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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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mehr ab. Sie wirkte solide und dauerhaft. R.J. warf den Kopf zurück, schaute ins grüne Blätterdach der Bäume und trampelte vor Freude.
    »Ich taufe dich Gwendolyn T. , was heißen soll: Traumhafte Gabler Brücke !«
    Gwen unten im Bach versuchte, kurz zu schreien, brachte aber nur ein ersticktes Kichern zustande.
    »Ich kann alles schaffen, alles«, triumphierte R.J. vor den Waldgeistern, »mit ein wenig Hilfe von meinen Freunden.«

Wovor Agunah sich fürchtete
    Der Mai war mild und wohltuend. Die erwärmte Erde konnte nun bearbeitet, Gräber konnten wieder ausgehoben wer den. Am fünften Tag des Monats, zwei Tage vor der alljährlicher Gemeindeversammlung, wurde Eva Goodhues Sarg aus der Aufbewahrungsgruft geholt und auf dem Friedhof von Woodfield beerdigt. John Richardson sprach am Grab einfache, aber bewegende Worte. Nur eine Handvoll Leute waren gekommen. Meist ältere Menschen, die sich noch daran erinnerten, daß Eva aus einer Familie stammte, die seit langem mit der Geschichte des Ortes verbunden war.
    Nach ihrer Rückkehr vom Begräbnis bestellte R.J. eins ihrer beiden Hochbeete. Sie säte in dichten Reihen, um dem Unkraul wenig Platz zu lassen. In die Furchen kamen die Samen für zwei Sorten Karotten, drei verschiedene Blattsalate, Radieschen und Rettiche, Schalotten, Rote Bete, Basilikum, Petersilie, Dill und Speckbohnen. Sie empfand es irgendwie tröstlich, daß Eva jetzt in der Erde ruhte, die solche Wohltaten hervorbringen konnte.
    Es war schon später Nachmittag, als sie mit der Arbeit fertig war und das Gartenwerkzeug aufräumte. Sie wusch eben in der Küche das Geschirr ab, da klingelte das Telefon.
    »Hallo.Hier Dr. Cole.«
    »Dr. Cole, mein Name ist Barbara Eustis. Ich bin die Leiterin der Family Planning Clinic in Springfield.«
    »Aha.«
    Ausführlich und ruhig schilderte Barbara Eustis ihre verzweifelte Lage: Ihre Ärzte hatten sich einschüchtern lassen angesichts der Gewalttätigkeit der militanten Abtreibungsgegner, der Drohungen und des Mords an Dr. Gunn in Florida. »Sicher, aber der Mörder wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Das sollte doch eine Abschreckung sein.«
    »Ach, das hoffe ich sehr. Aber es bleibt dabei: Viele Ärzte sind nicht mehr bereit, sich und ihre Familien einem solchen Risiko auszusetzen. Ich kann es ihnen nicht verdenken, aber ich fürchte, wenn ich nicht ein paar Ärzte finde, die bei mir aushelfen, müssen wir die Klinik schließen. Und das wäre tragisch, denn die Frauen brauchen uns wirklich. Ich habe mich mit Gwen Gabler unterhalten, und sie hat vorgeschlagen, ich sollte doch einmal Sie anrufen.«
    Das gibt's doch nicht! Verdammt, Gwen, wie konntest du nur?
    Die Wut stieg in R.J. hoch.
    Barbara Eustis erzählte ihr, sie habe bereits ein paar mutige Leute, die bereit seien, in der Family Planning Clinic zu arbeiten.
    Gwen habe versprochen, nach ihrem Umzug hierher einen Tag pro Woche zur Verfügung zu stehen. Die Stimme am Telefon flehte R.J. an, der Klinik ebenfalls einen Tag zu opfern und dort Ersttrimester-Abtreibungen vorzunehmen.
    »Tut mir leid. Ich kann nicht. Die Beiträge für meine Kunstfehlerversicherung belaufen sich auf dreieinhalbtausend Dollar pro Jahr. Wenn ich für Sie arbeite, würden sie auf über zehntausend Dollar hochschnellen.«
    »Wir bezahlen Ihnen die Versicherung.«
    »Aber - mir fehlt dazu der Mut, wie allen anderen auch. Ich habe einfach Angst.«
    »Natürlich haben Sie Angst, und das mit Recht. Aber lassen Sie mich Ihnen sagen, daß wir viel Geld in die Sicherheitinvestieren.
    Wir haben bewaffnetes Wachpersonal. Wir haben freiwillige Leibwächter, die unsere Ärzte abholen, zur Klinik bringen und wieder zurückbegleiten.«
    Mit alldem wollte R.J. nichts mehr zu tun haben. Auch nicht mehr mit der allgemeinen Kontroverse, den mobilisierten Massen und dem Haß. Sie wollte an ihrem freien Tag im Wald arbeiten, spazierengehen, Gambe spielen.
    Eine Abtreibungsklinik wollte sie nie wieder von innen sehen.
    Was Sarah widerfahren war, würde sie ewig verfolgen, das wußte sie. Aber auch dem Wissen um das Schicksal der jungen Eva Goodhue und anderer Frauen konnte sie sich nicht entziehen. Sie seufzte.
    »Na, dann opfere ich Ihnen meine Donnerstage.«
    Zwischen der »Gwendolyn T.« und dem Hof ihres Hauses lag nur noch ein kurzes Stück Wald, aber das bestand größtenteils aus dichtem Gestrüpp und eng beieinanderstehenden Bäumen. Ein Donnerstag blieb ihr noch, bevor sie mit der Arbeit in der Klinik begann, und sie beschloß, an

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