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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Springfield oder Amherst oder Northampton fahren. In Greenfield gibt es zwei Hebammen, die in den Hügeln Hausbesuche machen. Aber die Orte wachsen, Gwen, und es gibt hier inzwischen genügend Frauen, um einen Gynäkologen mit Patientinnen einzudecken.« Es wäre vermessen gewesen, zu hoffen, daß Gwen eine Praxis in den Hügeln eröffnen würde, und R.J. war nicht überrascht, als ihre Freundin nur nickte und sich einem anderen Thema zuwandte.
    An diesem Abend waren sie bei Toby und Jan eingeladen. Während des Essens klingelte das Telefon, und jemand meldete dem Jagd- und Fischereiaufseher, daß in Colrain ein Schütze einen Weißkopfseeadler verletzt habe. Jan entschuldigte sich deshalb gleich nach dem Essen und fuhr los, um nach dem Rechten zu sehen. Das war auch gut so, denn auf sich allein gestellt, machten es sich die drei Frauen im Wohnzimmer gemütlich und plauderten.
    R.J. hatte schon erlebt, daß es ziemlich riskant sein konnte, die enge Freundin einer engen Freundin zu treffen. Eine solche Begegnung konnte so oder so ausgehen: Entweder es entstanden Eifersüchteleien oder Rivalitäten, die alles verdarben, oder die beiden noch kaum Bekannten sahen in der jeweils anderen sofort, was die gemeinsame Freundin in ihr sah. Zum Glück reagierten Toby und Gwen mit spontaner Sympathie aufeinander. Toby erfuhr alles von Gwens Familie, und sie erzählte sehr offen von ihrer Sehnsucht nach einem Kind und ihrer und Jans Enttäuschung nach all den vergeblichen Bemühungen. »Diese Frau ist die beste Gynäkologin, die ich kenne«, sagte R.J. zu Toby. »Es würde mich sehr beruhigen, wenn du dich morgen vormittag in der Praxis von ihr untersuchen lassen würdest.«
    Toby zögerte und nickte dann. »Wenn es Ihnen keine allzu großen Umstände macht«
    »Unsinn. Das macht mir überhaupt keine Umstände«, erwiderte Gwen.
    Am nächsten Morgen setzten sich die drei nach der Untersuchung im Sprechzimmer zusammen. »Haben Sie nicht genau zu bestimmende Schmerzen im Unterleib?« fragte Gwen.
    Toby nickte. »Manchmal.«
    »Eindeutige Probleme konnte ich keine finden«, sagte Gwen langsam zu Toby. »Aber ich glaube, Sie sollten eine Laparoskopie machen lassen, das ist ein Untersuchungsverfahren, mit dem sich genau feststellen läßt, was in Ihrem Körper abläuft«
    Toby verzog das Gesicht. »Das hat R.J. mir auch schon einzureden versucht.« Gwen nickte. »R.J. ist eben eine gute Ärztin.«
    »Machen Sie Laparoskopien?«
    »Bauchhöhlenspiegelungen mache ich fast jeden Tag.«
    »Und würden Sie auch bei mir eine machen?«
    »Wenn ich es nur dürfte, Toby. Ich habe zwar noch eine Zulassung in Massachusetts, aber ich gehöre zu keinem Krankenhaus. Wenn Sie einen Untersuchungstermin bekommen, bevor ich nach Idaho zurück muß, werde ich gerne als Beobachterin teilnehmen und dem durchführenden Arzt als Beraterin zur Seite stehen.«
    Und so geschah es dann auch. Daniel Noyes' Sekretärin bekam im Operationssaal einen Termin, drei Tage bevor Gwen wieder nach Hause mußte. Als R.J. mit Dr. Noyes redete, war der sofort bereit, sich von Gwen als Beobachterin über die Schulter schauen zu lassen.
    »Waram kommen Sie nicht auch?« sagte er zu R.J. »Sie können dann über die andere Schulter schauen.«
    In den folgenden fünf Tagen besuchte Gwen HMOs und Ärzte in einer ganzen Reihe von Orten, die im Einzugsgebiet von Amherst lagen. Am Abend des fünften Tages sah sie sich mit R.J. im Fernsehen eine Diskussion über das nationale Gesundheitswesen in den Vereinigten Staaten an. Es war ein frustrierendes Erlebnis. Jeder Diskussionsteilnehmer gab zu, daß das Gesundheitssystem ineffizient, exklusiv und zu teuer ist. Das einfachste und kostengünstigste Verfahren wäre das »Einheits-Zahler«-System, das in vielen führenden Industrienationen angewendet wird und bei dem die Regierung Steuern erhebt und die Gesundheitsfürsorge für alle Bürger bezahlt. Doch während der amerikanische Kapitalismus einerseits die besten Aspekte der Demokratie hervorbringt, ist er andererseits auch Urheber der schlimmsten, wie die bezahlten Lobbyisten zeigen, die enormen Druck auf den Kongreß ausüben, um die satten Profite der Gesundheitsindustrie zu schützen. Die riesige Armee der Lobbyisten repräsentiert private Versicherungsgesellschaften, Pflegeheime, Krankenhäuser, die Pharmaindustrie, Ärzteverbände, Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Befürworter der Abtreibung, die diese vom Staat sehen wollen, Abtreibungsgegner, die sie möglichst verhindern

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