seiner Behinderung einigermaßen leben können: Schließlich brauchte man zum

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