Medicus 03 - Die Erben des Medicus
und wieder nach Hause zu bringen.
»Nein. Keine Freiwilligen.«
»Warum nicht?«
»Es wird nichts passieren, das spüre ich. Außerdem haben die Freiwilligen diesem Arzt in Florida auch nicht viel geholfen.«
»Na gut. Aber fahren Sie direkt auf den Parkplatz! Dort wird jemand auf Sie warten und Ihnen den Platz gleich neben der Tür freihalten. Und wir haben so viele Polizeiautos hier wie noch nie. Wir sind also sicher.«
»Gut«, sagte sie.
Am Donnerstag kehrte die Panik zurück. Sie war dankbar, als sie an der Ortsgrenze von Springfield ein Polizeiwagen empfing und ihr diskret, mit ein paar Wagenlängen Abstand, quer durch den Ort bis zur Klinik folgte. Demonstranten waren nirgends zu sehen. Wie versprochen, hielt eine der Sekretärinnen ihr den Parkplatz neben der Tür frei.
Der Tag erwies sich als ereignislos und einfach, und als die letzte Behandlung abgeschlossen war, schien sogar Barbara sichtlich erleichtert. Die Polizei - und sonst niemand - folgte R.J. bis zur Stadtgrenze, und dann war sie plötzlich nur wieder eine von vielen, die auf der Route 91 Richtung Norden führen. Zu Hause angekommen, freute sie sich über eine kleine Tüte auf ihrer Veranda, in der sie zarte neue Kartoffeln etwa von der Größe eines Golfballs fand, zusammen mit einer Nachricht von George Palmer, der ihr riet, sie als Pellkartoffeln mit Butter und ein wenig frischem Dill zu genießen. Die Kartoffeln schrien förmlich nach einer Forelle, und sie grub ein paar Würmer aus und machte sich mit ihrer Angelrute auf den Weg. Es war der Jahreszeit entsprechend warm. Als sie den Wald betrat, empfing sie die Kühle wie ein Willkommensgruß. Die Sonne, die durch das Blätterdach schien, sprenkelte Boden und Stämme.
Als der Mann plötzlich aus dem tiefen Schatten trat, mußte sie sofort an einen Angriff des Bären denken. Sie hatte noch Zeit zu erkennen, daß es ein großer und bärtiger Mann war, mit langen Haaren wie Christus, dann hob und senkte sich bereits ihr Arm, und die Angelrute peitschte über den Oberkörper des Marmes, auf den sie einschlug.Die Angelrute zerbrach, aber sie hieb weiter, denn sie wußte plötzlich, wer dieser Mann war. Starke Arme umfaßten sie, sein Kinn auf ihrem Kopf tat ihr weh. »Vorsicht! Der Haken hat sich gelöst, du wirst dir damit die Hand aufreißen.« Er sprach in ihre Haare. »Du hast den Pfad fertiggestellt«, sagte er.
Vierter Teil
Die Landärztin
Die Frühstücks-Geschichte
Minuten, nachdem David ihr auf dem Waldpfad einen solchen Schrecken eingejagt hatte, saßen sie in R.J.s Küche und betrachteten einander, beide noch ein bißchen unsicher. Es fiel ihnen sehr schwer, die ersten Worte zu finden. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie sich über die Leiche seiner Tochter hinweg angestarrt.
Keiner der beiden war der Mensch geblieben, den der andere in Erinnerung hatte. Als hätten wir uns verkleidet, dachte sie und merkte, daß sie den Pferdeschwanz vermißte und der Bart sie einschüchterte. »Willst du über Sarah reden?«
»Nein«, sagte er schnell. »Zumindest jetzt nicht. Ich will über uns reden.«
Sie faltete die Hände im Schoß, sehr fest, damit sie nicht zitterten, während Hoffnung und Verzweiflung in ihr einen Zweikampf führten. Seltsame Gefühle durchjagten sie, Freude, eine seltsame Heiterkeit, enorme Erleichterung - aber da war auch fataler Ärger.
»Warum bist du zurückgekommen?«
»Ich konnte einfach nicht aufhören, an dich zu denken.«
Er wirkte so gesund, so normal , als ob nichts geschehen wäre.
Er erschien ihr zu ruhig, zu sachlich. Sie wollte ihm etwas Zärlliches sagen, aber über ihre Lippen kam das Gegenteil.
»Na, das freut mich aber... Einfach so. Ein Jahr lang kein Wort, und dann: Hallo, gute alte R.J.! Ich bin wieder da. Woher soll ich denn wissen, daß du nicht schon bei der ersten Auseinandersetzung in dein Auto steigst und für ein weiteres Jahr verschwindest?
Oder für fünf Jahre, oder für acht?«
»Weil ich es dir sage. Bist du wenigstens bereit, darüber nachzudenken?«
»Aber natürlich werde ich darüber nachdenken.« Sie sagte es mit so viel Verbitterung, daß er sich abwandte.
»Kann ich die Nacht hierbleiben?«
Sie hatte die Ablehnung schon auf der Zunge, merkte aber dann, daß dies zu weit gehen würde. »Warum nicht«, sagte sie und lachte.
»Du müßtest mich zu meinem Auto fahren. Ich habe es an der Dorfstraße abgestellt und bin über den Grund der Krantz marschiert, um am Fluß auf den Waldpfad zu stoßen.«
»Hol den
Weitere Kostenlose Bücher