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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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breiteten sie in der Nähe eine Decke aus und fielen sich in die Arme, noch bevor sie ganz ausgezogen waren. Es gefiel ihm, dass sie nicht die Unschuldige spielte und dass ihre Leidenschaft füreinander aufrichtig und wissend war. Sie liebten sich stürmisch und laut, und danach lagen sie da und horchten, ob sie Alex aufgeweckt hatten, doch der kleine Junge schlief weiter. Er zog sie nun vollends aus und wollte sie ansehen. Da es inzwischen in der Scheune dunkel geworden war, krochen sie gemeinsam zu der kleinen Luke, durch die das Heu auf die Tenne gehievt wurde. Als er die Klappe öffnete, warf der zunehmende Mond ein Lichtrechteck in die Scheune, in dem sie sich gegenseitig betrachteten. Das Mondlicht zeigte ihm vergoldete Schultern und Arme, glänzende Brüste, einen Schamhügel wie das silbrige Nest eines kleinen Vogels, und einen gespenstisch weißen Hintern. Er hätte sie gern im Licht geliebt, doch die Luft war herbstlich frisch, und Sarah fürchtete, vom Farmer gesehen zu werden. Sie schlossen deshalb die Luke. Diesmal waren sie langsam und sehr zärtlich, und als er es in sich aufwallen spürte, rief er überschwänglich jubelnd: »Das wird unser bairn. Ja!« Das heisere Stöhnen seiner Mutter weckte den schlafenden Jungen, und er fing an zu weinen.
    Danach lagen sie da, mit Alex in ihrer Mitte. Rob J. streichelte sie und wischte ihr Halme von der Haut, und seine Fingerspitzen prägten sich ihre Konturen ein.
    »Du darfst nicht sterben«, flüsterte sie.
    »Keiner von uns muss das, noch sehr lange nicht.«
    »Ein bairn, ist das ein Kind?«
    »Ja.«
    »Und du glaubst, wir haben schon eins gemacht?«
    »Vielleicht?«
    Er hörte sie schlucken. »Dann sollten wir es noch mal versuchen, um sicherzugehen.«
    Als ihr Gatte und ihr Arzt schien ihm das ein vernünftiger Vorschlag zu sein. Auf Händen und Knien kroch er durch das duftende Heu, und das reife Schimmern der bleichen Flanken seiner Frau lockte ihn weg von dem schlafenden Sohn.

Dritter Teil
Holden’s Crossing
14. November 1841

Fluch und Segen
    Ab Mitte November wurde es sehr kalt. Früh setzten heftige Schneefälle ein, und Vicky musste sich durch hohe Verwehungen kämpfen. Wenn Rob J. bei schlimmem Wetter draußen war, rief er die Stute manchmal Margaret, und sie stellte beim Klang ihres alten Namens die kurzen Ohren auf. Ross und Reiter wussten, wohin sie wollten: Auf das Pferd warteten warmes Wasser und ein voller Sack Hafer, der Mann freute sich auf seine Hütte mit all der Wärme und dem Licht, die mehr von der Frau und dem Kind kamen als von der Feuerstelle und den Öllampen. Wenn Sarah nicht schon in der Hochzeitsnacht empfangen hatte, dann kurz danach. Doch die heftige morgendliche Übelkeit konnte ihre Leidenschaft nicht dämpfen.
    Ungeduldig warteten sie, bis Alex eingeschlafen war, und dann fielen sie übereinander her, mit einer Begierde, die nie nachließ. Je weiter Sarahs Schwangerschaft fortschritt, desto zärtlicher und behutsamer wurde er. Einmal im Monat nahm er Bleistift und Notizbuch, um sie nackt neben dem wärmenden Feuer zu zeichnen, Entwicklungsstadien einer Schwangeren, die nichts von ihrem wissenschaftlichen Wert verloren, nur weil Gefühle in die Zeichnungen mit einflossen. Er fertigte auch architektonische Entwürfe an, denn sie hatten sich auf ein Haus mit drei Schlafzimmern, einer großen Küche und einem Wohnzimmer geeinigt. Er zeichnete maßstabsgetreue Pläne, damit Alden zwei Zimmerleute anstellen und im Frühjähr nach der Aussaat mit dem Hausbau beginnen konnte.
    Sarah sah es nicht gern, dass Makwa-ikwa an einem Aspekt des Lebens ihres Mannes teilhatte, der ihr selbst verschlossen war. Als wärmere Tage die Prärie zuerst in einen riesigen Sumpf und dann in einen zarten grünen Teppich verwandelten, kündigte sie an, wenn das Frühlingsfieber ausbreche, werde sie mit ihm gehen und die Kranken pflegen. Doch Ende April war ihr Körper bereits so unförmig, dass sie gequält von Eifersucht und von der Schwangerschaft wütend zu Hause saß, während die Indianerfrau mit dem Doktor ausritt und erst viele Stunden oder manchmal auch Tage später zurückkehrte. Erschöpft, wie Rob J. nach solchen Strapazen war, aß er nur schnell, badete wenn möglich, stahl sich ein paar Stunden Schlaf und ritt dann mit Makwa-ikwa wieder hinaus.
    Bis zum Juni, Sarahs letztem Monat der Schwangerschaft, war die Fieberepidemie so weit abgeklungen, dass Rob J. Makwa-ikwa zu Hause lassen konnte. Eines Morgens, als er gerade bei heftigem Regen zu

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